Hufrehe: vorbeugen, Symptome erkennen und behandeln

Was ist eine Hufrehe? Kurz gesagt: Eine Erkrankung der Verbindungsschicht zwischen Hornkapsel und Hufbein, also des Hufbeinträgers. Der Hufbeinträger besteht aus einer sehr hohen  Anzahl von Lamellen, die vergleichbar einem Klettverschluss ineinander einander greifen und somit eine äußerst belastbare aber dennoch dynamische Verbindung zwischen Hornkapsel und Hufbein ermöglichen.

Warum das Hufbein seinen Halt verliert

Bei einer Hufrehe löst sich diese Lamellenverbindung. Das Hufbein hat keinen festen Halt mehr und beginnt sich durch den Zug der tiefen Beugesehne im Huf zu drehen. Wenn dies passiert, spricht man von einer „Hufbeinrotation“. Ebenso kann es zu einer Absenkung des Hufbeins nach unten kommen. Durch beide Prozesse entstehen im Huf äußerst schmerzhafte Quetschungen und Blutungen. Wenn bei einer Hufrehe-Erkrankung nicht sofort reagiert wird, bedeutet es sehr oft, dass das Pferd eingeschläfert werden muss. Äußerlich sieht man eine Hufrehe noch nach Jahren an einer deutlichen Verbreiterung der weißen Linie.

Hauptauslöser: Fruktan im Weidegras kann nicht verdaut werden

Die meisten Reheschübe werden nach wie vor durch bestimmte Kohlenhydrate, also Zuckerverbindungen, hervorgerufen. Es gibt einfache Zucker (Glucose, Fructose, Galactose), die vom Pferd leicht im Dünndarm verdaut werden können. Problematisch wird es nur bei einer Art von Zucker, dem Fruktan. Fruktan kann vom Stoffwechsel des Pferdes nicht aufgeschlossen werden. Im Dickdarm vermehren sich unerwünschte Bakterien, es kommt zur Übersäuerung und die natürliche Darmflora wird geschädigt. Durch eine Aneinanderreihung von Stoffwechselvorgängen kommt es zur Hufrehe.

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Ergo: Jedes Pferd sollte möglichst wenig Fruktan zu sich nehmen. Doch wie kann der Besitzer darauf einwirken? Um zu erkennen, welches Gras welchen Fruktangehalt hat, muss man zunächst verstehen, was Fruktan eigentlich ist.

Wie entsteht zu viel Fruktan

Scheint am Himmel die Sonne, so nutzt die Pflanze deren Licht, um entweder zu wachsen oder die Energie in Form von Fruktan zu speichern. Gerade deshalb ist es wichtig, den Weidegang der Pferde zu kontrollieren und auf das aktuell herrschende Wetter abzustimmen.

Die folgende Tabelle von Dr.C.A. Bingold, 2002, gibt Anhaltspunkte, wann Rehegefahr besteht und wann nicht.

  • Hohe Sonneneinstrahlung, kühle Temperaturen, Nachtfrost
    Sehr hohe Energieproduktion und massive Speicherung von Fruktan, da kein entsprechendes Wachstum
    Sehr hohe Rehegefahr
  • Bedeckter Himmel
    Wenig Energieproduktion
    Geringe Rehegefahr
  • Warmes Wetter bedeckt und genügend Feuchtigkeit
    Wenig Energieproduktion, aber Wachstum und Abbau der Fruktanspeicher
    Abnehmende Rehegefahr

Bei längerem Weidegang empfiehlt sich für Rehe-gefährdete Pferde das Anbringen einer Fressbremse, also eines Weidemaulkorbs. Es versteht sich von selbst, dass alle Pferde im Frühjahr langsam angeweidet werden müssen, um neben Durchfall und Koliken auch Reheschübe zu vermeiden.

Andere Ursachen für Hufrehe: Stoffwechselstörungen, Trächtigkeit, Überbelastung,  Vergiftung und Medikamentenunverträglichkeit

Stoffwechselstörungen, die Auslöser für eine Hufrehe sein können, sind überwiegend EMS und Cushing. Das Kernmerkmal bei EMS ist Übergewicht, das mit einer abnormen Fettspeicherung einhergeht. Aufgrund der Überernährung der betroffenen Pferde kommt es in deren Körper zu einer Insulinresistenz. Das heißt, der Körper reagiert nicht mehr auf das Hormon Insulin, das eigentlich dazu da wäre, einen erhöhten Blutzuckerspiegel wieder abzusenken. Nun bedarf es nur noch eines kleinen Auslösers wie Stress oder eine Fütterung mit zu viel kohlehydratreichem Futter und schon bricht die Hufrehe –man spricht dann von einer Futterrehe – aus.

Ähnlich verhält es sich beim Cushing. Hier löst jedoch nicht eine Überfütterung die Verfettung und Insulinresistenz aus, sondern eine Erkrankung der Hirnanhangdrüse. Cushing trifft vor allem ältere Pferde ab 18 Jahren. Sie zeichnen sich besonders – auch im Hochsommer – durch ein dauerhaftes Winterfell aus. Diese Tiere sind ebenso anfällig für Hufrehe.

Bei der Belastungsrehe wird durch ständiges Stehen, beispielsweise nach einer Verletzung oder Fraktur, durch die das Pferd nicht mehr wie gewohnt alle Hufe be- und entlasten kann, weniger Blut durch die Gefäße gepumpt. So kommt es zur Unterversorgung der Hufe und der Hufbeinträger löst sich.

Gefährdet für eine Hufrehe-Erkrankung sind auch hochtragende oder laktierende Stuten. Eine Trächtigkeit verhindert keinesfalls Hufrehe, die aus den vorgenannten Gründen entsteht. Anders verhält es sich bei einer Geburtsrehe, die durch Verbleiben von Kleinstteilen der Nachgeburt in der Gebärmutter entsteht. Hierbei kommt es zu einer bakteriellen Zersetzung und der Aufnahme von Endotoxinen in die Blutbahn.

Bei einer Vergiftungsrehe laufen ähnlich Vorgänge wie bei der Futterrehe ab. Dabei geht die Gefahr aber von Giftpflanzen wie Wicken, Robinien, Rizinus und Eicheln sowie von Herbiziden, Fungiziden, Pestiziden und vor allem Schimmelpilzen aus, die häufig im Futter zu finden sind.

Medikamente, besonders Cortisonpräparate stehen unter Verdacht, können  die Ursache für eine Medikamenten-Rehe sein.

Erste-Hilfe-Maßnahmen bei akuter Hufrehe

Umgehend den Tierarzt verständigen. Die Hufe in einem Bach oder in Wassereimern kühlen. Falls das nicht möglich ist, einen Hufverband anlegen und bis zum Eintreffen des Tierarztes mit kaltem Wasser angießen. Das Pferd nicht unnötig bewegen und möglichst in eine großzügig eingestreute Box stellen. Liegende Pferde nicht auftreiben!

Rehe gefährdete Pferde rohfaserreich und kalorienarm füttern

Was die Fütterung von Rehepferden mit Kraftfutter angeht, sollte man den Erhaltungsbedarf der Tiere berechnen (lassen) und das Futter entsprechend anpassen. In den meisten Fällen bedeutet das, dass die Pferde abspecken müssen. Viele brauchen überhaupt kein Kraftfutter.

Als Faustregel kann jedoch gelten: Rohfaserreich und kalorienarm füttern. Heu, Stroh in  Verbindung mit einem Mineralfutter eignen sich daher bestens als Futter für Rehe-Patienten. Absolut verboten sind Getreide (Hafer, Gerste, Mais…), Weizenkleie, pelletiertes Kraftfutter, Müsli, Melasse, fetthaltige Futtermittel und Luzerneheu.

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