Dennoch sieht man auf Turnieren wie auch im Freizeitbereich immer häufiger Hengste, die nicht in der Zucht, sondern nur als Reitpferd eingesetzt werden. Ein Grund für diesen Trend ist das temperament- und kraftvolle Auftreten eines Hengstes, der allein schon durch seine starke Bemuskelung und den sehr ausgeprägten Hals viel imponierender wirkt als ein Wallach oder eine Stute. Aus ihrem beeindruckenden Imponierverhalten wurden zahlreiche Dressurlektionen abgeleitet, viele Hengste zeigen sie schon von Natur aus. Ein gut gerittener Hengst ist auf jeder Veranstaltung ein echter Blickfang – bestaunt und bewundert. Auch verbinden viele Menschen Freiheit, Mut und Stolz mit ihm und so manch einer träumt selbst davon das feurige, wilde Tier zu bändigen. Dass Hengste ausgesprochen sensibel und lernbegierig sind, ist ein weiterer Grund sie zu reiten. Instinktmäßig verfügen sie über ein sehr ausgeprägtes Wahrnehmungsvermögen und achten auf jede Bewegung ihres Ausbilders. In freier Wildbahn übernimmt oft eine Leitstute die Führung, aber auch der Leithengst sorgt für die Sicherheit der Herde – er muss also stets wachsam sein.
Hengste sind sensibel und lernen leicht
Ein guter Ausbilder sollte es verstehen, die besondere Sensibilität und Achtsamkeit eines Hengstes positiv zu nutzen. Fehlen aber Fachkenntnisse, treten oft Probleme auf: Ein sensibles Tier lernt nicht nur gewünschte Lektionen leicht, es erkennt auch die Fehler seines Ausbilders. Bedenkt man, dass sich Pferde nur mit einem Muskelzucken, einer Änderung der Blickrichtung oder auch nur durch das unscheinbare Anheben des Schweifs verständigen, wird deutlich wie schnell man als Zweibeiner wichtige Details übersehen kann. In einer Herde kann sich hin und wieder die Rangordnung ändern und so wird der Hengst auch den Zweibeiner hinsichtlich seiner Führungsqualitäten testen.
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Im Umgang mit Hengsten spielt Dominanz eine sehr wichtige Rolle, darf aber nicht mit Willkür und Unterdrückung verwechselt werden. Unerfahrene, ängstliche oder schwache Menschen durchschaut ein Hengst meist schnell und sieht sich gezwungen die Führungsrolle zu übernehmen. Aufgrund seines Urinstinktes als Steppen- und Fluchttier bedeutet der Geruch von Angst für den Hengst Gefahr, auf die er reagieren muss und zur Verteidigung notfalls auch Hufe und Zähne benutzt. Hat ein Hengst nicht gelernt, vertrauens- und respektvoll auf seinen Zweibeiner zu achten, kann es zu gefährlichen Situationen kommen – besonders schwierig wird dies, wenn der Hengst rossigen Stuten oder vermeintlichen Konkurrenten begegnet. Eine konsequente Erziehung ist extrem wichtig und sollte möglichst schon im Fohlenalter beginnen. Rempeln, Beißen oder Treten dürfen keinesfalls geduldet werden, auch das Steigen, was beim Fohlen vielleicht noch nett aussieht, muss von vornherein strikt unterbunden werden.
Einzelhaft verursacht schwere Verhaltensstörungen
Die artgerechte Unterbringung eines Hengstes ist für den Privathalter kaum zu realisieren, nicht alle Pensionsställe sind bereit Hengste aufzunehmen. Aus Angst vor Unruhe und Verletzungsgefahr wollen die meisten Pferdehalter ihre Tiere nicht mit einem Hengst auf die Weide stellen, auch gibt es über die männlichen Vertreter der Equiden eine Menge Vorurteile: Nicht selten gelten Hengste als unberechenbar oder sogar bösartig und werden aus Angst in der hintersten Ecke des Stalls eingesperrt, ohne Kontakt zu anderen Pferden.
Durch die Einzelhaft entsteht schnell ein Teufelskreis: Je isolierter der Hengst lebt, umso schwieriger wird es, ihn zu händeln. Oft entwickelt er schwere Verhaltensstörungen, die sich bis hin zu Aggressionen gegenüber Menschen oder Artgenossen steigern können. Damit ein Hengst sich zu einem gesunden, sozialverträglichen und umgänglichen Pferd entwickeln kann, spielt die Aufzucht eine wichtige Rolle: Nur innerhalb eines Herdenverbands, kann der Hengst richtiges Sozialverhalten lernen auf das später auch der Mensch bei der Ausbildung zurückgreifen kann. Im Spiel lernt er wichtige Regeln und wird mitunter auch von dominanten Alttieren zurechtgewiesen, wenn es notwendig ist. Wächst ein Hengst isoliert auf, kann er später, wenn überhaupt, nur sehr schwer mit anderen Pferden gemeinsam gehalten werden.
Sozialkontakte und Bewegung
Für ein pferdegerechtes Leben braucht ein Hengst regelmäßige freie Bewegungs- und Weidemöglichkeiten und die Gesellschaft anderer Pferde. Reine Hengstherden sind in den meisten Fällen nur dann praktikabel, wenn sich in der Nähe keine Stuten befinden – besonders während der Paarungszeit sind erbitterte Rangkämpfe nicht auszuschließen.
Eine weitere akzeptable Möglichkeit ist, dem Hengst einen verträglichen Wallach als Partner zur Seite zu stellen. Je nach Charakter können sie sich eine Wiese teilen, oder haben zumindest durch einen Zaun getrennt Sicht- und Geruchskontakt. Aus Sicherheitsgründen müssen Hengstweiden stabil und hoch genug eingezäunt sein und sollten sich möglichst nicht direkt an Wegen befinden, die häufig von fremden Pferden frequentiert werden.
Wird man den besonderen Ansprüchen eines Hengstes an seine Haltung und die individuellen Eigenschaften gerecht, verfügt außerdem über eine gute Beobachtungsgabe, Einfühlungsvermögen und Erfahrung, kann der Reithengst ein wunderbarer und feinfühliger Partner sein. Der Kauf eines Hengstes sollte aber genau überdacht werden. Wer nicht die Möglichkeit hat, ihm neben der entsprechenden Ausbildung auch ein artgerechtes Leben zu bieten, ist mit einem Wallach sicher besser beraten.