Horsemanship in der Praxis

Winnetou im TrainingIn den letzten Jahren ist nicht nur die große Gruppe der Freizeitreiter an gutem Horsemanship interessiert, sondern auch mehr und mehr erkennen die traditionellen Dressur- und Springreiter und Trainer, dass ein fairer und harmonischer Umgang mit dem Pferd ein mehr an Leistung und Erfolg bringt. Selbst der Hannoveraner Zuchtverband lädt einen der größten klassischen Horsemanship Trainer zu einer Demo-Veranstaltung ein und fördert damit, dass die Welten sich langsam annähern und voneinander lernen können.

Gutes Horsemanship ist von gegenseitigem Respekt und Freundlichkeit zwischen Mensch und Pferd geprägt. So ist es egal, in welcher Disziplin/Reitweise die Pferd-Reiter-Kombination sich bewegt. Problematisch kann es werden, wenn unter dem Deckmantel von Horsemanship Techniken und Systeme benutzt werden, die überwiegend eine einzige Lösung propagieren: Mehr Druck. Der Grund für diesen einseitigen Lösungsansatz kann man in der Annahme finden, dass Pferde dazu im Stand seien, mutwillig, stur oder gar respektlos die Ausführung eines Manövers zu verweigern, obwohl sie dieses verstanden haben und physisch dazu in der Lage sind, es auszuführen.

Pferde die etwas falsch machen haben die Aufgabe nicht verstanden

A.H. Maslow hat den folgenden Satz geprägt: „Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, für den sieht jedes Problem wie ein Nagel aus.“ Das bedeutet, wenn das Pferd Widerstand aufbaut, sieht der Reiter das als ‚respektlos‘ an und schraubt den Druck hoch, bis er das gewünschte Resultat bekommt. Oftmals wird nicht einmal in Erwägung gezogen, ob das Pferd vielleicht verwirrt oder unkonzentriert war oder eine Steifheit oder Blockade in einem Körperteil vorliegt.
Als erste und beste Lösung den Druck eskalieren zu lassen, ist bestimmt kein gutes Horsemanship, sondern zeugt von begrenztem Wissen.

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Training nach Horsemanship-Art bedeutet ursprünglich Training für den Reiter! Pferde müssen kein Horsemanship lernen – deren Verhalten ist unmittelbar auf die Situation bezogen und immer stimmig im Verhältnis zu früherem Training oder vorausgehende Erlebnisse. Der Reiter sollte sein Gefühl dafür schulen, Situationen zu schaffen, in denen das Pferd lernen kann. Es muss die Hilfengebung oder Aufgabe die verlangt wird verstehen. Dann ist es im Stande mit Leichtigkeit die Übung auszuführen. Wilde Auseinandersetzungen und Kämpfe zwischen Mensch und Pferd sind dann komplett unnötig.

Das Bedürfnis, ein anderes Lebewesen in seinen Handlungen hundertprozentig zu beherrschen, zu dominieren oder einfach unter Kontrolle zu haben, ist in manchen Menschen fest verankert und ist vielerorts eine unterliegende Haltung, auch im Horsemanship Training.
Als Ideal wird dann das Pferd angesehen, welches ausschließlich und ohne Zögern tut, was angeordnet wird und sich darüber hinaus passiv verhält. Diese antrainierte Passivität hat oft zur Folge, dass das Pferd mutlos und ‚abgeschaltet‘ wirkt, da jegliche eigene Initiative abgelehnt oder sogar bestraft wurde.

Pferdetraining braucht die Kraft der Ruhe

Der wahre ‚Horseman‘ arbeitt ruhig und kontrolliert und ganz und gar unspektakulär. Rohe Hantierungen entstehen nämlich erst, wenn der Mensch an seine Wissensgrenze geraten ist. Wo Wissen endet und Verzweiflung entsteht, bricht Gewalt aus. Der Mensch gibt dem Pferd die Schuld und versucht diesem, oder -im schlimmsten Fall- den zahlreichen Zuschauern‚ etwas zu beweisen.

Der wahre ‚Horseman‘ ist nicht davon besessen, etwas beweisen zu müssen. Das Wissen, gepaart mit einem eminenten Erfahrungsschatz gibt ihm die Möglichkeit, mit guten Setups optimale Lernsituationen zu kreieren, die die beste Seite des Pferdes hervortreten lassen.

Francois Baucher (1796 – 1873) brachte das schon im 18. Jahrhundert auf den Punkt als er zitierte:
“Hab also acht, Reiter, auf dich selbst. Ist dein Pferd stur, heftig, ungehorsam, so dürften wir frech die Behauptung aufstellen, dir fehle es an liebenswürdigem Charakter und richtiger Methode.“

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