Reining – Alles über die beliebteste Westerndisziplin!

Michael Saupe und Appaloosa Hengst Ima Sioux Olena in Besitz von Sandra Gottwald beim Fotoshooting für den Westernmode-Hersteller JoeSiEs lässt sich kaum bestreiten, dass keine Disziplin im Westernreiten in den letzten Jahrzehnten einen so kometenhaften Aufstieg erleben durfte wie Reining. Die höchsten Preisgelder mag es nach wie vor im Cutting geben, aber Cutting ist zu speziell und erfordert einen zu großen Aufwand, um von breiten Massen betrieben zu werden. Ein gutes Cutting-Pferd begeistert sicherlich die Zuschauer und die Teilnehmer sowieso –, aber zu wenige können diesem Sport frönen, als dass er zu einem dominierenden Faktor im Reitsport werden könnte

Reining hat da ein paar Vorteile auf seiner Seite: Man braucht eigentlich nur ein halbwegs kooperatives Pferd, reiterliche Fähigkeiten, Sattel, Zaumzeug und „Plan“ – wissen, was verlangt wird, was mit Minuspunkten bestraft wird. Das ist überschaubar und von den meisten Reitern realisierbar. Dazu gibt es so ziemlich für jedes Niveau die passende Klasse, vom Einsteiger bis zum Weltklasse-Profi: Greener than Grass, Green Reiner – und was früher Limited Non-Pro, Intermediate Non-Pro, Non-Pro; Limited Open, Intermediate Open und Open war, wurde neu strukturiert. Jetzt gibt es die Levels 1-4 in Open und in Amateur, wobei 4 der höchste Level ist.

Damit erschöpft sich natürlich nicht, was Reining zu einem so populären Sport gemacht hat. Und diese weltweite Popularität ist es letztlich auch, die es der FEI relativ leicht gemacht hat, Reining als Reitsport-Disziplin anzuerkennen. Populär ist Reining, weil sich viele damit identifizieren können, weil es nachvollziehbare Regeln hat, weil es die Essenz des Westernpferdes verkörpert: ein dynamisches, mit leichten Bewegungen der Finger nur einer Zügelhand zu lenkendes Pferd. Und dann sind da Manöver wie vor allem Sliding Stop und Spin, welche den Neuling beeindrucken und den Kenner einfach begeistern können.

To rein a horse

Der Paragraph „A. General“ des NRHA-Handbuches ist der wichtigste und legt grundsätzlich alles fest, wie ein Reining-Pferd beurteilt werden soll:

„Ein Pferd zu „reinen“ bedeutet nicht nur, es zu lenken, sondern auch, jede seiner Bewegungen zu kontrollieren. Ein gutes Reining-Pferd soll sich willig führen lassen und mit wenig oder ohne sichtbaren Widerstand zu kontrollieren sein. Es muss dem Reiter völlig gehorchen. Jede eigenmächtige Bewegung muss als mangelhafte Kontrolle ausgelegt werden. 
Alle Abweichungen von der exakt vorgeschriebenen Aufgabe bedeuten ein Fehlen oder einen vorübergehenden Verlust von Kontrolle und sind deshalb Fehler, die abhängig von der Schwere des Fehlers bestraft werden müssen. Neben dem Abzug von Strafpunkten … sollen Weichheit, Feinheit, Einstellung, Flinkheit und Autorität in der Ausführung der verschiedenen Manöver belohnt werden, wobei kontrollierte Geschwindigkeit den Schwierigkeitsgrad erhöht, wodurch es für die Zuschauer aufregender und schöner anzuschauen ist.“

Richtig interpretiert, bedeutet dies, dass Kontrolle (= Korrektheit in der Ausführung) vor Geschwindigkeit (= höherer Schwierigkeitsgrad) rangiert. Erst wenn die Korrektheit gegeben ist, kann für einen erhöhten Schwierigkeitsgrad Plus gegeben werden. Geschwindigkeit allein kann zweifellos aufregend sein, aber erst wenn dabei die Kontrolle vorhanden ist, ist das Ganze „schön anzuschauen“, also „pleasing to watch“. Das gerät leider bei den oft gebotenen „Power Reinings“ leicht in Vergessenheit. Viele Reiter reiten Reinings wie eine Attacke, sie arbeiten und kämpfen – das steht im Gegensatz zu den im A. General geforderten Attributen wie Weichheit, Feinheit … schön anzuschauen!

Wenn ein Pferd das Maul aufmacht – egal ob beim Stop oder auf dem Zirkel oder wo immer – ist dann noch das „Sich-willig-führen-Lassen“ gegeben? Natürlich nicht. Vielmehr wurde ein Zügelzug ausgeübt, der nicht nötig gewesen wäre, hätte das Pferd sich willig führen lassen…

Im Grunde haben wir es mit Richtlinien zu tun, die von alters her überall im Reitsport gelten, besonders aber in der Dressur: Eine möglichst unsichtbare Hilfengebung ist anzustreben. Ein mit seinem Reiter im Einklang stehendes Pferd bedarf keiner deutlichen, gar groben Hilfengebung, es arbeitet und funktioniert wie von selbst.

Bewertung der Manöver

Der schönste und auch der spektakulärste Ritt mag dennoch nicht der Siegesritt werden. Dazu gehört auch, dass Pferd und Reiter keine Fehler machen. Es gibt vom Regelwerk vorgeschriebene Strafpunkte, welche die Richter anwenden müssen. Wenn zum Beispiel ein Pferd so toll dreht, dass die Tribüne tobt, aber nach dem letzten Spin nicht auf den Punkt zu stehen kommt, muss ein halber oder ganzer Strafpunkt abgezogen werden, je nach Schwere des Vergehens.

Jeder hat ein Punktekonto von 70, wenn er die Arena betritt, und könnte mit wesentlich mehr Punkten die Bahn verlassen, wenn er in den Manövern plussen kann; aber wenn er sie wieder mir 70 verlässt, heißt das nicht unbedingt, dass sein Pferd nur durchschnittlich war – es kann begeisternd gut gewesen sein, wenn jedoch Strafpunkte verursacht wurden, kommt am Ende vielleicht doch nicht mehr heraus.

Im Reining gibt es 10 verschiedene Patterns (Aufgaben), die aus einer unterschiedlichen Aneinanderreihung von immer denselben Manövern bestehen: Drei Galoppzirkel auf jeder Hand, davon zwei große, schnelle und ein kleiner, langsamer, fliegende Galoppwechsel in jede Richtung als Teil der Zirkelmanöver, vier Spins rechts- und linksherum, Galoppgerade mit Sliding Stops und Rollbacks, Backup und gegebenenfalls eine Galopp-Acht (figure eight). Diese Aufgaben werden auswendig geritten, und jede Abweichung bedingt eine Null-Score. Eingebaut werden sogenannte hesitates (Verharren), bei denen das Pferd zeigen muss, dass es trotz eines vorangegangenen schnellen Manövers ruhig stehen bleiben kann.

Reining ist auch ein Sport der schnellen und schönen Pferde! Viel hat sich in den letzten Jahren in der Zucht von Reining Horses getan, und die Pferde sind talentierter, bewegen sich besser und sehen schöner aus als je zuvor. Ein Sport, der viel zu bieten hat und jedem ein befriedigendes Betätigungsfeld eröffnet.

Die Reining Manöver

SLIDING STOP
Als Sliding Stop bezeichnet man die Phase, in der das Pferd aus dem Galopp angehalten wird, indem es die Hinterbeine weit unter seinen Körper bringt, in dieser Position verharrt und auf den Hufen der Hinterbeine bis zum Stillstand rutscht. Dabei soll das Pferd den Stop mit rundem Rücken und locker weiterlaufenden Vorderbeinen ausführen. Der ganze Sliding Stop soll möglichst in exakt gerader Linie ausgeführt werden

SPIN
Spins sind eine Abfolge von 360-Grad-Drehungen, ausgeführt um die stationäre Hinterhand. Die Vorderbeine sollen gleichmäßig rhythmisch um die Hinterhand laufen, so dass das Pferd bei dem Manöver flach bleibt und nicht springt

ROLLBACK
Der Rollback ist eine 180-Grad-Umkehrbewegung (Wendung) aus der Vorwärtsbewegung nach Beendigung eines Sliding Stops, wobei das Pferd über die Hinterbeine in die entgegengesetzte Richtung gewendet wird und in einer durchgehenden Bewegung sofort im Galopp weiterläuft. Der Rollback ist ohne Verharren nach dem Stop auszuführen, und das Pferd soll vor dem Rollback weder vor- noch zurücktreten

ZIRKEL
Zirkel sind Elemente, die im Galopp auf einem vorgeschriebenen Weg und in entsprechender Geschwindigkeit geritten werden müssen. Die Zirkel sollen bei wenig oder möglichst keiner sichtbaren Hilfengebung die Kontrolle über das Pferd demonstrieren und kreisrund sein. Entscheidend sind deutliche Unterschiede in der Geschwindigkeit. Die Zirkel müssen immer in dem durch die Pattern vorgeschriebenen Bereich der Arena ausgeführt werden, wobei sämtliche Zirkel einen gemeinsamen Mittelpunkt in der Mitte der Arena haben müssen. Größe und Geschwindigkeit der Zirkel zur linken und zur rechten Hand sollen entsprechend gleich sein, wobei auf die Vorschriften laut Pattern (groß und schnell, klein und langsam) zu achten ist

BACKUP
Beim Rückwärtsrichten muss das Pferd mindestens drei Meter in gerader Linie rückwärtsgehen

HESITATE
Beim Verharren wird die Fähigkeit des Pferdes demonstriert, in entspannter Weise an einer vorgeschriebenen Stelle der Pattern stillzustehen. Alle NRHA Patterns verlangen das Verharren am Ende der jeweiligen Aufgabe, um dem Richter das Beenden anzuzeigen

FLYING LEAD CHANGE
Der fliegende Galoppwechsel ist ohne vorherige Tempoveränderung auf den Punkt genau an der im Pattern vorgeschriebenen Stelle auszuführen. Der Wechsel von Vorder- und Hinterbein beim Galoppwechsel hat im selben Galoppsprung zu erfolgen, um Punktabzüge zu vermeiden

RUN DOWNS
Run Downs sind Beschleunigungsphasen auf einen Sliding Stop zu, die einen gleichmäßigen und kontrollierten Tempoaufbau im Galopp verlangen

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