Ohne Hufeisen: Die Vorteile von Barhufpflege

Die Beine der Pferde mit ihren Hufen am Ende stellen ein Wunderwerk der Evolution dar. Pferde können damit ohne Muskelanspannung im Stehen dösen und auch schlafen. Im nächsten Atemzug kann das Pferd sein Eigengewicht mit der Beschleunigung eines sportlichen Wagens nach vorne katapultieren und damit seinen Reiter unsanft absetzen, wenn er nicht schnell reagiert. Die Beugesehne kann dabei eine Belastung im Tonnenbereich überstehen. Ihr Querschnitt beträgt zwei Zentimeter und steht damit High-Tech-Kunstfasern in nichts nach. Im Optimalfall kann diese Sehne dann auch noch über zwanzig Jahre ihren Dienst verrichten. Der Vierbeiner kann, nach entsprechendem Aufbautraining, mehr als 20 % seines Eigengewichtes tragen. Dabei ist es egal, ob dies im Schritt, Trab oder Galopp, über Sprünge und Gräben oder auch als Zugleistung absolviert wird.

Die Hufe agieren als Kreislaufpumpe, stellen gleichzeitig ein Tastorgan dar und wirken wie ein Stoßdämpfer bei Landungen oder engen Wendungen.

Das Ziel der Hufbearbeitung

Der Maßstab der Hufbearbeitung kann nicht an abstrakten Idealzielen gemessen werden. Das Erreichen einer optimalen Leistungsfähigkeit mit einem Barhufer, der gesund verschiedenste Böden überwinden kann, ist als Richtschnur anzusetzen. Immer dann, wenn ein Pferd viel geritten werden soll – wie dies als Beispiel im Distanzreiten der Fall ist – ist der Prüfstand im Alltag schnell aufgestellt. Ein Pferd ohne Hufschutz reagiert an seinen Hufen sehr schnell empfindlich und sehr zügig auf falsche Bearbeitungsmethoden und kann durch Lahmheit ausscheiden. Es geht fühlig oder sehr vorsichtig und muss geschont werden.

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Pferdehufe lügen nicht, bieten gleichzeitig eine Chance und eine große Herausforderung an den Bearbeiter, dem jeder Fehler sehr schnell vor Augen geführt wird. Mit Hufeisen kann ein Hufschmied sehr lange seine Fehler kaschieren – die Pferde laufen trotzdem, wenn auch schlecht. Die Folgen zeigen sich meist erst nach Jahren.

Das stabile Gleichgewicht zwischen Abrieb und Wachstum

Oftmals ist es ein Ritt auf der Rasierklinge, wenn die Balance gehalten werden soll zwischen dem Anspruch des Pferdebesitzers und der Gesundheit des Vierbeiners. Und dies am besten noch bei Erreichen einer symmetrischen Hufform.

Vom Kronrand aus wächst das Horn gleichmäßig nach unten aus Sicht der Zehe und der Trachten. Wer das nicht glauben mag, bringe einfach kleine Markierungen mit einer Hufraspel vorne und hinten am Huf an. Ein idealer Huf weist in jedem Bereich gleichviel Abrieb auf; dieser wird durch entsprechendes Wachstum umgehend wieder ausgeglichen. Wenn ein Pferd an Hufrehe erkrankt ist, wirkt es optisch, als ob die Zehe nicht wachsen würde. Es wird jedoch ebenso viel Hornröhrchenlänge gebildet wie beim restlichen Huf, allerdings fehlt hier die Verbindung zum Hufbein und die Hornröhrchen wachsen nicht gerade – sie winden sich entlang der Hornwand voran.

Goldene Regeln zum Thema Abrieb

Viele Pferdebesitzer beobachten an den Hufen ihrer Pferde einen zu schnellen Abrieb auf dem Paddock oder bei Ausritten im Gelände auf harten Wegen oder im sportlichen Einsatz. Wer dieses Vorurteil zu sehr verinnerlicht hat, wird überrascht sein, dass unsere Pferde normalerweise zu wenig Abrieb an den Hufen aufweisen und deshalb ihre Hufe regelmäßig geraspelt werden müssen, um dies auszugleichen.

Je weniger ein Pferd an Kilometern zurücklegt, desto weniger wird der Huf zum Wachstum angeregt. Jeder Huf lebt von seinem Abrieb und vom Reiz des jeweiligen Bodens. Erst dadurch wird der Huf in seiner natürlichen Länge gehalten und das kräftige Hornwachstum kann beginnen. Wenn ein Pferd wegen Verletzung in seinem Bewegungsdrang eingeschränkt wird, bildet sich schwächeres Horn und der gesamte Huf wächst langsamer. Ist ein Pferd dauerhaft beschlagen und durch Hufeisen oder Plastikhufschutz abgeschirmt, wird kein leistungsfähiges Horn gebildet – der gesamte Huf „verweichlicht“. Wird ein Huf das ganze Jahr über durch Hufeisen geschont, wird er von Monat zu Monat schwächer.

Wann gibt es zu viel Abrieb?

Zu viel Abrieb kann auf Wanderritten beobachtet werden, wenn wirklich viele Kilometer pro Tag auf ungewohnten Wegen zurückgelegt werden. Wenn viel Asphalt oder grober Schotter auf dem Plan stehen, ist hier ein Einsatz von Hufschuhen zum Überbrücken sinnvoller. Zu viel Abrieb ist allerdings nicht gegeben, wenn ein Huf, der zu lang gewachsen ist, an den Seiten in großen Bereichen wegbricht. Wer seinen Barhufer also sehr viel reiten möchte, sollte sich genau einprägen, wie schwungvoll das Tier im Trab gehen kann, damit schnell Veränderungen wie z.B. Fühligkeit auffallen.

Hufe festigen sich durch Belastung, allerdings darf dies nie dazu führen, dass sich ein Pferd sehr vorsichtig über die Böden bewegt. Das Auge und auch der Hintern des Reiters sind hier wichtige Indikatoren für negative Veränderungen.

Richtiges Huftraining

Je länger Pferd und Reiter miteinander unterwegs sind, desto mehr wird sich auch das Hufhorn trainieren. Sehr schnell hat der Pferdefreund dann ein Gespür dafür entwickelt, was er den Hufen seines Pferdes aufbürden kann. Und sehr schnell wird er sich Hufschuhe einpacken, wenn er längere Tagesritte unternehmen möchte. Doch diese überaus vorsichtige Vorgehensweise ist nicht immer notwendig. Wer über lange Jahre sein Pferd ohne Hufschutz reitet und dies auch regelmäßig im Gelände tut, wird keine Probleme mit übermäßigem Abrieb bekommen.

Barhufige Pferde verlangen deshalb von ihrem Reiter jahrein und jahraus viel Bewegung. Was nicht funktioniert: nur an den Wochenenden reiten und dann im Urlaub auf einmal viele Tagesritte abspulen wollen. Eine Überforderung – nicht nur der Hufe – wäre hier die logische Folge. Ähnliches gilt für Pferde, die stets auf weichem Boden geritten werden und dann bei einem Wanderritt auf Steinboden oder in sandigem Gelände überleben müssen. Hier ist es ausnahmsweise anzuraten, Hufschutz in Form von Eisen oder Plastikschutz aufzunageln, wenn keine passenden Hufschuhe zur Hand sind. Dies allerdings stets nur zum Ausgleich des nicht gewohnten Terrains, aber niemals zum Ausgleich des fehlenden Trainings!

Merke:

  • Zu viel Abrieb ist ein sehr seltenes Problem bei gesunden und gleichmäßig belasteten Hufen.
  • Zu wenig Abrieb ist weit verbreitet – selbst bei Pferden, die viel geritten werden.

Ungleicher Abrieb

Durch die natürliche Gestaltung der Tragrandbreite und im Gleichgewicht stehenden Abrieb und Wachstum bleibt der Barhuf in seiner idealen Form. Wenn sich jetzt allerdings die Innenseite eines Hufes schneller abreibt als die Außenseite, bewegt sich die Hufform vom Idealzustand weg. Die Seite, die sich mehr abläuft, wird steiler und kürzer werden, die gegenüberliegende Seite länger und schräger. Verbiegungen, Eckstrebenhorn, die Sohle und im Endeffekt dann auch die Strukturen im Innenbereich passen sich dem Ganzen an und ergeben einen schiefen Huf. Durch dieses Ungleichgewicht tritt ein schnellerer Verschleiß auf, der sich durch den gesamten Bewegungsapparat fortsetzt.

Ein Huf wird durch Abrieb und Bodengegendruck in seiner Form geprägt. Dies wirkt sich im Positiven ebenso wie im Negativen aus. Diese Kräfte können am Barhuf in der Hufbearbeitung ausgenutzt werden, um ungleich belastete Hufe wieder in ihre optimale Form zu bringen.

Sinnvolle Bearbeitungsintervalle

Der am weitesten verbreitete Fehler liegt dann vor, wenn Hufe zu selten bearbeitet werden und hierbei ist es egal, ob es sich um ein Barhufpferd oder ein mit Beschlag versehenes handelt. Das Barhufpferd sollte alle vier Wochen eine Bearbeitung erhalten. Wenn die Hufe eine sehr gute und optimale Form aufweisen, kann dies auch nach acht Wochen erfolgen. Bei Hufen, die eine Korrektur benötigen, kann im Intervall von einer bis zu drei Wochen gearbeitet werden und hier bitte immer nur wenig korrigieren, damit der Huf nachwachsen und sich selbst regenerieren kann.

Es empfiehlt sich für den Pferdebesitzer in jedem Fall, die nötigen Grundfertigkeiten der Hufpflege zu erlernen und sich gutes Werkzeug anzuschaffen. Er kann den Strahl sehr sorgsam ein wenig nachschneiden und den Huf rund raspeln. Diese beiden Schritte sind leicht zu erlernen – hier einfach den Hufbearbeiter um ein wenig Nachhilfe bitten. Der weiter ambitionierte Pferdehalter kann dann auch die Fähigkeit erlangen, sein Tier selbst auszuschneiden, wenn ein Fachmann die einzelnen Schritte überwacht. Er sollte sich aber dann eingehend mit der Materie beschäftigen und das grundlegende handwerkliche Geschick erlernen.

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