Travers und Traversale – wie geht das?

Die erste, relativ primitive Seitwärtsbewegung, die wir dem grünen oder untrainierten Pferd abverlangen, ist das Schenkelweichen, bei dem es einfach vorwärts-seitwärts bewegt wird, ohne dass eine Biegung von ihm verlangt wird. Viele Reiter führen das so herbei, dass sie den äußeren Zügel mehr annehmen (außen in Bezug auf die Bewegungsrichtung des Pferdes). Wenn Sie also wollen, dass Ihr Pferd nach rechts vorwärts-seitwärts tritt, nehmen Sie den linken Zügel an und geben mit dem linken Bein Schenkeldruck.

Das Pferd lernt auf diese Weise durchaus, zu verstehen, was es im Prinzip tun soll. Das Annehmen des äußeren Zügels hilft ihm, zu verstehen, dass es dem Schenkeldruck weichen soll. Sehr weit kommt man allerdings nicht mit dieser Übung. Was dabei passiert, ist mehr ein Fliehen vor dem Bein des Reiters als sonst etwas, eine wirkliche Kontrolle über das Pferd, ein An-die-Hilfen-Stellen ist das nicht. Ob man Reining, Trail oder Western Riding machen will – in jedem Fall braucht man ein Pferd, das an den Hilfen steht, wie der deutsche Dressurreiter sagt. Der Westernreiter redet lieber von Kontrolle – Schulterkontrolle, Hinterhandkontrolle, vertikale Kontrolle –, aber im Prinzip ist es dasselbe; um diese Kontrolle ausüben zu können, muss das Pferd an den Hilfen stehen.

Nur bei der Traversalbewegung schult man sein Pferd so, dass es insgesamt an die Hilfen kommt, weil sie ohne vertikale Kontrolle, ohne Hinterhand- und Schulterkontrolle nicht korrekt auszuführen ist. Während das im vorangehenden Artikel besprochene Schulterherein im englischen Sprachgebrauch als „shoulder-in“ bezeichnet wird, nennt man den Travers „haunches-in“, also „Hinterhand-herein“ bzw. „Kruppe-herein“, oder auch „two-tracking“.

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Wie sieht die Traversalbewegung aus?

Angenommen, das Pferd läuft in der Bahn auf der rechten Hand, also im Uhrzeigersinn. Der äußere Schenkel, in diesem Fall also der linke, wird hinten angelegt, der innere, also der rechte, vorn am Gurt. Der deutsche Dressurreiter würde dem Pferd mit dem inneren (rechten) Zügel eine „Stellung“ nach rechts geben; der Westernreiter ist gut beraten, wenn er mit beiden Zügeln gleich viel oder wenig Kontakt hält und sich auf die Einwirkung seiner Beine verlässt, schließlich muss er ultimativ sein Pferd mit einer Hand gesteuert bekommen und hat dann den Luxus nicht mehr, den inneren vermehrt annehmen zu können. Diese Hilfengebung – vorn die Begrenzung durch die verhaltene Zügelhand, Anlegen des verwahrenden äußeren Beines hinten, Vorwärtstreiben durch das innere Bein vorn – bringt die Kruppe des Pferdes nach innen (nach rechts), während die Vorhand auf dem Hufschlag bleibt. Das Pferd läuft wieder auf drei oder vier Hufschlägen, je nach dem, wie stark die Hinterhand nach innen gebracht wird.

Im Unterschied zum Schulterherein, wo das Pferd über die äußere Schulter geht und in Bezug auf seine Bewegungsrichtung nach außen gebogen ist, macht es sich beim Travers innen hohl, ist also in die Bewegungsrichtung gebogen. Dies fällt dem Pferd deutlich schwerer und setzt ein höheres Maß an dressurmäßiger Ausbildung, Gymnastizierung und Gehorsam gegenüber den Hilfen voraus.

Diese Travers-Bewegung kann nur korrekt ausgeführt werden, wenn sowohl die Kontrolle über die Hinterhand wie auch die über die Schultern gegeben ist. Wer gewohnt ist, eine Vorwärts-Seitwärtsbewegung durch äußeren Zügelzug zu erreichen, kann keinen korrekten Travers reiten, sondern sein Pferd wird immer mehr oder weniger nach außen gestellt bleiben. Das ist aber nicht das, was uns beim weiterführenden Reiten hilft, ob es nun Reining, Trail oder etwas anderes sein soll.

Die Bedeutung der Schulterkontrolle

Beispiel: Ein Reining-Reiter in der Mitte der Bahn. Angaloppieren auf der linken Hand ist angesagt. Der Reiter legt den äußeren Schenkel an (den rechten also), weil er sein Pferd immer so angaloppiert. Das Pferd hat aber einen schlechten Tag, oder es ist etwas müde. Kurz, es möchte nicht. Anstatt im Linksgalopp anzuspringen, drängelt es nur nach links, weg vom rechten Bein des Reiters. Nachdem es mehrere Meter nach links gegangen und immer noch im Schritt ist und sich dem Zirkelmittelpunkt schon in peinlicher Weise nähert, entscheidet der Reiter sich für drastischere Maßnahmen und überfällt es mit eher groben Hilfen und bringt es so zum Angaloppieren – wobei er weitgehend die Kontrolle darüber aufgeben musste, ob es im Linksgalopp oder Rechtsgalopp angaloppiert.

Was er nötigt gehabt hätte, wäre die Schulterkontrolle gewesen. Damit hätte er dem Drängen des Pferdes nach links Einhalt gebieten und dem Tier eine Biegung nach links geben können, und damit hätte er erreichen können, dass das Pferd a) sicher im Linksgalopp angesprungen wäre und b) dass es nicht dabei in den Zirkel gedrängt hätte, sondern geradeaus auf die Richter zu galoppiert wäre – das ist genau die Kontrolle, die durch die Travers-Übung erreicht und etabliert wird.

Ein anderes Beispiel wäre der Galoppwechsel bei X – wenn ein Pferd den vorwegnehmen will, weil es schon öfter in der Prüfung bei X gewechselt wurde, dann drängt es mit der Schulter über X hinaus in den neuen Zirkel. Wenn es also die drei Zirkel auf der rechten Hand absolviert hat und sich X nähert, wird es über die linke Schulter in den linken Zirkel drängen. Zweierlei kann passieren: Es kann so leicht zu früh wechseln, was einen Penalty-Punkt kostet, oder selbst wenn es nicht zu früh wechselt, kann es in der Situation und Position leicht passieren, dass es vorn wechselt und hinten nicht, also im Kreuzgalopp in den neuen Zirkel läuft, was leicht noch teurer zu stehen kommen kann. Je besser das Pferd an den Hilfen steht, je besser seine Schulterkontrolle etabliert ist, desto besser können solche Situationen gemeistert werden.

Dieses sind nur zwei Beispiele dafür, wie uns die Kontrolle nützlich sein kann, die wir durch die Travers-Übung aufbauen. Es gibt viele mehr, und eigentlich gibt es kaum einen Bereich beim Reiten, wo sich das nicht bezahlt macht.

Mögliche Fehler

Zu den Fehlern, die meistens beim Reiten von Traversalen gemacht werden, gehört neben dem zu starken Annehmen des äußeren Zügels eine Fixierung auf den äußeren Schenkel bzw. eine Vernachlässigung des inneren Schenkels, was in einem mangelnden Verständnis der Übung resp. der Hilfengebung dafür begründet ist.
Der äußere Schenkel hat normalerweise nichts zu tun, er liegt verwahrend an. Zu Beginn deutet er dem Pferd an, dass es die Hinterhand nach innen bewegen soll; ist das erst einmal geschehen, hält er nur weichen Kontakt. Wenn es jetzt nicht so richtig klappen will, liegt es daran, dass entweder die Hände keine Barriere darstellen oder dass der innere Schenkel „nicht durchkommt“ (also entweder nicht eingesetzt wird oder vom Pferd mehr oder weniger ignoriert wird) – oder beides ist der Fall.

In dem Maße, wie der innere Schenkeldruck akzeptiert und befolgt wird, wie sich also das Pferd innen hohl macht, sich in die Bewegungsrichtung biegt, hat der äußere Schenkel keine Mühe und kann passiv bleiben. Er sollte passiv bleiben können, denn nichts ärgert die Pferde so sehr und provoziert Schweifschlagen, Schweifdrehen und angelegte Ohren so sehr wie ein in Richtung Flanke bohrender Sporn!

Ein weiterer Fehler, der gern gemacht wird, ist ein falscher Sitz. Das heißt, die Reiter gehen gern mit dem Kopf und mit dem Oberkörper in die Richtung, in die sie ihr Pferd bewegen und biegen möchten, ohne sich darüber klar zu sein, dass das kontraproduktiv ist. Am besten bleibt man gerade und mittig möglichst symmetrisch „im Pferd“ sitzen, denn nur dann ist eine optimale Einwirkung möglich.

Wird die Traversale richtig ausgeführt, kommt das Pferd dabei in eine Biegung, die vom Kopf bis zum Schweif geht, und zwar in die Bewegungsrichtung. Hat das Pferd dies im Schritt verinnerlicht, kann der Travers im Trab geübt werden und schließlich in der Trab-Traversale diagonal durch die Bahn, ohne die Anlehnung an der Bande, die am Anfang sehr helfen kann. Ist man dann so weit, diese Traversale diagonal durch die Bahn auch im Galopp reiten zu können, hat man das „Instrumentarium“, um z. B. Galoppwechsel zu üben oder diese korrigieren zu können.

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