Schwerer hätte man es Buck Brannaman kaum machen können: 18 Kursteilnehmer mit ganz unterschiedlichem Ausbildungsstand in einer Halle, viele davon Westernreiter, aber auch einige klassische Reiter. Ein Teil davon hat schon Erfahrung im Ranchreiten, andere üben sich noch in der Kunst, ihre Pferde durchzuparieren. Dazu zwei Tribünen voller Zuschauer, die ihre Fragen loswerden wollen und davon abgehalten werden müssen, ihren „Buck“ in der Mittagspause auseinanderzunehmen.
Der Horseman aus Wyoming nimmt’s gelassen, ganz so, wie er das bei einer Herde tobender Jungpferde tun würde. Er sitzt auf einem jungen Hannoveraner Wallach, der zum ersten Mal einen Westernsattel trägt und eigentlich fürs Dressurreiten ausgebildet wurde. Am Anfang tänzelt der Rappe noch unsicher herum, aber schon bald lässt er sich von der Brannaman-Magie verzaubern. Am dritten Kurstag wird manch ein spät angereister Teilnehmer nicht mehr glauben, dass dieses Pferd tatsächlich zum ersten Mal ein Ranchhorse mimt.
Prominente Zuschauer
Als Horseman mit echtem Ranch-Hintergrund und Schüler von Tom Dorrance und Ray Hunt ist Buck Brannaman ein Ausbilder, der eine ganz andere Herangehensweise an Pferde hat, als es viele deutsche Pferdebesitzer kennen. Das bestätigen auch Trainer wie Peter Kreinberg und Peter Pfister, die ebenfalls auf den Kölner Heinrichshof zum Zuschauen angereist sind. Peter Pfister findet es außerdem faszinierend, wie Buck mit so vielen Teilnehmern gleichzeitig in Ruhe arbeitet. „Ihm geht es um das mobile, gut steuerbare Pferd. Das ist ein schöner Ansatz“, findet Pfister, der selbst durch seine „Ranch-Reitweise“ bekannt geworden ist.
So arbeiten die 18 Reiter zwar ständig an einem Roten Faden, nämlich der Ausbildung des Pferdes als Cowhorse, doch das wahre Kursprogramm ist Horsemanship pur. Buck lässt die Teilnehmer auf Volten rückwärts gehen, mit der Vor- und Hinterhand weichen und wenden. Dabei betont er immer wieder, dass all diese Übungen mit einem „soft feel“ geritten werden müssen, also einer feinen, mitfühlenden Hand. Auch zu intensive Sporenarbeit will er nicht sehen. „Betrachtet eure Sporen wie Schmuckstücke, die ihr nicht jeden Tag tragt“, legt er einigen Reitern nahe. „Sporen an sich sind okay, aber wenn ihr das Bein gar nicht mehr einsetzt und stattdessen bei jedem Schritt die Sporen reinsteckt, macht mich das wahnsinnig!“
Cowhorse-Simulation am Sonntag
Stattdessen sollte der Reiter seinem Pferd mit Zügel und Beinen immer zuerst ein Angebot machen und nur dann kurz energischer werden, wenn dieses nicht angenommen wird. Setzt ein Teilnehmer solche Ratschläge nicht um, so bekommt er sie nötigenfalls auch etwas deutlicher unterbreitet. Am Sonntag – als Showdown sozusagen – lässt Buck alle 18 Reiter und Pferde eine Alltags-Situation aus der Rinderarbeit simulieren: Ein Pferd spielt das Kalb auf dem äußeren Ring, eines das Cowhorse auf dem inneren Ring. Ganz in der Mitte parken die anderen Teilnehmer als „Herde“. Das Kalb soll immer wieder rückwärts gehen, wenden und in die andere Richtung weglaufen. Der Reiter ist angewiesen, diese Bewegungen spiegelbildlich mitzumachen und so das Rind auf dem äußeren Ring halten. Manch ein Team bekommt die Aufgabe sogar im Trab oder gar Galopp hin. Andere verzweifeln daran, dass ihr Pferd zurück zur Herde rennt, anstatt das Kalb zu verfolgen.
„Du wirst deinem Pferd nicht helfen, indem du aufhörst zu reiten und ihn dort hinrennen lässt!“, sagt Buck dazu. Und als das nichts hilft: „Jetzt kick ihn mal ein bisschen mehr!“
Harte Worte. In diesem Augenblick aber mehr als angemessen. Denn dadurch bringt die Reiterin ihr Pferd zurück zur Arbeit. Und bekommt diverse Übungen aus der Bodenarbeit empfohlen. Andere Reiter lobt Buck dafür, im richtigen Moment im Sinne des Horsemanship gehandelt zu haben: „Du hast gemerkt, dass dein Pferd noch nicht bereit für die Wendung war und hast Extra-Schritte rückwärts gefordert. Das trauen sich nur wenige. Das hat mir gefallen!“
„Soft Feel“ in Perfektion
Zwischen den einzelnen Übungseinheiten beantwortet Buck Fragen zu Trainings-Problemen, zeigt praktische Anbinde- und Führknoten oder korrigiert selbst einmal ein Pferd. Eine Stute, die ihrer Reiterin ständig den Zügel aus der Hand reißt, macht Bekanntschaft mit dem berühmten Brannaman-„Soft Feel“. Er greift in ihren Zügel, nimmt Kontakt zum Maul auf und gibt immer früher nach, als die Stute reagieren kann. „Mein Nachgeben ist schneller und klarer als deines. Mir reißt sie nicht den Zügel aus der Hand“, stellt er klar.
Den Zuschauern auf der Bühne gefällt die ruhige und zuweilen sehr witzige Art, mit der der amerikanische Horseman auf die Reiter und Pferde in der Halle eingeht. „Er macht alles in Ruhe und mit Leichtigkeit“, schwärmt Sarah Kraus und Stephan Jung fügt hinzu: „Er hat seine Ratschläge verständlich und gut rübergebracht. Die Reiter haben sehr viel von ihm gelernt. Und ich habe auch einiges mitgenommen, das ich als Cutting-Reiter zu Hause anwenden kann.“
Am Ende des dreitägigen Kurses besteht für die passiven Teilnehmer dann endlich auch die Möglichkeit, ihrem Idol die eine oder andere Frage zu stellen und sich Autogrammkarten, Bücher und T-Shirts signieren zu lassen. Die Ausstrahlung des authentischen amerikanischen Horseman wird vielen noch lange in Erinnerung bleiben. Und zahlreiche Pferde in Deutschland dürfen fortan von den praktischen Tipps profitieren, die ihre Besitzer von ihm bekommen haben. Ganz im Sinne von Buck Brannaman’s Lieblingszitat: „Dein Pferd ist ein Spiegel deiner Seele. Manchmal wird dir nicht gefallen, was du siehst, manchmal aber doch.“