Gendefekt: PSSM

PSSM-Genträger leiden unter einer Störung ihres Zucker-Stoffwechsels: Es wird eine weit über dem Durchschnitt liegende Menge von Mehrfachzucker in die Skelettmuskulatur betroffener Pferde eingelagert. Das kann zu geringfügigen aber auch zu sehr schweren wiederholten Krankheitsschüben führen.

Leichte Bewegungsstörungen, die schon beim Fohlen auftreten können, sind meist das erste Anzeichen für die Erbkrankheit PSSM. Zunächst wird oft nur von einem vorübergehenden Kreuzverschlag ausgegangen, die Beschwerden lassen sich jedoch auch trotz verbesserter Umweltbedingungen nicht dauerhaft beheben.

Weitere charakteristische Symptome sind wiederholte Gangunregelmäßigkeiten, Muskelzittern, Schwitzen bereits bei geringer körperlicher Anstrengung, verminderte Leistungsfähigkeit, Trägheit, Leichtfuttrigkeit und Rückensteifigkeit. In schweren Fällen kann die PSSM bis zur vollständigen Bewegungsunfähigkeit mit Festliegen führen.

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Verbreitung und betroffene Rassen

Die Erbkrankheit PSSM hat sich über 140 bis 180 Pferdegenerationen bis heute insbesondere in den Westernpferderassen Quarter Horse, American Paint, Appaloosa und in ihren Kreuzungen verbreitet, aber auch in verschiedenen Kalt- und Warmblutrassen, im Morgan Horse, Mustang und Rocky Mountain Pferd, im Arabischen Vollblutpferd, Standardbred, Tennessee Walking Horse und beim Haflinger.

Wissenschaftler der Universität von Minnesota schätzen, dass allein im US Quarter Horse 6 bis 12 Prozent der Pferde PSSM-Einzelgenträger sind. Sie gehen davon aus, dass es heute unter den 3,24 Millionen Vertretern der Rasse bereits 273.000 bis 420.000 PSSM-Einzelgenträger gibt – eine unerwartet hohe Zahl. Im American Paint ergaben Studien eine geschätzte Verbreitung von circa 5 Prozent.

Vererbung

Die Erbkrankheit PSSM wird autosomal-dominant vererbt, das bedeutet, dass schon PSSM-Einzelgenträger mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von der Krankheit betroffen sein können. Besonders schwerwiegend und mit einer extrem hohen Wahrscheinlichkeit äußert sich die Krankheit, wenn sich der Gendefekt auf beiden Gen-Kopien befindet.

Für die Zucht bedeutet das: Einzelgenträger geben den Erbfehler mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent an die nachfolgende Fohlengeneration weiter – sind Stute und Hengst betroffen, sogar zu 75 Prozent und mit dem 25-prozentigen Risiko eines doppelten Gendefekts. Doppelgenträger vererben die Muskelkrankheit mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 Prozent.

Testmöglichkeiten

Vor der Verpaarung offensichtlich oder möglicherweise betroffener Pferde ist ein Gentest deshalb unbedingt notwendig. Der PSSM-Gentest untersucht das Vorliegen der Genveränderung GSY 1 (Glykogen Synthese 1), die vor ca. 1200 bis 1500 Jahren von nur einem Pferd ausgegangen ist. Laut einer Studie der US Universität von Minnesota (2007) gilt die Genveränderung als sicherer Indikator auch für die Veranlagung zu PSSM, da alle in der Studie untersuchten Genträger für GSY 1 zugleich an PSSM erkrankt waren.

Der Gentest anhand weniger Haarwurzeln wird seit 2008 von der Universität von Minnesota und in Deutschland von Laboklin angeboten. Durch den Gentest ist es nicht nur möglich, Genträger unter den Zuchtpferden schon vor ihrem Einsatz aufzudecken, sondern die Krankheit selbst vor ihrem möglichen Ausbruch zu erkennen. Anzahl und Ausmaß der Krankheitsschübe können dann durch vorbeugende Haltungsmaßnahmen zumindest reduziert werden.

Allerdings kann der Test die Genträger nicht mit vollständiger Sicherheit identifizieren, denn nur 90 Prozent der von PSSM betroffenen Pferde tragen auch das Gen GYS 1 und gehören damit zum weit verbreiteten PSSM Typ1. Die restlichen 10 Prozent fallen unter den PSSM Typ2 – das heißt, sie sind GYS 1-Nichtträger und damit nicht über den klassischen GYS 1-Test, sondern nur über eine Muskelbiopsie identifizierbar.

Da bei wenigen Pferden die PSSM-Erkrankung durch den Gendefekt EMH (Equine Maligne Hyperthermie) zusätzlich erschwert werden kann, ist es zudem ratsam, neben dem PSSM-Test auch einen EMH-Test durchführen zu lassen, um Doppelgenträger für beide Erkrankungen aufzudecken. EMH ist eine heute eher seltene, akute Muskelerkrankung, die sich bei vielen Tierarten und auch beim Menschen findet und durch eine stark erhöhte Kalzium-Stoffwechselreaktion gekennzeichnet ist. Sie wird nur durch sogenannte Trigger, zum Beispiel durch Narkosemittel (u.a. Halothan), ausgelöst und ist dann lebensbedrohlich. Wie PSSM folgt EMH einem dominanten Erbgang.

Haltung

Für PSSM und auch für EMH gibt es keine Heilung. Die PSSM-Genträger sind für Reitzwecke zudem nur noch bedingt einsetzbar. Betroffenen Pferdehaltern kann bisher nur empfohlen werden, Anzahl und Ausmaß wiederkehrender Krankheitsschübe über geeignete Haltungsmaßnahmen zu reduzieren. Vor allem benötigen PSSM-Pferde lebenslang eine speziell angepasste Futterdiät.

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