Kutschenunglücke durch bessere Ausbildung verhindern: „Fahrschulen sind gefragt!“

Warum gibt es so viele Unglücke mit Kutschen? Sind die privaten Kutscher einfach nicht gut genug ausgebildet?

Rachner: Es sind nicht nur private Kutscher, sondern auch gewerblich fahrende Fuhrhalter, die betroffen sind. Der Weg zum eigenen Gespann ist relativ einfach. Man besucht einen Fahrkurs und fährt dort mit Ausbildungsgespannen. Diese sind hervorragend ausgebildet, werden in der gewohnten Umgebung gefahren und der Ausbilder ist ständig dabei, also fast Selbstläufer.
Gefährliche Situationen werden vermieden oder der Ausbilder greift ein. Das zukünftige Gespann wird parallel dazu ausgebildet und so treffen zwei „Fahrlaien“ aufeinander. Der theoretische Anteil ist noch stark geprägt von der Fahrlehre des Herrn Achenbachs. Alltagssituationen, bzw. eine Art Gefahrenlehre werden kaum oder wenig vermittelt.

Wie viel tragen rücksichtslose Verkehrsteilnehmer zu dem Problem bei?

Rachner: Sicherlich sind auch die anderen Verkehrsteilnehmer ein Problem. Hupende Autos, geringer Seitenabstand oder z.B. Fahrradfahrer die winkend überholen erzeugen immer eine Gefährdung.

Was passiert dann?

Rachner: Wie ja bekannt ist, ist das Pferd ein Fluchttier und versucht bei einer Gefahr wegzurennen. Ist wenig Vertrauen zum Gespannführer vorhanden oder wird das Pferd auf eine mögliche Gefahr nicht aufmerksam gemacht, durch abgelenkte Gespannführer ist mit einer Fluchtreaktion zu rechnen. Selbst kleine Veränderungen am gewohnten Weg, ein neuer Hochstand, eine Plastiktüte können bereits eine Gefahrenquelle darstellen.

Und den organisierten Fahrern in Ihrem Verband passiert das nicht?

Rachner: Die Bayerische Fahrervereinigung ist kein Verband im Sinne eines aktiven Vereins. Wir vertreten die Interessen der Fahrer gegenüber von Verbänden oder Organisationen, fördern den Nachwuchs und versuchen den Fahrsport am Leben zu erhalten.
Dabei wird aber deutlich, dass insbesondere Turnierfahrer weniger an Unfällen beteiligt sind, die im öffentlichen Straßenverkehr oder in der freien Natur  passieren. Die „Sportfahrer“ besuchen auch immer wieder Trainingsmaßnahmen die den Umgang mit dem Pferd beeinflussen. Freizeitfahrer erwerben wie ein Autofahrer mit dem Fahrabzeichen die lebenslange Lizenz, Gespanne zu führen.

Was könnte man tun, um die Zahl der Unfälle mit Kutschen im privaten und gewerblichen Bereich zu verringern? 

Rachner: Diese Frage zu beantworten ist schwierig, da zum Führen von Gespannen kein gesetzlicher Nachweis der Eignung zu erbringen ist. Zwar sieht das Straßengesetz vor, dass jemand zum Führen von Fahrzeugen geeignet sein muss, aber erst ab einer bestimmten Geschwindigkeit eine entsprechende Fahrausbildung besuchen muss. Bei gewerblichen Fuhrhaltern unternimmt die Berufsgenossenschaft bereits entsprechende Anstrengungen.
Wünschenswert wäre, dass die Gespannführer weitere Lehrgänge besuchen, die in den Bereich der Alltagstauglichkeit der Gespanne anzusiedeln sind. Hier sind die Fahrschulen (Ausbildungsstellen für Gespannfahrer) gefragt. Aber auch die regelmäßige Teilnahme an Turnieren, egal ob im Bereich der WBO oder LPO führen zu einer besseren Vertrautheit mit dem Gespann.

Was raten Sie einem Fahrer, wenn er in eine brenzlige Situation gerät?

Rachner: Eine generelle Aussage welche Verhaltensmaßnahme richtig ist kann nicht gegeben werden. Abzuspringen ist sicherlich genauso gefährlich, als wie wenn man sitzenbleibt. Das Schleudern der Kutsche ist konstruktionsbedingt und wird durch falsche Beladung oder Fehlbedienung der Bremsen verstärkt. Durch das Schleudern entstehen Fliehkräfte, die kein noch so guter Fahrer ausgleichen kann und damit ist ein Herabschleudern des Fahrers und Beifahrers vorprogrammiert.

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