Richtig aufsteigen – der erste Schritt zum gesunden Pferderücken

Mdchen und ihr PonyWas genau passiert eigentlich beim Aufsteigen auf ein Pferd? In dem Moment, wenn der Reiter den Steigbügel mit seinem Gewicht belastet, zieht er durch den Sattel den Widerrist,  genauer gesagt die Dornfortsätze der Brustwirbelsäule, in seine Richtung. Das Pferd muss mit seinem langen Rückenmuskel gegenhalten und sich verspannen, um keine Schäden davonzutragen. Der Griff an den Hinterzwiesel beim Hochziehen belastet auf gleiche Weise die Lendenwirbel des Pferdes. Diese Vorgänge passieren bei jedem Aufsteigen, egal wie sportlich oder leicht ein Reiter ist. Fliegengewichte belasten zwar weniger, dennoch strapazieren auch sie den Rücken ihres Pferdes.

Die beiden Wissenschaftler Laura Stancombe und Stuart Attwood vom britischen Hadlow College befassten sich in einer Studie mit den Druckbelastungen, die beim Aufsteigen aus verschiedenen Höhen entstehen. Dazu stieg eine 1,75 Meter große Reiterin a) vom Boden, b) aus 28 Zentimetern Höhe und c) aus 58 Zentimetern Höhe auf ihr 1,62 Meter großes Pferd. Wie erwartet fielen bei der gemessenen Druckbelastung sowohl der Durchschnittswert als auch der Maximalwert umso höher aus, je tiefer der Reiter stand. Vom Boden aus waren die Werte sogar doppelt so hoch wie von der hohen Aufstiegshilfe aus.

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Klar wurde bei dem Experiment auch: Je höher die Aufstiegshilfe, desto besser. Aber auch Gegenhalten am gegenüberliegenden Steigbügel lieferte deutliche Verbesserungen bei der Belastung – allerdings nur in Bezug auf den Widerrist. Im Lendenbereich blieb die Belastung gleich. Nicht nur die Stärke des Drucks lässt bei Verwendung einer Aufstiegshilfe nach, auch die Dauer der Belastung wird geringer, da der Reiter dreimal weniger Zeit benötigt, um sich in den Sattel zu schwingen.

Richtig aufsteigen Schritt für Schritt

Ist keine Aufstiegshilfe zur Stelle, so kann man (beispielsweise im Gelände) eine andere Erhöhung wie einen Wall, einen Baumstamm oder – stumpf und Ähnliches benutzen. Für Reithallen gibt es übrigens auch Aufstiegshilfen, die direkt in die Bande integriert sind und nach Gebrauch von selbst wieder hochklappen. Wichtig: Wenn Sie eine selbst gebaute Form der Aufstiegshilfe benutzen, wählen Sie bitte einen Gegenstand, der auf keinen Fall wegrutschen oder durchbrechen kann. Eimer oder Gymnastikbälle sind also denkbar ungeeignet. Ein Holzstuhl (oder besser ein Hocker ohne störende Lehne) eignet sich hingegen gut.

Platzieren Sie Ihr Pferd möglichst nahe mit der Schulter neben der Aufstiegshilfe. Warten Sie, bis es völlig ruhig stehen bleibt. Ein nervöses Pferd korrigieren Sie so lange, bis es die korrekte Position eingenommen hat. Erst wenn das Stehenbleiben klappt, steigen Sie auf.

Dabei dürfen Sie Ihr Pferd durchaus loben, auch zwischendurch. Leckerlis werden von vielen Trainern aber eher als kontraproduktiv betrachtet, weil dabei der Kopf nach hinten kommt und die Position des Körpers „verloren“ geht.

Läuft das Pferd los, während Sie aufsteigen, so richten Sie es rückwärts bis zum Ausgangspunkt, steigen wieder ab und beginnen die Prozedur von neuem. Die Zügel sollten möglichst während des gesamten Aufsitzvorgangs eher lose als aufgenommen sein. Genau wie jede andere Lektion auch, sollte das Aufsitzen penibel geübt werden – häufige Wiederholung schafft den Lerneffekt!

Von beiden Seiten in den Sattel

Spätestens beim Aufsitzen im Gelände wird dann auch klar, dass stetiges „Von-rechts-in-den-Sattel-steigen“ keine sinnvolle Lösung ist. An Engstellen und abschüssigen Wegen kann es dem Reiter schnell zum Verhängnis werden, wenn er nicht in der Lage ist, auf der Berg-abgewandten Seite auf sein Pferd zu kommen.

Der einzige Grund, warum traditionell von links aufgestiegen wurde, liegt übrigens an der Rüstung der einstigen Kavallerie. Die Soldaten, vorwiegend Rechtshänder, trugen nämlich ihren Säbel an der linken Körperseite. Wären sie damit von rechts aufgestiegen, so hätte sich die spitze Waffe möglicherweise in die Flanke des Pferdes gebohrt. Reiter von heute tragen keine Säbel mehr – und haben deshalb keinen Grund, immer nur von links in den Sattel zu steigen.

Fazit: Das Benutzen einer Aufstiegshilfe schont den Pferderücken nachweislich, auch dann, wenn der Reiter leicht und flink ist. Es ist daher weder uncool noch unsportlich, sie zu benutzen. Wer also möglichst schonend auf sein Pferd steigen will, sollte dies von einer sehr hohen Position aus tun. Wechseln sie außerdem oft die Seite um in Gefahrensituationen im Gelände von beiden Seiten aus aufs Pferd zu kommen.

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