Die drei Phasen des Lebens
Unsere Pferde durchlaufen während ihres „Arbeitslebens“ verschiedene Phasen. Das junge Pferd wird erstmals in die Arbeit genommen und erhält während seiner Grundausbildung eine tragfähige Basis für seinen „Beruf“ als Reit- oder Fahrpferd. Diese erste Phase dauert etwa vier bis sechs Monate und ist in Inhalten und Techniken relativ unabhängig von Rasse oder Reitweise. Aufbauend auf den während der Grundausbildung gelegten Fertigkeiten und der dabei erworbenen Kondition wird das reifere Pferd nun weiter ausgebildet. Je nach Rasse, Reitweise und reiterlichen Vorgaben werden verschiedene Techniken und Ausrüstungsgegenstände genutzt und unterschiedliche Schwerpunkte gelegt. Diese zweite Phase dauert viele Jahre und endet erst, wenn – aus welchem Grund auch immer – das Pferd bezüglich Kondition, Kraft, Leistungswille oder Geschmeidigkeit nicht weiter gefördert wird. In einer dritten und letzten Phase schließlich kann das Pferd zunächst auf dem einmal erreichten Leistungsniveau gehalten werden. Anschließend lassen alle oder viele relevanten Fertigkeiten und Kenntnisse altersbedingt allmählich nach.
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Die drei Phasen der Trainingseinheit
Jede Übungseinheit, ob unter dem Sattel, an Longe oder Führstrick oder vor der Kutsche, sollte zweckmäßigerweise in drei Phasen eingeteilt werden. Während der Aufwärmphase werden die großen Muskelpartien stärker durchblutet und vorgedehnt und damit auf die kommende Beanspruchung vorbereitet. Das Gleitmittel der Gelenke, die Synovia, erreicht unter der leichten Belastung der dieser Phase allmählich die für eine einwandfreie Funktion notwendige Beschaffenheit. Auch die Psyche des Pferdes hat Zeit, sich vom Nickerchen, vom Spiel mit Artgenossen oder vom Zank mit der Weidegenossin zu lösen und seine Aufmerksamkeit zunehmend seiner menschlichen Bezugsperson zuzuwenden. Inhalt der sich anschließenden Arbeits- oder Leistungsphase sind die zuvor gewählten Übungselemente, ob in der Dressurarbeit, beim Geländeritt oder im Parcours. Nun wird das Pferd seiner Leistungsfähigkeit entsprechend bewegt und die Grenzen weiter gesteckt. Noch bevor Pferd und Reiter geistig oder körperlich ermüdet sind, geht die Leistungsphase in die abschließende Entspannungsphase über. Der Übergang wird zweckmäßigerweise durch eine gelungene Übung markiert, die Anlass für ein ausgiebiges Lob und ein Entlassen in die Dehnung bietet. Nun kommen Atmung und Pulsschlag allmählich zur Ruhe, das Pferd darf sich recken und strecken und in jeder Beziehung aus der Anspannung der Übungen lösen.
Die drei Phasen des Manövers
Auch bezüglich jeder einzelnen Übung lassen sich drei Phasen ausmachen, die einander ablösen, aufeinander aufbauen. Einzelne Manöver werden zunächst vorbereitet, indem das Pferd in eine entsprechende Verfassung geritten wird und der Reiter sich die Durchführung der Übung vergegenwärtigt. Dann wird das Manöver einmal oder mehrmals abgefragt. Jede zufrieden stellende Durchführung belohnt der Reiter, indem er sich und das Pferd kurz aus der Anstrengung löst, vielleicht durch Zügel überstreichen, eine kurze Ruhepause im Stand, Leichttraben oder durch vorübergehendes Reiten in Dehnung.
Drei mal drei macht Pferde glücklich
Dreimal drei Phasen, ganz viele Kombinationsmöglichkeiten und damit eine gute Vorgabe, der Zusammenarbeit mit dem Pferd eine sinnvolle Struktur zu geben und auf diese Weise auch selbst eine Orientierungsmöglichkeit zu erhalten. Reiht der Reiter dagegen Übung an Übung, wird er sich und sein Pferd unweigerlich überlasten und verspannen; bewegt er sein Pferd ohne Höhepunkte, ohne wirkliche Anforderungen, kommt es unweigerlich zu Unterforderung, zu Langeweile, zu geistiger Ermüdung. Reiter und Pferd brauchen Abwechslung, müssen sich flexibel in einem individuellen Spannungsfeld aus Dehnung und Versammlung, dynamischer Anspannung und Entspannung bewegen.
In der Realität bietet sich oft ein anderes Bild: Zu viele Pferde werden geritten, ohne ausgebildet zu werden, sie werden auf eine Weise bewegt, die nicht ihren individuellen Voraussetzungen entspricht. Ob unregelmäßig gearbeitete (abwechselnd unterforderte und überforderte), oder frühzeitig seelisch wie körperlich zugrunde gerittene Pferde – sie alle würden von einem planvolleren Vorgehen ihrer Reiter profitieren. Ein Plan, der den Reiter wie das Pferd orientiert: Wo befinden wir uns bezüglich des Ausbildungsweges, innerhalb der Trainingseinheit, in der Durchführung eines Manövers? Wo also stehen wir momentan und wie kann und muss ich diesen Standort in der Wahl meiner Mittel berücksichtigen? Profis aus allen Bereichen des Reitsports taugen diesbezüglich übrigens oft nicht unbesehen als Vorbilder, manchmal eher als abschreckende Beispiele.
Reiten mit Plan
Es stellt sich die Frage: Wie lässt sich die gewonnene Einsicht in die tägliche Praxis transportieren? Zum einen sicherlich, indem der Reiter sich informiert, indem er durch Lektüre, Unterricht und Beobachtung Wissen und Erfahrung gewinnt und lernt, sein Pferd individuell einzuschätzen und angemessen zu bewegen – fordern und fördern, ohne zu unterfordern oder zu überfordern. Zum anderen aber auch, indem er sich Zeit nimmt, immer wieder zu reflektieren und das eigene Vorgehen zu hinterfragen.
Ein individueller Trainingsplan kann dabei eine wertvolle Hilfe sein. Tägliche Eintragungen in Form von Stichworten und die Formulierung von Zwischenzielen dienen als Leitfaden und verhindern, dass Routine statt Kreativität das reiterliche Handeln bestimmt. Von besonderer Bedeutung ist die Einteilung der einzelnen Trainingseinheit in Dehnungsphase, Leistungsphase und Entspannungsphase. Auch hier muss ein Plan her, der zusammen mit der Uhr des Reiters das Vorgehen reglementiert. Nicht zu kurz aufwärmen, nicht zu lange belasten, der Erholung ausreichend Zeit einräumen, damit ist schon viel getan. Welche Manöver dabei in welche Phase gehören, schreiben Reitweise und Ausbildungsstand vor. Nicht nur das Pferd, sondern auch der Reiter profitiert davon.