Dillenburger Ramsnasen

Dem Zeitgeist entsprechend wurde in der Zucht vor allem ein besonderer Typ angestrebt, um diesen zu erzielen wurden regelmäßig zwischen den europäischen Fürstenhöfen Zuchtpferde ausgetauscht und zugekauft.

Die Grafen von Nassau-Dillenburg verwendeten Hengste spanischer, neapolitanischer und orientalischer Herkunft, die sie an holsteinische oder dänische Stuten anpaarten. Die Dillenburger Ramsnasen erhielten ihren Namen auf Grund der im Barock so geschätzten gewölbten Stirn- und Nasenlinie. Sie waren mittelgroße Pferde und zeichneten sich durch starke Bemuskelung aus. Sie verfügten über eine hohe Knieaktion, die vor allem die Trabbewegungen spektakulär zur Geltung brachten.

Bauern mussten Stuten stellen

Zwischen den Grafen von Nassau-Dillenburg und dem niederländischen Königshaus von Oranien bestanden seit dem frühen 15. Jahrhundert enge familiäre Bindung. So beteiligten sie sich im 16. Jahrhundert an dem über 80 Jahre dauernden Freiheitskampf der Niederländer gegen die spanische Herrschaft. Fast alle Pferde, die während dieser Kämpfe eingesetzt wurden, gingen verloren. Zum Wiederaufbau der Zucht wurde ein kleines Landgestüt mit einer Beschälstation in Liebenscheid im Westerwald gegründet. Die Bauern der umliegenden Kirchspiele wurden verpflichtet, ihre besten Stuten den aus Den Haag stammenden Hengsten zuzuführen. Die Stutfohlen durften sie zu Weiterzucht behalten, Hengstfohlen mussten jedoch an den Marstall oder die Kavallerie verkauft werden.

Mitte des 17. Jahrhundert verpflichtete eine Gestütsordnung, bei Strafe von zehn Reichstalern, alle Stutenbesitzer ihre Stuten nur von den herrschaftlichen Hengsten bedecken zu lassen und nicht ohne Genehmigung ins Ausland zu verkaufen. Im Dillenburger Marstall standen „Original-Beschäler von sehr edler Art aus Siebenbürgen, Spanien und Neapel“ bereit.

Doch die Dillenburger Ramsnasen waren in ganz Europa beliebt und als Mitte des 18. Jahrhunderts den Züchtern auch eine Ausfuhr von Stuten und Stutfohlen ins Ausland genehmigt wurde, erlebte die Rasse einen weiteren Aufschwung. Die Züchter begannen auf Grund der gestiegenen Vermarktungschancen ihre Stutenbasis durch Neueinkäufe zu verbessern. Außerdem wurden für den fürstlichen Marstall neun Hengste aus Dänemark „von ausgezeichneter Güte und Schönheit“ angekauft.

Niedergang der Zucht

Die Zucht der Dillenburger Ramsnasen florierte. Am Hof in Den Haag wurden die gelieferten Kutschpferde gelobt und die Käufer strömten zu den Rossmärkten und brachten viel Geld in die Kassen.  Doch keine zehn Jahre später wurden im Siebenjährigen Krieg 1760 die Gestütsanlagen vollständig zerstört und die Hengste und fast alle Stuten von den Franzosen beschlagnahmt. Der Versuch einer Widerbelebung der Zucht brachte nicht den erhofften Erfolg. Die Nachzucht war zu klein und schwach und nicht immer einfach im Temperament. Mit den sinkenden Fohlenpreisen gingen auch die Bedeckung der Stuten zurück. Heute ist die Rasse ausgestorben.      

 

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