Pferdefotografie – Tipps vom Profi: Bilder in Bewegung

549718_web_r_by_maren-bessler_pixelio-deOb frei auf der Koppel, unter dem Sattel oder spontan inszeniert – jede Situation hat ihren eigenen Reiz und kommt mit ein bisschen Übung so richtig gut zur Geltung.

Aufbauend auf den beiden Grundlagen der Fotografie ist jetzt Schnelligkeit hinter der Kamera gefragt. Sie jammern über „kippende“ Pferde im Galopp, verschwommene Konturen und geschlossene Augen bei sonst recht gut gelungenen Fotografien? Keine Panik, ein paar kleine Insider-Tipps helfen schnell, den richtigen Dreh zu finden und Spaß an der Bewegungsfotografie zu entwickeln.

[relatedposts type=’manu‘ ids=’5423,5424′]

Grundregeln der Bewegungsfotografie

Die Einhaltung einiger grundsätzlicher Dinge ist zwingend notwendig, um Enttäuschungen zu vermeiden :

– Mindestens 1/250 Sekunde Verschlusszeit, um ungewollte Unschärfen an den bewegten Gliedmaßen zu vermeiden
– immer mindestens zwei Aufnahmen zur Vermeidung von geschlossenen Augen durch Wimpernschlag
– Prüfen des Bildhintergrundes und des Sonneneinfalls vor Beginn der Arbeit mit der Kamera
– Vorhalten! (siehe weiter unten)

Je heller das Tageslicht, desto besser – heißt die Devise in der Bewegungsfotografie. „Speed kills“ bei schlechtem Licht und hier ist das Scheitern der guten Aufnahme gemeint. Sehr schnell zeigt ihre Kamera dann z.B. nur noch 1/60 Sekunde an und auf dem fertigen Bild würden Sie dann bemerken, dass keine Schärfe mehr vorhanden ist. Das ganze Pferd „verschwimmt“ und von der schönen Dressurlektion ist nichts mehr übrig…

Bei Digitalkameras können Sie in einem solchen Fall die ISO-Zahl höher einstellen, zum Beispiel von 100 auf 200. Aber dabei bitte beachten, dass die hohe ISO-Zahl stets mit einem starken Bildrauschen einhergeht!

Tasten Sie sich einfach langsam an das Thema heran. Auf dem Bildschirm des Computers wird ganz schnell klar, wann Unschärfen durch zu hohe ISO-Werte auftauchen. Wie viel trotz fehlender Sonne noch möglich ist, kann in der Praxis einfach ausprobiert werden – vorausgesetzt sie benutzen ein lichtstarkes Objektiv! Lichtschwächere Modelle finden ihre Liebhaber an Sonnentagen, wenn ein Turniergeschehen die verschiedensten Möglichkeiten zur Übung gibt. Beachten Sie dabei bitte die technischen Einschränkungen und ersparen Sie sich vermeidbaren Frust.

Warum immer mindestens zwei Aufnahmen erstellen?

Ganz einfach: Es erfordert viel Übung, exakt den richtigen Moment der Bewegungsphasen abzupassen.Nutzen Sie die Möglichkeit der in der heutigen Zeit recht flotten Kamerasysteme und verschwenden Sie zu Anfang ruhig ein bisschen digitales Material, um sich an die neue Aufgabe heranzutasten. Dauerhaft bitte nicht zu großzügig damit umgehen, da hunderttausend Auslösungen für günstige Kameramodelle eine hohe Belastungsprobe darstellen – sie sind dafür nicht wirklich ausgelegt.

Am schönsten ist das Erlernen der Bewegungsfotografie, wenn sich ein Schnelllabor in der Nähe befindet und das Ergebnis bereits nach wenigen Stunden gesichtet werden kann. Sie erhalten auf diesem Wege rasch ein Feedback und können gezielt evtl. noch am selben Tag die Übung mit neuen Erkenntnissen fortsetzen, falls ihr Computerbildschirm eine geringere Auflösung aufweist und Sie die Bildschärfe hier nicht beurteilen können.

Der Stress mit dem Bildhintergrund und der Sonne

Fatal, fatal – die schönste Aufnahme stirbt in dem Moment, wenn die Sonne sich von der falschen Seite zeigt und alles im Schatten liegt oder ein Haus genau in dem Moment hinter dem galoppierenden Pferd zu erkennen ist, wenn der Fotograf es am wenigsten gebrauchen kann. Vermeiden Sie diese Anfängerfehler und positionieren Sie sich dort, wo die Chance für das gute Bild am größten ist.

Der Begriff „Vorhalten“:

Die meisten Fotobegeisterten scheitern in der Bewegungsfotografie an einem einzigen Punkt: Sie drücken dann auf den Auslöser, wenn die Bewegung am schönsten ist und wundern sich später, wenn die Pferde nach unten kippen, sehr unschöne Bewegungen auf dem Foto ausführen usw.

Warum passiert genau dieser Fehler? Durch die zeitliche Verzögerung beim Drücken der Auslösetaste ist die Bewegung schon fortgeschritten und auf dem Foto zeigt sich exakt diese zeitlich versetzte Phase – nur diese ist nicht fotogen und sehr ungünstig – zumeist für Pferd und Reiter. Deshalb: Einfach früher den Auslöser tippen und sich dazu zwingen, im frühen Zeitpunkt auszulösen. Mit ein wenig Übung sitzt diese Vorgehensweise und die Ergebnisse werden überzeugen!

Frisch ans Werk – Bewegungsfotografie ohne Helfer

Früh aufstehen heißt es für den angehenden Bewegungsfotografen und die Gunst der Stunde nutzen:

– eine Pferdeherde beim Bauern wartet voller Tatendrang in ihren Boxen und der Landwirt wartet mit dem Herauslassen, bis Sie sich günstig positioniert haben.
– Sehr schöne Ansichten sind zu erzielen, wenn die Herde kurz nach dem Koppeleingang im Galopp durch den Eingang stürmt und sich anschließend auf der Wiese verteilt
– Neugierige Pferde bewegen sich in verschiedenen Gangarten auf das Objektiv zu

Eine kleine Abwandlung davon ist das Freilassen einzelner Pferde:

– Ein Hengst stürmt voller Bewegungsdrang über einen Hang
– Kraftfuttergabe fürs Foto und Annähern eines Pferdes

Mehr Spaß durch gezielten Einsatz von Helfern

Was tun, wenn die Herde schon auf der Koppel grast, die Kamera aber aus welchen Gründen auch immer nicht zum Einsatz kam? Der nette Pferdebesitzer hat einige Minuten Zeit und ist zu einer speziellen Übung zu begeistern und schon kann es erneut losgehen:

– zuerst positionieren Sie sich wieder an optisch günstiger Stelle (d.h. das Pferd hat den
schönsten Hintergrund fürs Foto!)
– Der Helfer trägt einen Raschelsack aus Papier oder Plastik, eine Dose mit Kieselsteinen etc.
– ganz vorsichtig wird das Pferd damit in Bewegung versetzt und nicht getrieben!
– immer nur kurze Sequenzen zum Bewegen einbauen und dem Pferd immer genügend Zeit zum Entspannen geben – niemals übertreiben oder die Übung in Stress ausarten lassen!

Sie können hier gezielt Schritt-, Trab- und Galoppphasen üben. Prägen Sie sich die Laufrichtung der Pferde ein und verändern aufgrund dessen immer wieder den Standort. Die meisten Pferde schlagen immer ähnliche Routen ein – bedenken Sie, dass die schönsten Stimmungen immer in den ersten 10 Minuten entstehen. Später reagieren die Pferde genervt und verlieren die Lust an diesem ungewohnten Spiel…

Eine Variante zum Präsentieren an der Hand

Dass ein Pferd exakt auf einer Linie trabt, ist selten. Wer zum Zwecke der besonderen Darstellung bestimmte Bewegungen zeigen möchte, wählt am besten eine ebene Strecke auf Asphalt oder einen befestigten Weg.

Einfach mit Halfter oder Zäumung locker neben dem Pferd laufen und das Pferd im Trab von beiden Seiten am Fotografen vorbei bewegen. Die gleiche Ausgangsbasis gilt für Standaufnahmen zum Demonstrieren der Gebäudevorzüge, um das Pferd eben und gleichmäßig aufzustellen.

Kleine Schauspieler: Kunststücke auf Kommando

In vielen Pferden stecken verborgene Talente: Sie springen frei über Baumstämme, steigen auf Kommando, zeigen das Kompliment oder schütteln ihre Mähne auf einem Podest.

Kleine Nachforschungen bringen oft Talente zum Vorschein, die meist im verborgenen Schlummern und den Akteur erst nach hartnäckigen Recherchen aus der Reserve locken. Fragen Sie einfach mal kurz nach, was denn der Stallnachbar so alles über die Jahre gelernt hat, ob er locker mit dem Eimer wirft, einen Ball rollt oder auf Kommando flehmt. Sie werden sich wundern, welch schöne Motive auf Ihre Kamera warten!

„Verwischeffekte“ erhöhen den Reiz

Eine kleine und sehr effektvolle Übung:

– Benutzen Sie ein Zoomobjektiv und setzen sie die Kamera mit diesem auf ein stabiles Stativ
– Die Bewegungsrichtung des Motivs muss in diesem Falle immer in Richtung Kamera frontal von vorne erfolgen
– Sie verschieben das Zoom-Objektiv in Richtung Fotografen-Auge oder in Richtung Motiv
– Der gewünschte Effekt ist ein Bildmotiv in der Mitte, das noch zu erkennen ist, wobei die Randbereiche sehr effektvoll verschwimmen und gezielt Dynamik erzeugen.
– Sehr schöne Motive ergeben sich hier in der Sportfotografie z.B. beim Kutschfahren, Springreiten, Military und hier speziell am Wassergraben.
– Der Fantasie sind in diesem Bereich keine Grenzen gesetzt!

Das Spiel mit der Zeit

Haben Sie gerade kein Zoomobjektiv und kein Stativ zur Hand? Auch kein Grund zum Kopfzerbrechen: Stellen Sie an Ihrer Kamera manuell eine sehr lange Zeit z.B. 1/60 Sekunde ein und experimentieren Sie mit gewollten Unschärfen. Dabei bitte mitziehen d.h. bleiben Sie ruhig und konzentriert stehen und bewegen Sie nur die Kamera mit dem Pferd mit. Sie können die Zeit auch noch z.B. auf 1/30 Sekunde verlängern und dann sehen, wie sich diese Vorgehensweise aufs Bild auswirkt. Je länger die Zeit, desto größer die gewollte Unschärfe.
Doch Vorsicht: Überbelichtungen passieren hier recht schnell, wenn die Blendenzahl nicht angepasst wird! Tasten Sie sich an das Verhalten Ihres Kamerasystems heran und notieren Sie sich bei Experimenten immer die eingestellten Werte, um die weiteren Versuche anpassen zu können.

Ein heikler Punkt: Reitaufnahmen

Ein Grundsatz gilt für jegliche Fotografie: Sie können nur das fotografieren, was Sie auch sehen und das vermittelt das erstellte Bild gnadenlos. Oft besitzt der Reiter, den Sie ablichten möchten weitaus weniger Kenntnisse vom Reiten, als er sich selbst wünscht. Befassen Sie sich also rechtzeitig mit den verschiedenen Bewegungsabläufen, die fotogen wirken, auch wenn der Reiter noch nicht das feine Reiten beherrscht.

Zur Schulung eine kleine Empfehlung: Beginnen Sie die ersten Reitaufnahmen auf einem Turnierplatz der gehobenen Klasse, am besten auf S-Niveau im Dressursport. Dort erhalten Sie oft Gelegenheit, erfahrene und feinfühlige Reiter im Einsatz zu erleben und können anschließend nach einiger Übung einen Blick dafür entwickeln, welche Hilfen sich aufs Pferd und die Bewegungsabläufe auswirken. Bedenken Sie bitte dabei, dass das Klicken Ihrer Kamera Reiter in Wettbewerben massiv stören kann und halten Sie den notwendigen „Sicherheitsabstand“ bitte ein.

Schulen Sie Ihr Auge für exakte Bewegungsabläufe und die Fehlerquellen, die steife und ungelenkige Pferde und Reiter verursachen. Ein netter Nebeneffekt: Sie lernen selbst dabei besser Reiten – falls Sie sich auch dafür begeistern können.

Überraschungen: „Geschenke des Himmels“

Wenn Pferde entspannt mitarbeiten erhalten die Akteure hinter der Kamera immer wieder Gelegenheiten, von denen sie vorher nicht einmal zu träumen wagten.

Pferde steigen auf Blickkontakt hin ins Wasser, Wälzen sich nacheinander exakt am gleichen Punkt oder bleiben einfach mal kurz wie ein Hund sitzen. Ebenso wie ein Mensch genießen manche Pferde das Spiel mit dem Objektiv und posieren regelrecht in allen Variationsmöglichkeiten. Richten Sie immer einen Blick auf Randbereiche und drehen Sie sich einmal um, wenn sie sich einem bestimmten Motiv mehrere Minuten gewidmet haben. Vielleicht entdecken Sie etwas, das viel schöner ist als die Szene vor Ihnen!

Kommentar verfassen