Pferdekauf ohne Papiere: Lieber nicht?

Eigentlich kauft jeder, der ein Pferd ersteht, in gewisser Hinsicht damit die Katze im Sack. Seine Papiere können dem edlen Ross eine hervorragende Abstammung bescheinigen, das mehrmalige Probereiten mag keine Wünsche offen lassen, der Tierarzt findet anlässlich der akribisch durchgeführten Ankaufsuntersuchung keinerlei Anlass für Beanstandungen, kurz, man ist sich sicher, das absolute Traumpferd in den heimatlichen Stall zu führen, und doch stellt sich nach kurzer Zeit heraus, dass der vermeintliche Glückskauf ein Fehlkauf war. Vielleicht stimmt schlicht die Chemie nicht, vielleicht entwickelt der Vierbeiner unvermittelt eine schwere Erkrankung, vielleicht überfordert er Sie oder erweist sich als zwar begabt, aber ohne solide Ausbildung, vielleicht zeigen sich Folgen unsachgemäßer Aufzucht im Zusammensein mit Artgenossen – es lassen sich zahllose Gründe dafür finden, dass Ihre Erwartungen nicht in vollem Umfang erfüllt werden oder Sie sich gar bald wieder von Ihrem Pferd trennen (müssen) und nicht erst, wenn der Tod Sie scheidet.

Papiere? Ja, bitte!A

Ein Herkunftsnachweis enthält eine ganze Menge wertvoller Informationen, die Ihnen Auskunft über Ihr Pferd geben: Alter, Signalement, Züchter, Eltern und Großeltern – damit sind viele Fragen direkt beantwortet, andere lassen sich durch Nachforschungen klären, etwa durch Nachfragen beim Züchter oder Vorbesitzer, durch Erkenntnisse über Eltern, Voll- und Halbgeschwister, beim Zuchtverband. Diese und andere Informationen sind Ihnen nicht zugänglich, wenn Sie nichts über die Vorgeschichte und Abstammung Ihres Pferdes wissen.

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Allerdings gilt es zwischen Pferden mit bekannter Abstammung, aber ohne Papiere und solche gänzlich ungesicherter Herkunft zu unterscheiden. Bietet Ihnen ein guter Freund einen „Weideunfall“ zum Kauf an, der unter Ihnen bekannten Bedingungen aufgewachsen und angeritten wurde, dessen Eltern Sie kennen, so kann man diesen Vierbeiner nicht als Kauf vom Typ „Katze im Sack“ bezeichnen. Ganz anders liegt der Fall bei einem ebenso ohne Papiere angebotenen Pferd, das Sie ausgewachsen und geritten vom Händler kaufen: Hier wissen Sie nichts über das Pferd, seine Eltern, seine Kindheit und Jugend, hier gehen Sie ein entsprechend hohes Risiko ein.

Elitäre Gesellschaft

Viele Turniere und andere Reitsportveranstaltungen stehen Pferden und Ponys aller Rassen und Klassen offen, manche aber eben nicht! Rasseinterne Veranstaltungen werden nur für Pferde einer Rasse mit gesicherter Herkunft ausgeschrieben, die Kollegen ohne Papiere müssen leider draußen bleiben. Zwar bieten sich stets auch Alternativen an, aber wenn Ihr Herz nun ausgerechnet an einer bestimmten Form des Wettbewerbs hängt, müssen Sie schon den passenden Vierbeiner erwerben! Denken Sie nur an Galopprennen, die fast ausschließlich mit Englischen Vollblütern durchgeführt werden, Islandpferde, die bei ihren vom IPZV veranstalteten Turnieren völlig unter sich bleiben und auch anderen töltenden Pferden die Teilnahme verweigern oder auch an rassespezifische Veranstaltungen von Westernrassen.

Oh Schreck, oh Schreck, das Pferd ist weg!

Vor dem Pferdeklau schützen Papiere allein Ihr Ross nicht, aber Diebe meiden meist solche Vierbeiner, die weithin sichtbar mit unveränderlichen Kennzeichen versehen sind – und dazu gehört auch der Brand!

Je unverwechselbarer Ihr Pferd gekennzeichnet ist, desto abschreckender wirkt es auf potentielle Diebe und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie es nach einem Diebstahl finden und retten können. Auffällige Abzeichen, gut sichtbare Nummernbrände oder Kaltbrände, wie sie bei importierten Isländern oder Arabischen Vollblütern häufig zu sehen sind, bieten einen recht wirksamen Schutz. Implantierte Mikrochips dagegen sind nur mit speziellen Lesegeräten nachzuweisen und zuzuordnen und vor allem äußerlich unsichtbar.

Vierbeinige Qualitätssicherung

Die tollste Abstammung, die bekannteste Linie, die bedeutendste Zuchtrichtung, all das garantiert Ihnen nicht, dass ein bestimmter Vierbeiner auch die Qualität hat, für die die Gesamtpopulation bekannt ist. Eine ähnliche Einschränkung gilt aber auch für gemischtrassige oder rasselose Pferde: „Mischlingen“ oder „Bastarden“ wird ja gerne eine besonders robuste Gesundheit und eine anpassungsfähige, anspruchslose Persönlichkeit zugeschrieben – kann sein, muss aber nicht sein! Zwar verlässt man sich in der Zucht von Nutztierrassen gerne auf den „Heterosiseffekt“, der besagt, dass gemischtrassige Nachkommen in der Ausprägung bestimmter Qualitätsmerkmale besser liegen als ihre Eltern, doch muss diese allgemeingültige Aussage nicht in jedem Einzelfall auch zutreffen. Zudem können Eltern nur Eigenschaften vererben, die in ihren eigenen Genen angelegt sind – ein völlig verbauter Deckhengst und eine mit wenig Gang ausgestattete Zuchtstute werden kaum miteinander ein qualitätsvolles Fohlen produzieren!

Trennungsschmerz

Es kommt vielleicht der Tag, an dem Sie sich wieder von Ihrem Pferd trennen müssen oder wollen. Es ist eine zwar bedauerliche, aber unumstößliche Tatsache, dass Pferde mit Papieren bei ansonsten gleicher Qualität einen höheren Preis erzielen und leichter zu verkaufen sind als die Kollegen ohne Herkunftsnachweis. Und ebenso ist es Fakt, dass wir Menschen mit wertvollen, sprich teuren Pferden oft sorgfältiger umgehen als mit preiswert erstandenen. Papiere können Ihr Pferd also davor schützen, im Falle eines Falles von Hand zu Hand zu wandern, eine Garantie gibt es auch hier allerdings nicht.

Auch beim Verkauf können sich Abstammungsnachweise als hilfreich erweisen, denn damit tun sich oft eine Vielzahl vielversprechender Kontaktmöglichkeiten fast von selbst auf. Vielleicht hat ja der Züchter oder Vorbesitzer Interesse daran, den Vierbeiner zurück zu kaufen, viele Interessensverbände helfen beim Kauf und Verkauf, stellen den Kontakt her oder bieten über verbandsinterne Medien (Internet!!!) Plattformen für Anbieter und Interessenten an. Hier erreicht man gezielter potentielle Käufer als über andere Formen von Anzeigen oder Vermittlungen.

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