Seit im 18. Jahrhundert erstmals Impfungen gegen Pocken vorgenommen wurden, hat sich die Technik und Herstellung von Impfstoffen laufend verbessert. Es gibt es zwei verschiedene Arten der Immunisierung: Die aktive und die passive. Bei der aktiven Immunisierung wird der Körper angeregt, selbst Antikörper gegen eine bestimmte Krankheit zu bilden. Bei einer passiven Immunisierung bekommt das Pferd ein Serum, in dem sich körperfremde Antikörper gegen die jeweilige Krankheit befinden, gespritzt. Der Impfstoff schützt daher nur unmittelbar nach Verabreichung. Diese körperfremden Antikörper baut der Organismus wieder ab, so besteht kein längerfristiger Schutz.
Die meisten Impfungen sind allerdings aktive Immunisierungen, da sie einen aktiven, prophylaktischen Schutz gegen gefährliche Krankheiten geben sollen. Dazu wird dem Tier entweder ein Lebend- oder ein Totimpfstoff injiziert. Durch diesen „Erstkontakt“ mit dem Erreger produziert das Immunsystem Antikörper und speichert diese in seinen „Gedächtniszellen“, so kann es beim nächsten Erregerkontakt schnell reagieren. Der Lebendimpfstoff enthält abgeschwächte Erreger der Krankheit, die zwar nicht stark genug sind, um die Erkrankung auszulösen, aber dennoch eine Immunantwort provozieren. Totimpfstoffe hingegen enthalten abgetötete Erreger oder nur deren Gift, die das Immunsystem ebenfalls zur Antikörperproduktion anregen, sich aber dabei nicht mehr vermehren können. Deshalb werden Totimpfstoffe meist besser vertragen als Lebendimpfstoffe, letztere wirken aber dafür länger.
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Die Gefahr von möglichen Impfschäden ist auch im 21. Jahrhundert noch nicht gebannt. Die allgemein vorherrschende Meinung unter Medizinern ist allerdings, dass der Schaden, den ein Pferd durch ein Krankheits-Virus erleidet, höher ist als jener, der vom Impfstoff ausgeht. Insbesondere die neuen Impfstoffe haben immer weniger Nebenwirkungen.
Diese Impfungen gibt es für Pferde
Grundsätzlich gibt es sogenannte Core-Impfungen für Pferde, also die von der ständigen Impfkommission vorgeschriebene „Pflicht-Impfungen“. Diese sind: Influenza, Herpes und Tetanus.
Tetanus (Wundstarrkrampf):
Durch kleine Verletzungen gelangen Bakteriensporen in die Wunde, bei anaeroben Bedingungen vermehren sie sich und bilden dann Tetanustoxine. Es kommt zu einem unkontrollierbaren Krampf der kompletten Skelettmuskulatur. Das Pferd leidet stark und wird aller Wahrscheinlichkeit nach sterben. Die Tetanusimpfung ist sehr günstig und muss nur alle fünf Jahre aufgefrischt werden. Grundimmunisierung: Zwei Spritzen im Abstand von 6 bis 8 Wochen, die dritte nach einem Jahr. Auffrischung alle 5 Jahre.
Influenza (Pferdegrippe):
Der Übertragungsweg ist eine Tröpfcheninfektion mit Influenzaviren, Symptome sind: Husten, Fieber und Appetitlosigkeit. Wegen einer guten Durchimpfung des deutschen Pferdebestands kommt die Krankheit selten vor. Von der FN und anderen Reitverbänden ist eine Impfung für alle Turnierpferde verbindlich vorgeschrieben. Grundimmunisierung: Zwei Spritzen im Abstand von 6 bis 8 Wochen. Dritte Impfung nach 5-7 Monaten. Auffrischung alle 6 Monate.
Equine Herpesvirusinfektionen (Herpes):
Es gibt insgesamt acht Herpesviren. EHV 1 bis 4 kommen beim Pferd vor, EHV 5 bis 8 nur beim Esel. Die gefährlichsten Herpes-Typen sind EHV 1 (lösen ein Verfohlen der tragenden Stute aus) und EHV 4 (es kommt zu Erkrankungen der Atemwege und schweren Störungen im Bewegungsapparat). Für beide gibt es Impfstoffe. Eine Impfung ist von der FN für Turnierpferde nicht vorgeschrieben aber erwünscht. Grundimmunisierung: Zwei Spritzen im Abstand von 3 bis 4 Wochen. Auffrischung alle 6 Monate.
Weitere Impfungen, die sogenannten Non-Core-Impfungen sind Wahl-Impfungen, die nur für bestimmte Pferde Sinn machen, zum Beispiel dann, wenn sie aus einem Risikogebiet stammen. Diese sind:
Tollwut
Seit 2008 ist Deutschland offiziell frei von Tollwut, daher ist diese Impfung in den Hintergrund gerückt.
Druse
Die seuchenartige, ansteckende bakterielle Erkrankung der oberen Atemwege zeigt sich durch eine hochgradig schleimig-eitrige Nasen-Rachen-Entzündung mit einhergehender Schwellung der Kehlgangs- und der Luftsacklymphknoten. Es gibt einen Impfstoff, dieser ist jedoch noch nicht ausgereift und wird wegen möglicher Nebenwirkungen nur im Notfall empfohlen.
West-Nil-Virus
Die Viruserkrankung ist in Afrika, im Mittleren Osten und Nordamerika verbreitet. Die Erkrankung ruft irreversible neurologische Schäden hervor. Die natürlichen Wirte sind Vögel. Durch Zugvögel gelangte das Virus so vereinzelt nach Südosteuropa. Das Virus wird letztendlich von Mücken auf Pferde übertragen. Es gibt einen Totimpfstoff, der jedoch von der ständigen Impfkommission nur für Pferde empfohlen wird, die in Endemiegebiete reisen.
Equine Virale Arteritis (EVA)
Die Erreger der Viruserkrankung werden durch Tröpfcheninfektion übertragen. Es entstehen grippeähnliche Symptome. Auch im Sperma infizierter Hengste lassen sich die Erreger nachweisen und werden damit weitergegeben. Bei trächtigen Stuten kann es dann zu Fehlgeburten kommen. Eine Impfung bei gefährdeten Zuchtpferden ist sinnvoll.
Pilzinfektion
Pilzinfektionen zeigen sich mit Hautschwellungen, grau-gelblichen Krusten, bis hin zu kreisrunden haarlosen Stellen im Fell. Die Pferde fallen oftmals durch ein schlechtes Allgemeinbefinden mit Müdigkeit und angelaufenen Gliedmaßen auf. Meist helfen
Waschungen (z.B. mit Imaverol) oder eine lokale Salbenbehandlung. Eine Pilzimpfung beschleunigt die Abheilung und bietet gleichzeitig Immunschutz für ein Jahr.
Was spricht für und was gegen das Impfen?
Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten. Wie man im Einzelfall mit seinem eigenen Pferd verfahren sollte, muss immer individuell entschieden werden. Dabei spielt die Haltung des Tieres eine große Rolle – denn ein Turnierpferd wird immer unter höherem Infektionsdruck stehen als ein Pferd im Offenstall, das zeitlebens nur mit einem einzigen Kumpel in Kontakt kommt.
Impfgegner argumentieren meist, dass viele Krankheiten bei uns sehr selten auftauchen und zudem die Impfung ja die eigentliche Immunisierung durch die Krankheit ersetzen soll. Somit wäre auch nur eine einzige Immunisierung nötig, um einen entsprechenden Schutz aufzubauen. Alles andere – also die ständige Wiederholungsimpfung – sei Geldmacherei auf Kosten der Tiergesundheit.
Impfbefürworter hingegen sagen, die abgeschwächten Erreger würden nicht dazu taugen, das Immunsystem und seine Gedächtniszellen auf Dauer aktiv zu halten. Sicher ist: Impfungen haben im Human- und Tierbereich dazu beigetragen, dass zahlreiche, manchmal tödliche Krankheiten komplett „ausgerottet“ und andere zumindest eingedämmt wurden.