Auf zu neuen Ufern! Das hat für Reiter, die auf dem Rücken ihrer Pferde gerne durch Wald und Feld streifen, eine ganz eigene Bedeutung. Ob ausgedehnte Ausritte, Tagestouren oder gar mehrtägige Wanderritte, hier geht es nicht darum, sich möglichst bequem über Stock und Stein schaukeln zu lassen, sondern um ein gemeinsames Erleben. Wie bei jeder anderen reitsportlichen Disziplin auch gehören allerdings einige wichtige Zutaten zum Rezept, damit am Ende ein gelungenes Erlebnis steht, das auf beiden Seiten des Sattels als Bereicherung empfunden wird.
Draußen unterwegs
Oft wird unterschätzt, welch hohe Ansprüche fachkundiges Wanderreiten an Reiter und Pferd stellt. Sattel drauf und dann Heidewitzka im Galopp durch die Wallachei, das hat mit pferdegerechtem Reiten nichts zu tun. Ohne ein langfristig angelegtes, fachkundiges Training, eine passende Ausrüstung, ohne abgestimmte Fütterung, Erfahrung im Umgang mit Karte und Kompass, ohne planvolles Vorgehen und sorgfältige Betreuung des Pferdes wird aus dem Traumritt schnell ein Alptraum. Darunter hat in erster Linie das Pferd zu leiden, das übermüdet, mit schmerzendem Rücken, wehen Füßen und hungrigem Magen seinen Dienst tun muss, doch auch der Reiter gefährdet sich.
Schon früh wurde erkannt, dass nur eine solide Basis aus Wissen und Erfahrung fröhliche, unbeschwerte Ritte garantiert, die Reiter und Pferd gesund und munter beenden. Ein eigener Ausbildungsweg musste her! Obwohl es bereits einige Qualifikationen für Geländereiter und Berittführer gab, konnten damit die fürs Wanderreiten notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten nur ansatzweise vermittelt werden Eine Möglichkeit, interessierte Reiter fachkundig an das Wanderreiten heranzuführen, ist im Grunde natürlich auch aktiver Tierschutz, wie jede pferdegerechte Aus- und Weiterbildung. Deshalb bietet der Pferdesportverband Rheinland-Pfalz, Vorreiter in Sachen Wanderreitausbildung, nun schon seit vielen Jahren eine fundierte, gegliederte Ausbildung für all jene an, die sich mit ihrem Pferd gerne draußen in der freien Natur bewegen – es müssen nicht immer mehrtägige Touren des „richtigen“ Wanderreiters sein, auch der passionierte Geländereiter profitiert von den hier vermittelten Kenntnissen.
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Dass sich der Pferdesportverband hier auf Ehrenamtliche mit jahrelanger, teils sogar jahrzehntelanger Erfahrung stützen kann, kommt dem Teilnehmer gleich in doppelter Hinsicht zugute: Zum einen wird ihm die Ausbildung dadurch zu einem konkurrenzlos günstigen Preis angeboten, zum anderen wird ihm so aus erster Hand wirklich fundiertes und jahrelang erprobtes Praxiswissen vermittelt. Da zudem keinerlei Zulassungsvoraussetzungen erfüllt werden müssen, steht diese Ausbildung wirklich jedem offen. Kein Wunder, dass Teilnehmer auch von weither, aus anderen Bundesländern angereist kommen, denn hier wird wirklich vorbildlich gelehrt und vorgelebt, was zu gutem Wanderreiten gehört.
Und darum geht´s
Die Ausbildung verläuft in drei Stufen. Schon früh im Jahr geht es für zwei Tage in die Jugendherberge der Burg Altleinigen, wo die Teilnehmer ein intensiver Lehrgang erwartet – allerdings zunächst ohne Pferd. Es geht um Fragen wie: Welche Voraussetzungen braucht ein Wanderreitpferd? Wie wird es ausgebildet, wie trainiert? Welcher Satteltyp erleichtert ihm seine Arbeit, welche Zäumung eignet sich auch für lange Ritte, wie bringe ich das Gepäck so an, dass es nicht stört? Wie schütze ich mein Pferd vor Überlastung und wie stelle ich überhaupt fest, ob es fit ist für den (weiteren) Ritt? Das sind nur einige der Fragen, auf die Interessierte während des ersten Teils der Ausbildung eine ausführliche und fundierte Antwort erhalten. Ein ganzes Wochenende ist den theoretischen Grundlagen des Wanderreitens gewidmet, wobei auch hier die Praxis nicht zu kurz kommt. Dafür sorgen Vorträge zu Themen wie Hufschutz, dem Reiten nach Karte und Kompass oder Wetterkunde.
Wer das Theoriewochenende absolviert hat, der darf sich freuen: Es geht im April zum zweiten Teil der Wanderreitausbildung – dem Praxiswochenende – meist in den schönen Hunsrück, einem wahren Paradies für Wanderreiter. Dort werden die erworbenen theoretischen Kenntnisse erstmals intensiv in die Praxis umgesetzt und der nach dem Theorieseminar angestoßene Trainingsfortschritt überprüft. Nach einer Reittauglichkeitprüfung und einem kurzen Reittest (Vorstellen in allen drei Grundgangarten, Verladen im Gelände) am Freitag geht es Samstags auf eine richtige Tagestour. Etwa 30 Kilometer durch die raue, abwechslungsreiche Landschaft gilt es zu reiten, dabei müssen die Teilnehmer auch Geländeschwierigkeiten überwinden, Orientierungsaufgaben lösen und natürlich beweisen, dass sie ihre Pferde in der Zwischenzeit gut trainiert und auch sich selbst geistig und körperlich fit gemacht haben. Abwechselnd übernehmen sie die Führung. Jede der kleinen Gruppen wird von einem Ausbilder begleitet. Nach einem sicher anstrengenden Ritt wird am nächsten Morgen natürlich überprüft, ob alle Pferde gesund und munter sind und den Ritt theoretisch fortsetzen könnten. Hat alles geklappt, dürfen die Teilnehmer stolz das Lehrgangszertifikat entgegennehmen, dass ihnen Grundkenntnisse im Wanderreiten bescheinigt und zugleich Zulassungsvoraussetzung ist für den dritten Teil der Ausbildung.
Auf zu neuen Ufern
Jetzt wird es richtig spannend: Reiter und Pferd begeben sich im Sommer gemeinsam das erste Mal auf große Fahrt – zwar begleitet und unterstützt von erfahrenen Wanderreitausbildern, aber doch gleich für mehrere Tage, in unbekanntem Gelände, mit recht einfachen Mitteln. Da muss die Vorbereitung stimmen! Ein entspannter Urlaubsritt ist das zumindest für die Neulinge sicher nicht immer, ein echtes Erlebnis aber garantiert. Dieser Landeslehrwanderritt verhilft zu den notwendigen Erfahrungen und Kenntnissen, zur Routine, damit die vielen hoffentlich noch folgenden Ritte nach Abschluss der Ausbildung erfolgreich absolviert werden können. An sechs Reittagen mit einem Ruhetag geht es durch reizvolle Mittelgebirgslandschaften. Am Ende kehren Reiter und Pferd sicher nicht nur zufrieden und müde nach Hause zurück, sondern auch mit dem notwendigen Rüstzeug für viele erfüllte Ritte in der Zukunft. Mit den Voraussetzungen für weitere Qualifikationen im Bereich des Wanderreitens bis hin zum Wanderreitausbilder. Und vor allem: Mit neuem Elan, mit echter Freude am Wanderreiten, dem Wandern zu Pferd im Einklang mit der Natur!