Allzu oft werden unsere Tiere bereits in jungen Jahren oder im Alter krank. Es wird uns bewusst, dass wir uns mit dem Thema Euthanasie auseinandersetzen und uns darauf einstellen müssen, ihm möglicherweise auf diese Weise zu helfen, um unnötiges und unzumutbares Leiden zu ersparen oder zu verhindern. Steht das Tier in Saft und Kraft, ist es munter, gesund und fröhlich, möchte sich verständlicherweise niemand mit diesem belastenden und traurig stimmenden Thema auseinandersetzen. Aber genau dann sollte man es tun: wenn alles in Ordnung ist und man „danach“ wieder zur Tagesordnung übergehen und sich an der Gesundheit seines Tieres leichten Herzens erfreuen kann. Steht das Thema erst einmal im Raum oder wird unmittelbar Realität, kann der eine oder andere damit emotional völlig überfordert sein. Klares Denken wird erschwert bis unmöglich und die Gefahr, wichtige Entscheidung nicht mehr selbst nach reiflicher Überlegung fällen zu können, sondern sie vollständig in fremde Hände zu überantworten, ist sehr groß. Euthanasie ist nicht gleich Euthanasie, auch wenn das Ergebnis, der Tod des Tieres, am Ende dasselbe ist. Der Weg dorthin, das Sterben, kann unterschiedlicher nicht sein.
Ein Weg ist die Euthanasie durch Überdosierung eines Narkosemittels. Über einen Venenkatheter wird das Narkosemittel injiziert und wenn das Tier narkotisiert ist, wird in Überdosis nachinjiziert, bis es zu Herz- und Kreislaufstillstand kommt. Eine Regulationsmöglichkeit der gezielten Nachdosierung ist hier gegeben. Hier muss erwähnt werden, dass das Legen eines Venenkatheters nicht immer zwingend notwendig ist oder auch umgangen werden kann. Gerade bei kachektischen, dehydrierten Tieren ist es von Vorteil, wenn man die Vene nicht suchen muss. Hier besteht die Möglichkeit der intrarenalen Injektion eines Pentobarbitals, zum Beispiel Narcoren und dies sofort in der erforderlichen Dosis. Nachinjektion ist in den meisten Fällen nicht erforderlich. So mancher mag sich bei der Vorstellung einer Spritze direkt in die Niere erschrecken und befürchten, dass dies sehr schmerzhaft ist. Ist es aber nicht. Der Schmerz ist in etwa der wie bei einer Spritze subcutan, die ja die meisten auch schon bei sich selbst einmal erlebt haben. Mehr dazu später.
Umstritten und dennoch vielfach eingesetzt
Ein Mittel aber, das ebenfalls bei der Euthanasie zum Einsatz kommt, äußerst umstritten ist und mitunter zu heftigen Diskussionen führt, ist T 61®. Viele Tierhalter wissen gar nicht, dass es T 61® überhaupt gibt, geschweige denn, um was für ein Mittel es sich hier überhaupt handelt und welche verheerenden Folgen ein nicht fachgerechter Einsatz für das Tier haben kann. Wobei ich persönlich die Berechtigung und auch Notwendigkeit für den Einsatz von T 61® selbst bei fachgerechter und vorgeschriebener Anwendung prinzipiell in Frage stelle.
Dieser Artikel aber soll in erster Linie informieren und den Tierhalter dazu anregen, sich mit dem Thema auch über diesen Artikel hinaus auseinander zu setzen, um letztendlich selbst zu entscheiden, ob er dieses Mittel final für sein Tier wirklich möchte oder eben nicht. T 61® ist ein Kombinationspräparat aus den Wirkstoffen Embutramid (einem Narkotikum), Mebenzonium (einem Muskelrelaxans) und Tetracain (einem Lokalanästhetikum). Die Wirkung: vollständige Paralyse (Lähmung) der Skelett- und Atemmuskulatur, beginnend an den hinteren Gliedmaßen. Der Tod tritt letztendlich ein durch Ersticken. Ist das Tier zuvor nicht oder nur unzureichend narkotisiert worden, was Bestandteil der erwähnten fachgerechten Anwendung ist, stirbt das Tier einen qualvollen Tod und dies bei vollständigem Bewusstsein. Als „unerwünschte Nebenwirkungen“ in so einem Falle werden beschrieben: Exzitationen (Erregung), Schreien, Bellen, Erbrechen und Konvulsionen (Krämpfe). Weiterhin panische Abwehrbewegungen, Fluchtversuche und angstvoll aufgerissene Augen. Ein fürchterlicher Todeskampf.
Berichte von Menschen, deren Tier ohne ihr Wissen und ohne vorherige Information T 61® verabreicht wurde und die Zeuge eines solch dramatischen Verlaufes wurden, lassen die traumatischen Auswirkungen eines solchen Erlebnisses über möglicherweise Jahre hinweg erahnen. Manche überwanden dieses Schockerlebnis nie und waren danach auch nie wieder in der Lage, sich irgendwann nach dem Tod ihres Tieres wieder einem anderen zuzuwenden und ihm ein Zuhause zu geben.
Befürworter von T 61® argumentieren, dass bei ausreichender und tiefer vorheriger Sedierung diese Form der Euthanasie für das Tier leid- und schmerzfrei sei. Was aber, wenn durch ungenügende Sedierung zum Beispiel durch Resorptionsstörungen, zu niedriger Dosierung oder weil notwendige Wartezeiten, bis T 61® verabreicht werden kann, nicht eingehalten werden? Dann nimmt das Drama seinen Lauf und zwar unumkehrbar.
Warum wird T 61® überhaupt verwendet?
Es ist kostengünstiger und fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. Daher entfällt hier detaillierte Dokumentations- und Abgabenachweispflicht und spart bürokratischen Mehraufwand. Häufig eingesetzt wird es im Bereich Groß,- Nutz,- und Versuchstiere. Diesen Tieren wird bekanntlich ein geringerer oder auch „anderer“ Wert zugeschrieben: wissenschaftlicher, ökonomischer oder eben profitorientierter Nutzen. Es darf daher in Frage gestellt werden, ob bei diesen Tieren, zu denen in der Regel die individuelle Bindung und damit Wertschätzung, wie dies bei einem Hund oder einer Katze meist der Fall ist, die erforderliche Achtsamkeit aufgewendet oder es generell für erforderlich gehalten wird, hier auf entsprechend vorherige Sedierung zu achten. Man darf daher vermuten, dass in diesem Bereich T 61® oft auch mal ohne Narkose eingesetzt wird. Warum auch nicht? Versuchstiere haben nach Verbrauch ihren Zweck erfüllt und Nutztiere würden mangels weiterer Rentabilität nur weitere Kosten verursachen, statt welche einzubringen. Hier also geht es nur noch um günstige Entsorgung möglichst ohne Mehraufwand.
In den Beipackzettel der Hersteller der Injektionslösung T 61® wird unter „Anwendung“ oder „Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung beim Tier“ ausdrücklich darauf hingewiesen, T 61 ® nur nach vorheriger ausreichender und tiefer Narkose zu verwenden, um ein mögliches Ersticken des Tieres bei vollständigem Bewusstsein zu verhindern. Des Weiteren ist die Anwendung bei trächtigen Tieren nicht erlaubt. Daher verwundert es sehr und wirft etliche Fragen auf, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BLV) es für angebracht hielt, eine „Anpassung der Zulassungsbedingungen für das Tierarzneimittel T 61® zur Verbesserung des Tierschutzes und der Anwendersicherheit“ durchzusetzen und dies 2010 auf seiner Homepage www.bvl.bund.de veröffentlichte.
Wenn Bestandteil dieser wesentlichen Änderung unter anderem ist, dass die Anwendung nur noch am narkotisierten Tier erlaubt ist und man weiterhin annimmt, dass dies ja bereits zuvor durch die Anwendungsvorschriften in den Beipackzettel geregelt und vorgeschrieben schien, darf man mutmaßen und hinterfragen, wie der Umgang mit T 61® bisher in der Realität, in den Praxen, Ställen und Versuchslabors tatsächlich gehandhabt wurde, dass das BVL eine Notwendigkeit sah, hier gesetzlich nachzubessern. Ebenso verhält es sich mit dem Passus „Keine Zulassung für die Anwendung bei trächtigen Tieren“. Alleine der Umstand, dass T 61® ein derart hohes Risiko in sich birgt, dem Tier einen qual,- angst,- und schmerzvollen Tod zu bereiten, begründet meiner Ansicht nach die strikte Ablehnung.
Alternative: Narkose mit Überdosierung
Zumal es Alternativen gibt: Pentobarbital, aus der Gruppe der Barbiturate (Derivat der Barbitursäure). Es wird intravenös, intraperitoneal, aber auch intrarenal injiziert und bewirkt einen schmerzlosen Tod ohne zum Beispiel Exzitationen. Das Tier wird mit Pentobarbital narkotisiert und danach erfolgt die kontrollierte Überdosierung (Sturzinjektion) bis zum Eintritt des Todes. Früher war hier das Mittel der Wahl Eutha 77®, welches jedoch inzwischen nicht mehr auf dem Markt ist. Heute findet unter anderem Anwendung Narcoren®.
Als bei meiner eigenen todkranken Katze die Einschläferung unumgänglich war, folgte ich dem Rat eines meiner früheren Dozenten, meinen Tierarzt auf die Möglichkeit und den genauen Ablauf der intrarenalen Injektion (zum Teil als „Nierenstich“ bezeichnet) anzusprechen. Nach einem ausführlichen Gespräch mit meinem Tierarzt entschied mich für die intrarenale Injektion mit Narcoren. In meine übergroße Trauer und auch Angst im Moment des Geschehens mischte sich trotzdem Erstaunen, wie schnell, ruhig, stress- und schmerzfrei alles ablief. Er injizierte sofort die erforderliche Dosis und eine Nachdosierung war nicht nötig. Kaum war die Spritze gesetzt, sank schon ihr Köpfchen zur Seite und wenige Minuten später war es vorbei. Kein Kampf, keine Krämpfe, kein Schreien, kein Erbrechen, keine Fluchtversuche oder Abwehrbewegungen, auch keine Muskelzuckungen post mortem. Nichts. Es lief genauso, wie ich es mir für sie gewünscht hatte. Das Wissen, dass ihrem unheilbaren Leiden und körperlichem Siechtum auf sanfte und schmerzlose Weise ein Ende gesetzt wurde, statt ihr noch weiteres Leid zuzufügen, hat mir bei der anschließenden Trauerarbeit unendlich viel geholfen. Dieses persönliche Erlebnis lässt mich diese Methode befürworten.
Wenn Sie sich nach einem hoffentlich langen und glücklichen Leben mit Ihrem Vierbeiner von ihm verabschieden und Sie den Weg der Euthanasie gehen müssen – begleiten Sie ihn bis zum Schluss. Für uns selbst ist die Wahl des richtigen Zeitpunktes mitunter eine der schwersten Entscheidungen, die wir je zu treffen haben und wenn die Entscheidung dann unumgänglich feststeht, die Begleitung auf der letzten Etappe des Lebens unseres Tieres verbunden mit einem immensen psychischen Kraftaufwand. In der Stunde des Todes bei seinem Tier zu bleiben, diese Kraft aufzuwenden, sich nicht abzuwenden, weil man es selbst nicht erträgt, nenne ich gerne den „letzten Liebesdienst“, den man ihm erweisen kann. Und dazu gehört auch, ihm T 61® zu ersparen.