Reining vs. Doping-Reglement: Auch Craig Schmersal verteidigt Medikation von Turnierpferden

In der aktuellen Ausgabe der amerikanischen Zeitschrift Quarter Horse News beschreibt Craig Schmersal in einer eigenen Kolumne sein Verständnis des derzeit vieldiskutierten Vorschlags, eine Medikation von Turnierpferden unter bestimmten Bedingungen zuzulassen, der aus einer geschlossenen Reihe der US-amerikanischen NRHA Million Dollar Reiter kommt:

Mit Hinweis auf seine über 40-jährige Erfahrung in der Pferdebranche erklärt Craig Schmersal die Haltung der "Million-Dollar-Gang". Er habe lange überlegt, seine Meinung zu publizieren, da es Leute mit einer rigorosen Einstellung zum Thema Doping gebe und er wisse, dass er sich selbst und seine Familie Kritik aussetze. Insofern bittet Schmersal um objektiven Austausch und Verständnis für seine Haltung: So ist er der Meinung, dass eine verschärfte Doping-Regelung die Pferde eher gefährdet als schützt.

"Ich weiß, dass es Besitzer und Trainer gibt, die um jeden Preis gewinnen wollen. Ich bin nicht so jemand. Aber ich kann sagen, das eine Verschärfung der Regeln solche Leute nicht davon abhalten wird, zu tun was es braucht, um zu gewinnen." Die Öffentlichkeit müsse schließlich realisieren, dass es stets Doping-Mittel gebe, die sich im Test nicht nachweisen lassen. Die Entwicklung von immer neuen solcher Mittel sei de facto ein großes Geschäft, mit dem sich viel Geld verdienen lasse, obwohl die Medikamente oft nicht für Pferde erprobt seien.
"Wenn wir also über die Einführung einer Doping- und Medikationsregelung sprechen und die Schaffung von gleichen Voraussetzungen für alle, dann kommt diese Art von Doping ins Spiel, und somit ist alle Fairness komplett gekippt“, argumentiert Schmersal.

Doch das sei gar nicht das größte Dilemma: "Meine größte Sorge basiert auf dem Wissen, was passiert, wenn Doping-Regeln eingeführt werden: Die Medikamente, die den Pferden dann gegeben werden, sind nicht für Pferde zugelassen und können die Tiere töten." Das sei der Grund, warum er für eine Erlaubnis von Medikation unter bestimmten Bedingungen sei. "Wir möchten eine Regelung, die uns eine Medikation mit zugelassenen Medikamenten und unter Aufsicht eines Tierarztes erlaubt. Damit geben wir die Entscheidung, was das Beste für unsere Pferde ist, in die Hände eines Mediziners, der ausgebildet ist um das zu entscheiden. Das ist nichts anderes, als wenn wir selbst zum Arzt gehen und ein Medikament verschrieben bekommen, sei es ein Schmerzmittel, ein Antibiotikum oder gar ein Anti-Depressiva.". Er sei ein Trainer und kein Tiermediziner, weshalb Schmersal die Medikationsfrage allein bei seinem Tierarzt wissen möchte.
Dennoch stellt er noch einmal klar:

"Ich stimme mit keinem Trainer, Besitzer oder Tierarzt überein, der ein krankes Pferd unter Medikamente stellt und es soweit manipuliert, dass es seine Gliedmaßen, Füße oder sonstwas nicht mehr spürt. Ich bin zuallererst ein Horseman. Ich betrachte Pferde als meine Partner.“

Und schließlich gäbe es keine Wunder-Medikamente: "Es gibt kein Mittel, dass uns länger stoppen, schneller drehen oder besser zirkeln lässt. De facto ist es sogar so, dass Doping unsere Manöver eher auf`s Spiel setzen würde. Wir möchten, dass unsere Pferde in den Wettbewerben absolut präsent sind und dass sie jedes kleinste Detail unserer Kommandes hören. Doping hilft uns nicht, zu gewinnen."

Craig Schmersal argumentiert weiter, dass Pferde, die aufgrund von Lahmheit, schlechten Nerven oder sonstigen Gründen nicht auf Turnieren gezeigt werden können, oft in eine ungewisse Zukunft blicken und nicht selten beim Schlachter landen würden. Es wäre doch viel besser, wenn man diesen Pferden noch ein gutes Zuhause z.B. als Turnierpferd für Kinder geben könnte.

Was jedoch vielen Europäer sicher hart aufstoßen wird, ist der Kommentar, den Schmersal zu seinen Erfahrungen auf europäischen Turnieren gibt, bei denen ein strenges Doping-Reglement zu beachten ist: "Ich habe auch im Ausland mit strengen Doping-Regeln schon erfolgreich geshowt, und mich mit meinen Pferden nie so unwohl gefühlt wie in diesen Shows. Es war nicht erlaubt, Phenylbutazon, Banamin oder Gastrogard zu geben; in Schweden ist sogar Eis oder Bandagieren verboten. Das ist meiner Meinung nach einfach falsch."

Darüber hinaus warnt Schmersal vor rechtlichen Problemen, die sich aus dem Verfahren der Probeentnahmen ergeben könnten und allein schon Grund genug seine, von den Doping-Regelungen Abstand zu nehmen.

Als Fazit fasst Schmersal für sich zusammen: "Ich lehne die Unterstützung einer Doping-Regelung so lange ab, bis ich eine sehe, die besser ist als das, was mein Tierarzt mir für meine Pferde verschreibt. Das hat nichts zu tun damit, um jeden Preis gewinnen zu wollen – es hat damit zu tun, unsere Pferde zu schützen."

Ist Reining als FEI-Disziplin noch zukunftsfähig?

Angesichts dieser Argumentation bleibt offen, welche Richtung der Reining-Sport einnehmen wird. Die klare Haltung und der eindeutige Umgang der FEI mit dem Thema Doping, die in anderen Disziplinen international mehrheitlich breite Anerkennung gefunden hat, verdeutlicht, wie sehr sich die besten und insofern auch einflussreichsten US-amerikanischen Reining-Reiter gegen international anerkannte FEI-Wettbewerbe aussprechen. Geld wird nicht dort verdient, sondern in den Futurity- und Derby-Wettbewerben für Pferde ab drei Jahren.

In Europa stößt die amerikanische Haltung größtenteils auf Unverständnis und Kopfschütteln, ja gar Entsetzen. Hier ist die Tradition der FN- und FEI-Wettbewerbe verbunden mit den seit Jahren bestehenden, strengen Doping- und Medikationsregeln wohl deutlich gefestigter.

Die NRHA Switzerland hat unterdessen eine Petition ins Leben gerufen zur Beibehaltung einer strikten Anti-Doping-Regelung. Auch andere europäische Verbände haben zur Unterschrift aufgerufen – Jeder kann unterschreiben, eine Mitgliedschaft ist NICHT erforderlich. Jede Stimme zählt!

Zum Hintergrund

Die National Reining Horse Association will ab 2015 ihre Dopingbestimmungen dene der FEI (Fédération Equestre Internationale) und der USEF (United States Equestrian Federation) anpassen. Dagegen arbeitet derzeit eine Gruppe von amerikanischen Spitzenprofis, die NRHA Million Dollar Reitern, auch bekannt als „Million Dollar Gang“ um Tim McQuay, Shawn Flarida, Duane Latimer, Todd Bergen, Dell Hendricks, Craig Schmersal, Tom McCutcheon, Mandy McCutcheon, Brent Wright, Craig Johnson, Randy Paul, Todd Sommes, Jordan Larson, Rocky Dare, Mike McEntire und Brian Bell.

Laut ihrer Petition sollen die neuen Regeln so weit aufgeweicht werden, dass weiterhin Medikamente an Turnierpferde auch kurz vor oder während der Show verabreicht werden können, sofern sie offiziell für Pferde zugelassen sind und vom Tierarzt verschrieben werden.

Gegen die Meinung ihrer amerikanischen Kollegen stellten sich übrigens bereits die drei europäischen NRHA Million Dollar Reiter Andrea Fappani (Italien), Bernard Fonck (Belgien) und Rudi Kronsteiner (Österreich), die eine strengere Doping-Politik befürworten.

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