Pferdeklappe Schleswig-Holstein: Vermittlung von Pferden in Not

Petra Teegen ist die Mutter Teresa der notleidenden Pferde. Das weiß im Umkreis von Norderbrarup jeder. Deshalb ist es seit Jahren Gang und Gäbe, alte, notleidende und verwahrloste Pferde in ihrem Reitbetrieb abzugeben. Selbst das Ordnungsamt tat dies, wenn es wieder einmal Tiere aus schlechter Haltung einzog. Im Juli 2013 beschloss die 60-jährige, zusammen mit der Ponysportgemeinschaft Rurup, einen entsprechenden Verein zu gründen („Pferdeklappe Notbox“), um die Sache auch versicherungsrechtlich abzusichern.

„Schleswig-Holstein ist ein armes Bundesland und trotzdem ein Bundesland der Reiter“, erklärt Petra Teegen. „Kommt ein Besitzer in finanzielle Not, zum Beispiel durch plötzliche Arbeitslosigkeit, kann er sein Pferd oft nicht mehr versorgen. Es gibt kaum Pferdemärkte und zum Schlachter soll das Tier auch nicht. Oft kommt es dann vor, dass die Leute ihre Pferde einfach erfolgreich vergessen und verwahrlosen lassen.“

In der Vergangenheit passierte es deshalb immer öfter, dass das Ordnungsamt  den Haltern ihre extrem vernachlässigten Tiere entzog. Manchmal war es dann schon zu spät. „Wir haben erlebt, dass eine alte Stute tagelang in einer Schneewehe lag, viel zu schwach um aufzustehen. Beinahe schon mumifiziert“, erinnert sich Teegen.

Das Empfangskomitee

Um solchen Fällen vorzubeugen, wurde die erste Pferdeklappe Deutschlands eröffnet. Sie besteht aus einer kleinen Koppel ohne Nachbarhäuser, die ständig von zwei älteren, friedfertigen Ponys bewohnt wird. Diese nehmen den Neuankömmling in Empfang, bis er schließlich am nächsten Tag von einem Vereinsmitglied gefunden wird. „Die beiden Ponys sind gegen alles Mögliche geimpft und waren noch nie krank. Auch Rangeleien mit den Klappenpferden gab es noch nie“, versichert Teegen. In der sogenannten Notbox, einer kleinen Kiste am Eingang der Koppel, findet der Besitzer alle Informationen zur Pferdeklappe, unterschreibt einen Abtretungsvertrag und wirft im besten Fall auch noch den Equidenpass seines Pferdes ein.

Fast alle Besitzer melden sich am nächsten Tag wiederum anonym telefonisch, um dem Verein Informationen über ihre Pferde mitzuteilen. Oft geht es dabei um Krankheiten und Medikamente, die nicht mehr bezahlt werden konnten. „Viele Leute erzählen uns auch ihre Geschichte, zum Beispiel dass sie nun geschieden oder alleinerziehend sind und deshalb ihr Pferd nicht mehr behalten können“, so Teegen.

Einmal meldete sich eine sehr junge, sehr kranke Frau, die ihr Pferd abgegeben hatte, weil es voller Arthrosen war. Der Verein nahm das Pferd auf und pflegte es. Dann verstarb die ehemalige Besitzerin. „Das Pferd hatte bei uns noch einige schöne Monate. Dann renkte es sich seinen Oberschenkel aus und war durch seine Vorerkrankung nicht mehr zu retten. Wir haben es wieder mit seiner Besitzerin vereint.“

Jedes abgegebene Pferd wird am nächsten Morgen vom Tierarzt untersucht, entwurmt und gegebenenfalls behandelt. Hat der Eigentümer die Abtretung ab sofort unterschrieben, so kann es anschließend gleich weitervermittelt werden. Ansonsten gilt eine Frist von vier Wochen, binnen derer er sein Tier gegen Bezahlung der entstandenen Kosten zurückholen kann.

Die Vermittlung

Petra Teegen hat bereits eine Liste von Leuten, die nach einem bestimmten Pferd suchen. Wird sie hier nicht fündig, vermittelt sie den Neuankömmling über die Facebook-Seite des Vereins. Manchmal schaltet sie auch Zeitungsannoncen. Die Tiere werden für einen geringen Preis gegen Schutzvertrag abgegeben. Alle eventuell vorliegenden Mängel sind darin genau notiert. Nach erfolgreicher Vermittlung geht die Arbeit für die acht Vorstandsmitglieder und zwei weiteren Helfer noch weiter: alle ehemaligen Klappenpferde werden in ihrer neuen Heimat erst halbjährlich und später jährlich besucht und kontrolliert. Auf diese Weise fanden allein in den ersten drei Monaten seit Vereinsgründung 30 Pferde neue Besitzer – zum Teil auch in Dänemark, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

Viele Tiere kommen zwar krank zur Pferdeklappe, können aber durch die Verabreichung geeigneter Medikamente und hochwertigen Raufutters wieder gesund gepflegt werden. Einige sind auch nicht mehr zu retten. „Vor kurzem wurde eine Norwegerstute mit Botulismus abgegeben, die wir nach drei Tagen einschläfern mussten“, erinnert sich Petra Teegen. „Aber wir hatten auch schon eine kerngesunde 18-jährige Holsteiner Stute mit reinstem Springblut. Die ging dann für 350 Euro an ihre glücklichen neuen Besitzer.“

Bei der Berechnung des Preises berechnet der Verein den Schlachtpreis des Tieres plus der angefallenen Tierarztkosten. Ein Shetlandpony sollte entsprechend 80 Euro kosten. Der Pferdemensch, der es als Beistellpony abholte, bezahlte freiwillig 90 Euro.

Helfen

Wer ein Klappenpferd aufnehmen oder den Verein mit Geld- oder Sachspenden unterstützen will (es werden zum Beispiel laufend gebrauchte Regendecken gesucht), erreicht Petra Teegen unter Tel. 0173/79 95 89 6. Auch ein Beitritt in den Verein kann notleidenden Pferden helfen. Der Jahresbeitrag beträgt nur 10 Euro. Spenden an die Pferdeklappe Notbox können auf das Vereinskonto der 164 407 272 bei der Nospa (BLZ 217 500 00) eingezahlt werden.

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