Wenn Sie selbst in der kalten Jahreszeit lieber das Bett hüten als ins Büro zu gehen, dann haben Sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Grippe, sondern lediglich einen undefinierbaren „grippalen Infekt.“ Grippe, oder im medizinischen Fachjargon „Influenza“, legt Sie länger als drei Tage lahm. Kinder und Senioren können sogar daran sterben.
Beim Pferd ist das nicht anders. „Influenza ist eine wirklich schwere Viruserkrankung“, sagt Dr. Stephen Eversfield von der Tierklinik Wiesbaden. „Die Pferde bekommen über 40 Grad Fieber und zeigen deutliche Symptome einer Lungenentzündung.“ Aus diesem Grund raten Tierärzte jedem Pferdebesitzer, seine Tiere gegen Influenza impfen zu lassen.
Ganz anders verhält es sich mit einem sogenannten grippalen Infekt. Dieser ist wie beim Menschen auch eine „leichte Störung des Allgemeinbefindens“. Ausgelöst wird die Erkältung nicht durch die aggressiven Influenza-Viren, sondern durch eine Unzahl verschiedener Krankheitserreger wie beispielsweise der Rhinoviren. Übersetzt bedeutet das ganz einfach „Nasenviren“, also solche, die sich in den Nasenschleimhäuten niederlassen und vermehren.
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Gegen diese Viren kann man nichts tun. Sie haben Millionen von Verwandten und mutieren in einem fort. Impfen ist deshalb nicht möglich. Die Krankheitserreger sind allgegenwärtig und werden durch Tröpfeninfektion von einem Menschen zum anderen, beziehungsweise von einem Pferd zum anderen übertragen. Niemals allerdings von Mensch zu Pferd oder umgekehrt. Die Virenstämme haben sich auf eine bestimmte Spezies spezialisiert.
Ansteckung, eine Frage des Immunsystems
Die einzige Waffe, die wir gegen die unsichtbaren Viren haben, ist unser Immunsystem. Ein Pferd mit einem guten Immunsystem kann zwar ebenfalls eine Erkältung aufschnappen, aber sie wird schnell und einfach vorbeigehen. Problematisch wird die Sache erst, wenn das Immunsystem des Pferdes bereits so geschwächt ist, dass das körpereigene Abwehrsystem auf Sparflamme läuft. Die Infektion wird in diesem Fall nicht besiegt, sondern breitet sich ungehindert im Körper aus. Chronische Bronchitis, Kieferhöhlenentzündung, Herzmuskelerkrankungen und sogar Nierenerkrankungen sind die Folge.
So wird jedem Pferdebesitzer empfohlen, bei den ersten Anzeichen einer grippeähnlichen Krankheit, den Tierarzt zu rufen. Denn, ein Laie kann im Anfangsstadium nicht unterscheiden, ob es sich um einen Schnupfen oder eine Influenza handelt. Selbst wenn ein Pferd gegen Influenza geimpft ist, kann es in Einzelfällen passieren, dass es sich trotzdem den Erreger einfängt. Das geschieht vor allem dann, wenn der „Infektionsdruck“ sehr stark ist.
So beugt man einer Erkältung vor
Der Schlüssel zum Schnupfen ist also die Stärkung des Immunsystems. Bei Offenstallpferden funktioniert das leichter als bei Boxenpferden. Eisige Winter machen diesen Teddybären meist nichts aus, wenn sie rechtzeitig an die Haltungsform gewöhnt wurden und sich einen dicken Pelz zulegen konnten.
Einziges Problem der Offenstallpferde im Winter sind deren Besitzer, denn die wollen Reiten. Weil Bewegung Energie verbraucht und damit eine nicht in die Winterplanung einkalkulierte Wärme erzeugt, kommen die Tiere schnell ins Schwitzen und werden nicht richtig trocken. Falls ein Offenstallpferd im Winter also viel geritten werden soll, so empfiehlt sich, das Winterfell zu scheren – allerdings nicht so kurz wie bei Boxenpferden – und anschließend das Pferd richtig dick einzudecken.
Da auch Offenstallpferde im Winter mehr Energie verbrauchen als im Sommer, sollte eine Diät nicht gerade in diese Jahreszeit fallen. Reichlich Heu, ausgewogen das Kraftfutter eventuell mit zusätzlichem Mineralfutter, dazu hin und wieder Mash, so kommen auch Offenstallpferde gut über den Winter.
Boxenpferde brauchen frische Luft und Licht
Bei Pferden, die in einer Box gehalten werden, muss der Besitzer aktiv eingreifen, um das Immunsystem in Schwung zu bringen. Diese Pferde bekommen im Winter oft zu wenig Licht. Sonneneinstrahlung jedoch fördert die Vitamin-D-Produktion und stärkt damit die Abwehr. Da nun ohnehin die Tage kürzer werden, kann man mit künstlichen Licht in der Box den Tag für das Immunsystem des Pferdes verlängern.
Ganz wichtig ist außerdem die Belüftung im Stall. Wer meint, durch Verrammeln aller Fenster und Türen den Pferden einen schönen mollig warmen Stall zu bieten, ist auf dem Holzweg. Das Pferd kann seinen Körper auf jede Temperatur einstellen. Geschlossene Ställe jedoch fördern in Zusammenarbeit mit dem Staub der Einstreu oder dem Heu und Ammoniakdämpfen das Niedersetzen von Viren und Bakterien. Diese kriechen durch die Nase ins Pferd und fertig ist der grippale Infekt. Dieser so genannte Thermo-Regulationsmechanismus der Pferde ist übrigens auch der Grund weshalb sie krank werden, wenn es „zieht“. Trifft jede Menge kalter Luft auf den gesamten Pferdekörper, so stellt das Pferd seine Poren und Blutgefäße automatisch darauf ein und passt somit seinen Körper der Temperatur an. Trifft jedoch nur ein punktueller Strahl kalter Luft auf die Flanke oder den Bauch, so schaltet sich der Thermo-Regulationsmechanismus nicht ein und das Pferd bekommt einen „Zug“. Ergo: Offene Stallfenster und Tore schaden dem Pferd nicht. Zugige Ritzen in der Boxenwand schon eher.
Solarium ersetzt das Trockenreiten nicht
Ein vielfach falsch eingesetztes Instrument ist das Solarium. Mancher Reiter denkt, das UV-Licht würde das Trockenreiten ersetzen. Kommt das Pferd jedoch klatschnass unters Solarium, so erweitern sich die Poren aufgrund der Wärme und das Pferd trocknet oberflächlich ab. Kommt es aber anschließend in die Box, so kühlt das Pferd durch die weiten Poren aus und erkältet sich. Deshalb müsse ein Pferd mit längerem Fell im Winter eben auch mal eine dreiviertel Stunde lang trocken geritten werden. Das Solarium kann der Reiter anschließend seinem trockenen Pferd als zusätzliches „Wellnesspaket“ bieten, wenn er will. Wer keine Zeit zum Trockenreiten hat, kommt ums Scheren und Eindecken nicht herum.
Auch medikamentös lässt sich das Immunsystem der Pferde ankurbeln. Schulmedizinisch gibt es Paramunitäts-Induser und Vitamin C, die den Körper von innen heraus stärken. Durch nicht spezifische Förderung des Immunsystems wird das Abwehrsystem sensibilisiert und ist wachsam. Eindringende Krankheitserreger werden so eher erkannt und abgewehrt.