Egal ob Englisch- oder Freizeitreiter, Springreiter oder Dressurreiter – die Grundprinzipien in der Ausbildung sollten immer gleich sein und das gemeinsame Ziel vor Augen haben, durch gutes Horsemanship ein gesundes, leistungsfähiges Pferd zu trainieren, das sich in der Zusammenarbeit mit seinem Reiter wohl fühlt und mit Leichtigkeit auf sanfte Hilfen und Signale reagieren wird. Das Zurechtlegen des Trainingplanes in kleinen Schritten und das unaufhörliche Verbessern des Timings beim Einsatz als auch beim Aufhören von Signal und Belohnung sind die entscheidenden Eckpunkte in der Entwicklung des guten Reiters.
Zeichen erkennen und entsprechend handeln.
Was will ein Pferd uns mitteilen? Die grundlegenden Zeichen des Pferdes alle aufzulisten sprengt bei weitem den Rahmen dieses kurzen Essays. Daher wollen wir uns hier auf einen Bereich beschränken, der unserer Meinung nach für die friedliche Verständigung sehr wichtig ist:
Die sogenannten ‚Calming Signals‘ – Beruhigungs- oder Beschwichtigungssignale sind eher bekannt aus dem Hundetraining. Pferde benutzen natürlich auch diese Signale um in der Herde Konflikte schon im Ansatz zu vermeiden und friedlichen Umgang miteinander zu ermöglichen. Es wird dadurch Unbehagen ausgedrückt und versucht, entweder sich selber oder gestresste / aggressive Herdenmitglieder zu beruhigen.
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Die bekanntesten Verhaltensweisen, auch hier ist die Forschung in vollem Gange, sind unter anderem:
- Kauen und Lecken, evtl. (Stress-)fressen
- Blinken der Augen
- Leichtes Abwenden des Kopfes
- Den Hals zeigen
- Kopf und Hals nach unten senken und wieder anheben
- Gähnen
- Ohren auf ‚Halbmast‘ zur Seite gestellt
- Langsame Bewegungen
Wenn das Pferd einer stressigen Situation im Training, Turnier oder beim Ausreiten, ausgesetzt wird, wird es versuchen, diese Signale einzusetzen. Es bemüht sich, die Situation zu deeskalieren. Aus seiner Sicht kommuniziert es damit glasklar und mit Respekt. Die Frage ist ob ein aggressiver oder gestresster Reiter oder Trainer diese Signale bemerkt und als solches erkennt.
Leider werden diese Verhaltensmuster, wie zum Beispiel das Abwenden des Kopfes, sehr oft missverstanden und viele Reiter, manchmal sogar aus dem Bereich des Horsemanships, erklären dann lauthals, dass das Pferd ihnen zwei Augen zuwenden ‚muss‘, weil alles andere von Respektlosigkeit zeugt und reißen am Führstrick, um den Pferdekopf in diese Position zurück zu zwingen. Dabei hat das Pferd nur um weniger aggressives Verhalten gebeten und der Mensch hat ihm durch unreflektiertes und von Unkenntnis gekennzeichnetes Verhalten geantwortet, dass er die Aggression dem friedlichen Umgang vorzieht. Eine durch Unwissenheit verpasste Chance auf eine feinere Kommunikation.
„Sieben Schritte“ zu einem besseren Horsemanship
1. Grundlegende Einstellung:
Das Pferd schuldet uns nichts. Wir müssen Verantwortung übernehmen für das physische und psychische Wohl des Pferdes – und nicht umgekehrt.
2. Grundlegendes Verständnis:
Pferde reagieren unmittelbar und ehrlich. Immer. Ein Pferd kann nicht ‚so tun‘, als ob es Angst hätte. Das Verhalten des Pferdes basiert auf früheren Lernerfahrungen: Was Menschen manchmal als Zeichen von Respektlosigkeit sehen, ist dem Pferd zu einem früheren Zeitpunkt beigebracht worden.
3. Grundlegendes Wissen:
Gutes Horsemanship basiert auf solidem Wissen über das Pferd als Ganzes. Die Bereiche Haltung, Fütterung und Pflege müssen genauso fortlaufend studiert werden wie die Anatomie und Biomechanik des Pferdekörpers. Nur so können wir auch verstehen, auf was wir im Training oder Reiten aus welchem Grund achten müssen!
4. Fortlaufende Weiterbildung in allen Bereichen:
Die neuesten Forschungsergebnisse über das Lernverhalten von Pferden und Kenntnisse von zeitgemäßem Training durch angewandte Lerntheorien, bringen wertvolle Erkenntnisse für Pferdeliebhaber – egal ob Amateur oder Profi. Auf diesen Gebieten wird ständig weiter geforscht und es ist unabdingbar, sich auf dem neuesten Wissenstand zu halten.
5. Zuhören lernen:
Das Pferd beobachten und mit Hilfe von guten Lehrern herausfinden, was es versucht uns mitzuteilen.
6. Gefühl entwickeln:
Dazu gehört die unaufhörliche Arbeit an uns selber. Es ist gar nicht möglich, die feinsten Anzeichen des Pferdes zu registrieren, wenn wir uns nicht voll und ganz auf das Zusammensein konzentrieren.
7. Einen guten Trainer finden:
Das Pferd fühlt sich wohl im Unterricht, ist aufmerksam und interessiert. Die Herausforderungen sind individuell auf das Pferd zugeschnitten und es wird kein Standardprogramm abgespult. Die Trainings-Philosophie beinhaltet zu keinem Zeitpunkt das Argument, das Pferd sei ‚respektlos‘ um eskalierenden Druck zu befürworten.