Springdistanzen: Worauf kommt es beim Absprung an?

Brauner im Sprung ber OxerOhne Dressurgrundlagen, funktioniert es auch im Springparcours niemals so mühlelos wie oben beschrieben. Die dressurmäßige Grundausbildung des Springpferdes ist die Grundlage, um einen kompletten Springparcours harmonisch und flüssig bewältigen zu können. Klingt logisch, oder? Denn wie soll das Pferd die richtige Linie zwischen den Hindernissen finden, wenn es schon im Dressurviereck nicht durchlässig auf die Reiterhilfen hört? Im Parcours geht es ja nicht „nur“ geradeaus von Sprung zu Sprung, sondern es werden große und kleine Wendungen auf beiden Händen geritten. Dafür muss das Pferd also gut an den Hilfen stehen und prompt reagieren.

Die meisten denken, dass es beim Springreiten am schwersten ist, ohne Fehler über die einzelnen Sprünge zu kommen. Das stimmt einerseits. Aber eine noch größere Herausforderung ist es, die Abfolge der verschiedenen Hindernisse im Parcours hintereinander mit seinem Pferd fehlerfrei und harmonisch zu bewältigen. Die Abstände zwischen den Sprüngen sind in jedem Parcours unterschiedlich lang. Beim Springunterricht für Parcours-Neulinge muss man sich um die Abstände noch nicht kümmern, da der Ausbilder darauf achtet, die Abmessungen passend für Reiter und Pferd aufzubauen. Erfahrene Springpferde suchen sich außerdem oft selbst den richtigen Absprungpunkt und nehmen ihren Reiter einfach mit über den Sprung. Der Abstand bei Sprungreihen auf gerader Linie richtet sich nicht nur nach der Zahl der vorgegebenen Galoppsprünge, sondern auch nach der Hindernisart (Steilsprung oder Oxer). Für Ponys oder Pferde mit eher wenig raumgreifender Galoppade müssen die Abmessungen im Training entsprechend verkürzt werden. In vielen Parcours ist die Zahl der Galoppsprünge zwischen zwei Hindernissen vorgegeben.

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Wenn zwischen zwei Sprüngen drei bis sechs Galoppsprünge vorgesehen sind, sind dies sogenannte Distanzen.

Zum Merken: Distanzen und Galoppsprünge zwischen Hinderniskombinationen

drei Galoppsprünge: 14 bis 15 Meter
vier Galoppsprünge: 17,50 bis 18,50 Meter
fünf Galoppsprünge: 21 bis 22 Meter
sechs Galoppsprünge: 24,50 bis 25,50 Meter
(für Ponys einen halben bis einen Meter weniger)

Wer sein Gefühl für das richtige Grundtempo und den richtigen Rhythmus schulen möchte, übt am besten das Reiten von Distanzen, um sich langsam mit den wichtigsten Abmessungen in einem Springparcours vertraut zu machen. Noch etwas schwieriger, als Hindernisse auf einer geraden Linie anzureiten, ist das Anreiten aus einer Wendung. 
Muss man vor einem bestimmten Sprung eine Wendung reiten, dann ist es wichtig, sich vorher den richtigen Punkt zum Abwenden auf das neue Hindernis zu merken. Und dabei ist bei versetzt stehenden Hindernissen nicht immer der kürzeste Weg der beste. Man sollte besser einen Bogen reiten, um den Sprung wirklich korrekt anzureiten. Dieser Bogen sollte so groß gewählt sein, dass man ihn im gewählten Grundtempo flüssig und rhythmisch reiten kann. Selbstverständlich muss das Pferd dabei immer im Handgalopp galoppieren, also bei einem Linksbogen im Linksgalopp. Kommt dann im Verlauf des Parcours ein Handwechsel, wechselt das Pferd oft direkt nach dem Sprung beim Auffußen in den „neuen“ richtigen Galopp. Der Reiter hilft dabei, in dem er schon in die neue Richtung schaut und den neuen inneren Bügel etwas austritt. Wichtig ist ein fleißiges, rhythmisches Grundtempo – also nicht zu verhalten und auch nicht übereilt.

Es macht einen guten Springreiter aus, dass er sein Pferd während der letzten Galoppsprünge vor dem Hindernis unterstützen kann, bzw. seine Galoppade so zu regulieren, dass das Pferd in die richtige und gleichzeitig günstigste Absprungdistanz kommt. Denn nur so kann der Sprung gut und fehlerfrei gelingen. Der Reiter muss also sehr schnell einschätzen können, während er sich mit seinem Pferd dem nächsten Hindernis annähert und dabei Tempo und Rhythmus beibehält, in welchem Absprungbereich das Pferd sich hineinbewegen wird. Dazu braucht man keine hellseherischen Fähigkeiten, sondern viel Erfahrung und Überblick im Parcours. Am besten klappt das, wenn man den höchsten Punkt des Hindernisses anvisiert. Denn schaut der Reiter stattdessen nach unten auf die Grundlinie, verzerrt sich der Absprungpunkt optisch für ihn, und es fällt ihm schwer, das Pferd optimal an das Hindernis heranzureiten. Also niemals herunterschauen, denn dadurch werden die Vorwärtsbewegung und die Weitsicht gestört! Ausnahme ist die Triplebarre (ein Hoch-Weit-Hindernis), bei der Reiter die mittlere Stange fixieren sollten.

Das Pferd kann im Galopp den Sprung nur in dem Moment einleiten, in dem es sich nach der Einbeinstütze vorne, mit dem inneren Vorderbein vom Boden abstößt. Aufgabe des Reiters ist es also, die Galoppsprünge des Pferdes durch Sitz und Einwirkung so zu unterstützen, dass der Galoppsprung dort endet, wo der Punkt des gewünschten Absprungs liegt. Ganz wichtig: Nicht zu spät mit dieser Einwirkung beginnen, denn der Reiter sollte damit schon beim vorletzten Galoppsprung fertig sein, damit das Pferd ganz ungestört beim letzten Galoppsprung die volle Sprungkraft für den Absprung sammeln kann. Sieht der Reiter, dass das Anreiten zum Sprung „passend ausgeht“, sollte er Rhythmus und Galoppsprunggröße nicht verändern. Sieht er, dass es mit der Absprungdistanz nicht gut hinkommen wird, muss er rechtzeitig versuchen durch Verlängern oder Verkürzen der Galoppsprünge, die Situation beim Absprung zu verbessern. Das Zählen der Galoppsprünge zwischen den Hindernissen ist eine hilfreiche Übung, um den Galopprhythmus zu halten. Auch das Einlegen von Bodenricks in passenden Abständen schult das Gefühl für die Anzahl der zu reitenden Galoppsprünge. Für Reitanfänger steht die Absprungdistanz erstmals nicht so im Vordergrund. Hier sind der Weg, das Tempo, der Rhythmus und der ausbalancierte Sitz in den Anfängen des Springens viel wichtiger als die ideale Absprungdistanz.

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