Ruhig liegt der Winterwald unter einer dicken Schneedecke, nur ein paar Krähen zanken sich in den Wipfeln. Angetan mit Hut und Lodenjacke schlendert der Förster durchs Unterholz, begleitet von seinem treuen Hund. Das erinnert Sie an … Forsthaus Falkenau? Richtig! Mit der Realität hat diese Romantik allerdings wenig zu tun.
Winterzeit ist Holzzeit
Für Waldarbeiter und Förster ist in der Zeit zwischen November und März Hochsaison. Jetzt werden Bäume gefällt und der Bestand gelichtet. „Würden wir das Holz im Sommer schlagen, wenn die Bäume im Saft stehen, würden wir zu viele Schäden anrichten. Die Baumrinde platzt dann leicht auf“, erklärt Dieter Dreher, Förster auf der Schwäbischen Alb. „Zudem ist das Holz im Sommer viel feuchter, was sich auch auf die Qualität auswirkt.“
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Als Förster ist Dieter Dreher für die Planung, Kooordination und Durchführung der Waldarbeiten zuständig. Gut tausend Hektar Wald stehen unter seiner Obhut. Im Vorfeld sichtet er den Baumbestand, markiert Bäume, die gefällt werden, und solche, die unbeschädigt stehen bleiben sollen. Dann erst darf gesägt werden. Für den Abtransport der Stämme werden alle vierzig Meter Rückegassen in den Wald geschlagen, die mit schwerem Gerät befahrbar sind. Damit die Maschinen das geschlagene Holz mit ihren Greifern erfassen können, müssen die Baumstämme zu den Rückegassen geschleppt werden. Dies geschieht entweder mit Seilschleppern, oder traditionell mit Rückepferden.
Rückepferde sind billiger und wendiger als Seilschlepper
Mit Romantik und Nostalgie hat die Entscheidung für die Rückepferde nichts zu tun. „Seilschlepper sind sehr teuer, sowohl in der Anschaffung, als auch im Betrieb“, so Dieter Dreher. „Das Pferd ist nicht nur billiger, sondern auch wendiger. Mit dem Pferd kommt man überall hin – das schont den Bestand, weil die stehengebliebenen Bäume nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Auch der Boden wird nicht verdichtet.“
Die Zusammenarbeit von Pferd und Maschine ist also nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch und besonders unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit interessant. Diese gewinnt auch in der Forstwirtschaft zunehmend an Bedeutung. Von Kahlschlägen mit späterer Neuaufforstung hält Dieter Dreher wenig.
„Das macht auf Dauer die Böden kaputt“, sagt er. „Hinzu kommt, dass wir hier auf der Schwäbischen Alb hauptsächlich Buchenbestand haben, und die Buche wächst am besten im Halbschatten. Auch hat sie einen schweren Samen, der nicht weit vom Wind getragen wird.“ Das bedeutet: Buchen wachsen nur in der Nähe von Buchen. Von einem Kahlschlag würde sich ein Buchenwald kaum erholen. Nachhaltige Forstwirtschaft bedeutet hier, dass der Wald oben ausgelichtet wird, während die neue Generation von Bäumen unten nachwächst.
Hü und Hott: Rückepferde müssen auf Zuruf reagieren
Der Einsatz von Rückepferden ermöglicht es, diesen nachwachsenden Bestand weitgehend unbehelligt zu lassen, auch wenn gelegentlich einer der vierbeinigen Waldarbeiter seine gute Erziehung vergisst, und einen Jungbaum anknabbert. Und eine gute Erziehung müssen die Rückepferde haben. „Wenn der mit dem Baumstamm einfach irgendwohin läuft, das möcht’ ich nicht erleben“, sagt Walter Gulde. Der 67-Jährige arbeitet seit über zwanzig Jahren als Holzrücker und dirigiert achthundertfünfzig Kilogramm Pferd und sechshundert Kilogramm Holz mit „Hü“, „Hott“ und einer dünnen Leine durch den Wald. Sein „Lukas“ bleibt auf Zuruf stehen, wendet und schlängelt sich mit dem Stamm im Schlepptau durch das Unterholz.
Auch die Familie Schönle arbeitet schon in der dritten Generation mit Rückepferden. Die Landwirte nutzen die Winterpause im heimischen Betrieb um im Wald zu arbeiten. „Das sind zwei Bereiche, die sich gut ergänzen“, so Otto Schönle. „Früher haben das viele Landwirte so gemacht. Heute sind wir eher die Ausnahme. Ich denke, dass die Waldarbeit in Zukunft noch viel mehr von Maschinen übernommen werden wird – ganz ausgedient hat das Rückepferd aber noch nicht.“