Wer zu Stephan Vierhaus nach Borken kommt, um ein Pferd zu kaufen, kann sicher sein, dass er ein gut ausgebildetes Pferd bekommt. Die Spezialität des Ehepaares Vierhaus sind Töltende Traber. „Wir sind von dieser Rasse 100% überzeugt“, schwärmt Ellen Vierhaus. „Die Pferde sind sensibel und leichtrittig, haben schnelle Reaktionen und ein gutes Temperament. Sie sind nie hysterisch, haben Ausdauer und eine gute Einstellung zur Arbeit. Sie gehen mit ihrem Menschen durch Dick und Dünn.“
Mit Stephan Vierhaus gehen die Traber nicht nur durch Dick und Dünn, sondern auch durchs Feuer. Mir seinem Traberhengst First Step tritt er regelmäßig mit einer Feuernummer in Shows auf, seit neuestem auch mit seinem töltenden PRE-Hengst Lunatico. 2005 war er auf der Pferdeshow „Apassionata“ zu bewundern. Bei der Feuernummer legen sich die Pferde inmitten der Flammen hin oder sie tölten unbeirrt nebeneinanderher, während in ihrer Mitte eine Schale mit loderndem Feuer hin und her geschwenkt wird. Die Nummer zeigt Vertrauen pur. „Wir legen bei der Ausbildung unserer Pferde großen Wert auf Nervenstärke“, erzählt Ellen Vierhaus.
Ideale Wanderreitpferde
So nimmt ein Trailparcours auf dem Reitplatz recht großen Raum ein. Flatterbänder, Planen, Regenschirme und Wippen sind für die bei Vierhaus ausgebildeten Pferde eine Selbstverständlichkeit und kein Grund zur Panik. „Unsere Pferde sind die idealen Wanderreitpferde. Und im Preis-Leistungsverhältnis im Vergleich zu anderen Gangpferden unschlagbar“, schwärmt Familie Vierhaus, die selbst regelmäßig mit ihren Pferden auf Wanderritten unterwegs sind. Stephan Vierhaus selbst ritt nach bestandenem Abitur von Belgien, seiner Heimat, aus los bis Schweden. „Ich bin allerdings nur bis zur schwedischen Grenze gekommen und leider nicht ins Land. Nun ja, dann bin ich halt wieder zurück geritten.“ Ein Jahr lang war er unterwegs. Damals noch nicht mit Töltenden Trabern, sondern mit zwei Norwegern. Auf diesem abenteuerlichen Ritt lernte er seine Frau Ellen kennen. „Sie bot mir auf dem Hinweg Quartier an und auf dem Rückweg bin ich wieder vorbei – und geblieben“, fasst Stephan Vierhaus zusammen.
Gemeinsam kümmert sich das Ehepaar um ca. 50 Pferde. Neben 25 eigenen Pferden, davon fünf Schulpferde, stehen rund 15 Pensionspferde, drei bis vier zur Ausbildung und meist zwischen zwei und fünf Verkaufspferde auf dem Borkener Hof. Hinzu kommen noch drei Mulis und drei Hunde. Die Mehrzahl der Pferde lebt im Offenstall und in Paddockboxen. Artgerechte Haltungsform mit ausreichend Bewegung und Sozialkontaktmöglichkeiten werden bei Vierhaus selbstverständlich großgeschrieben. „Weide-, bzw. im Winter Paddockgang ist eine Selbstverständlichkeit. Es reicht nicht, wenn ich das Pferd eine Stunde am Tag gut reite, es muss den Rest der Zeit auch Pferd sein dürfen, d.h. es muss sich bewegen dürfen und Kontakt zu Kollegen pflegen. Dauerhafte Einzelhaft gibt es bei uns nicht, dann wären wir unglaubwürdig“, betont Ellen Vierhaus.
Mit der Zeit immer besser
Je länger ein Pferd, das eigentlich zum Verkauf gedacht war, aber so schnell keinen passenden Käufer fand, auf dem Hof bleibt, umso besser wird es. „Mein mittlerweile 18-jähriger Wallach Spot war eigentlich als Verkaufspferd bei uns. Jetzt gehört er seit langem uns, und er ist weit ausgebildet. Er geht mit auf Shows, war dreimal Deutscher Meister in der Töltdistanz der IGV (=Internationale Gangpferdevereinigung) und ist mein liebstes Wanderreitpferd“, lächelt Ellen Vierhaus. „Wir sind halt schlechte Verkäufer.“
Einige Kunden, die zum Pferdekauf kommen, möchten einfach ein günstiges Freizeitpferd. „Viele reiten leider so schlecht, dass sie mit unseren Pferden nicht klar kommen. Zum Halten ziehen sie beispielsweise die Zügel so stark an, dass die Pferde rückwärts rennen. Oder zum Losreiten knallen sie die Schenkel ans Pferd, dass unsere Traber sofort losgaloppieren. Unsere Pferde sind fein geritten und reagieren sensibel auf Reiterhilfen. Damit kommen viele nicht zurecht“, beschreibt der Pferdehändler sein Problem. „Und wenn wir dann auch noch merken, dass der Kunde nicht bereit ist, besser reiten zu lernen, dann bleibt das Pferd bei uns. Wir verkaufen nicht an jeden.“ Vierhaus ist in der Gangpferdeszene ein Begriff und so kommen viele gute Reiter zum Pferdekauf und auch immer wieder zu Kursen ins Münsterland.
Stephan und Ellen Vierhaus starten mit ihren Töltenden Trabern auch auf Turnieren der Gangpferdeszene. Zahlreiche Titel, wie Deutscher Vizemeister Viergang und Mehrgang, Deutscher Meister Ausdauertölt, Vizemeister Schwere Rittigkeit und mehrere Deutsche Meister Töltdistanz brachten sie heim. Auch Tochter Wiebke, 14 Jahre jung, konnte sich mit ihrem Traber Quickstep bei den deutschen Meisterschaften 2005 im Jugendmehrgang ganz vorn platzieren ( 2. Platz).
Die Besonderheiten der Gangpferde
„Uns kommt es nicht in erster Linie darauf an, spektakuläre Gänge zu demonstrieren. Uns ist es wichtig, dass auch Gangpferde reell, das heißt mit Anlehnung, Genick als höchstem Punkt und rundem Rücken geritten werden. Hochgestreckte Hälse, aufgerissene Mäuler und weggedrückte Rücken sind mir ein Greuel“, beschreibt Stephan Vierhaus das, worauf es ihm ankommt. Er nennt seine Töltenden Traber oft unverstandene Kreaturen. „Töltende Traber zu reiten ist nicht einfach. Man braucht viel Gefühl, vor allem Taktgefühl. Ansonsten kommt oft nur Schweinepass dabei heraus, und der ist für das Pferd sehr ungesund. Tölter sind nicht die „Automatikfahrzeuge“, als die sie manchmal angeboten werden, sondern sie haben ein schwierig zu schaltendes, mit Gefühl zu bearbeitendes „Fünfganggetriebe“.
Traber sind nicht wie Warmblüter, betont der Fachmann immer wieder. Gangpferde haben einen anderen Galopp als Dreigänger. Traber haben dazu auch oft Balanceprobleme und zuviel Schub- und zu wenig Tragkraft. Daher ist ihre Ausbildung anders aufzubauen, als die normaler Warmblüter. Deshalb ist es für Gangpferdereiter auch so wichtig, sich Hilfe bei erfahrenen Experten zu holen. Sie haben das nötige Wissen, das „normalen Pferdemenschen“ ohne Gangpferdeerfahrung oft fehlt. Deshalb finden auf dem Vierhauschen Hof auch regelmäßig Lehrgänge statt, die von vielen Kunden regelmäßig genutzt werden. „Niemand käme auf die Idee, einen Quarter vor den Sulky zu spannen und dann Rennen laufen zu lassen“, bringt seine Frau, die als IGV (Internationale Gangpferdevereinigung) -Richterin tätig ist, einen passenden Vergleich. So ähnlich sei es aber, wenn jemand versucht, einem Traber ausschließlich versammelnde Dressurübungen abzuverlangen.
Was aber Rittigkeit und Durchlässigkeit angeht, da machen die Töltenden Traber von Vierhaus so manchem Warmblut etwas vor. Bei der Quadrille mit sechs Töltenden Trabern sieht man durchweg reell gerittene Pferde, die im atemberaubenden Tölt Figuren in die Halle zaubern. „An sich ist es uns wichtiger, auf Shows zu zeigen, wie schön töltende Traber gehen können, als die ganzen anderen Effekte“, betont Stefan Vierhaus. „Wobei ich ja gerade an der Feuernummer viel Freude habe. Und neue Ideen, für tolle Auftritte habe ich auch schon wieder“, lacht er. „Mit meinem Mann wird es nie langweilig“, weiß Ellen Vierhaus. Aber auch sie genießt das Leben und die Arbeit mit den Pferden in vollen Zügen. Ellen und Stefan Vierhaus sind halt Pferdemenschen durch und durch. Da ist es für die Pferde nur gut, dass ihre Besitzer so schlechte Händler sind und für die Kunden ist es letztendlich auch gut.