American Quarter Horse

Besonders stolz auf ihr Quarter Horse sind die Amerikaner nicht zuletzt, weil es ein Produkt der Besiedelung Nordamerikas ist. Spanische Konquistadoren brachten im 16. und 17. Jahrhundert Araber, Berber und Andalusier mit auf den neuen Kontinent, auf dem Pferde zu diesem Zeitpunkt völlig ausgestorben waren. Englische Siedler importierten in der Folgezeit unter anderem irische Ponys, Englische Vollblüter und Percherons. Aus der Mischung dieser Rassen entstand schließlich das American Quarter Horse als die erste und damit älteste Pferderasse Nordamerikas.

Schnell und vielseitig

Seinen Namen verdankt sie der englischen Tradition der Pferdewetten, die Ende des 18. Jahrhunderts durch die Siedler auch in Nordamerika Einzug hielt. In sogenannten „Quarter Mile Races“ traten zwei Pferde über eine 440 Yards (etwa 400 Meter) weite Strecke gegeneinander an („Match Race“). Das Quarter Horse erwies sich als geeignetste Rasse für den Einsatz in den populären Rennen, weil es zum einen bis heute das schnellste Pferd auf der Distanz der Quarter-Mile ist, zum anderen aber, weil sich in den harten Zeiten der Besiedelung niemand den Luxus eines reinen Rennpferdes leisten konnte und das Quarter Horse auch die anderen Anforderungen an ein Westernpferd erfüllte. Schon von Beginn an zeigte die neue Rasse ihre Vielseitigkeit: Während das Quarter Horse sonntags meist Rennen bestritt, musste es unter der Woche den Farmern den Pflug ziehen oder den Cowboys beim Zusammenhalten der Rinderherden helfen – sein „Cow-Sense“ machte es dabei zu einem unverzichtbaren Kameraden der Viehhirten. Durch seine Robustheit, seine Wendigkeit und sein zuverlässiges und nervenstarkes Gemüt war es der ideale Partner für die Eroberung des Westens und sorgte zudem durch seinen Einsatz in Rennen für die sonntägliche Unterhaltung.

Bis heute werden diese vielseitigen Eigenschaften des Quarter Horses von vielen Millionen Fans geschätzt. Einen bedeutenden Anteil an der extremen Beliebtheit der Rasse hat dabei sicherlich auch das geschickte Marketing der American Quarter Horse Association (AQHA), die seit ihrer Gründung 1940 offensiv an die Geschichte anknüpfte und das Arbeitspferd der Rinderhirten in den Rang eines inoffiziellen Nationalheiligtums erhoben hat. Inzwischen ist die AQHA der größte Pferdezuchtverband der Welt mit über vier Millionen registrierten Pferden, etwa 300 000 Mitgliedern und zahlreichen Filialverbänden weltweit. Hierzulande kümmert sich die Deutsche Quarter Horse Association (DQHA) um die Belange der Quarter-Halter und -Züchter. Jährlich schreibt sie deutschlandweit über 70 Turniere aus, das größte darunter ist die International DQHA Championship. Zudem bietet sie mit der Stallion Service Auction (SSA) das größte und älteste private Zuchtförderprogramm Europas, dessen Höhepunkt die alljährlich stattfindenden Futurity- und Maturity-Wettbewerbe sind.

Standard: Exterieur und Interieur

Das Quarter Horse hat ein Stockmaß von 145 bis 160 Zentimetern und kommt in allen Farben vor. Einzig die Schecken werden nicht zu den Quarter Horses, sondern zu den American Paints gezählt. Das Quarter Horse hat einen kurzen, edlen Keilkopf mit ausgeprägten Ganaschen, ein kleines Maul mit einer kurzen Maulspalte und freundliche große Augen. Die kleinen, beweglichen Fuchsohren sitzen auf einer breiten, muskulösen Stirn. Der Hals ist mittellang mit langer Ober- und kurzer Unterlinie sowie einem leichten Genick mit ausreichend Ganaschenfreiheit. Das Quarter Horse steht im Rechteckformat, hat eine gute Sattellage, eine ausgeprägte schräge Schulter, einen tief in den mittellangen Rücken reichenden Widerrist, viel Gurttiefe und eine lange muskulöse Kruppe mit tief angesetztem Schweif. Lendenpartie, Hinterhand, Brust, Unterarm und Schenkel sind kräftig und muskulös. Das korrekte Fundament ist passend zum Pferd mit kurzen Röhrbeinen, ausgeprägten Gelenken und harten, mittelgroßen Hufen. Die Gänge des Quarter Horse sind typischerweise flach und taktrein mit viel Schub aus der Hinterhand. Berühmt ist es für seinen ausgezeichneten, fördernden Galopp.

Neben dem kräftigen und doch eleganten Äußeren ist es vor allem auch sein Wesen, das das Quarter Horse so beliebt macht: Es hat einen überaus freundlichen und sensiblen, dabei aber sehr ausgeglichenen und menschenbezogenen Charakter. Zudem ist es intelligent und lernfähig und dadurch leicht trainierbar.

Einerseits robust, andererseits wendig und schnell, sensibel und doch nervenstark – diese Kombination macht das Quarter Horse zu einer besonders vielseitig einsetzbaren Rasse: Es ist das ideale Freizeitpferd, erzielt aber je nach Typ auch in verschiedenen Disziplinen wie Western, Springen, Kurzstreckenrennen, Jagd und Fahrsport sehr gute Erfolge. 

Zuchtrichtungen

Auch in anderen Rassen kennt man eine gewisse Spezialisierung, etwa eine gezielte Zucht in Richtung Springen oder Dressur – die Zucht beim American Quarter Horse aber geht weit darüber hinaus. Rahmige Pleasure-Pferde oder elegante Hunter mit hohem Vollblutanteil, bullige Cowhorses oder muskulöse, kleine Reiner – weltweit züchtet man Pferde mit sehr unterschiedlichem Exterieur und ganz unterschiedlicher Eignung unter dem gemeinsamen Namen Quarter Horse. Alle Züchter und Reiter aber sind sich einig: Ein typisches American Quarter Horse ist ein Pferd, das auf den ersten Blick als Quarter zu erkennen ist!

Halter: Eine Besonderheit des Westernreitsports stellen die Halterprüfungen dar, in denen Pferde an der Hand vorgestellt werden. Sie sollen dem Zuchtziel möglichst nahe kommen, besonders schön und harmonisch gebaut sein, aber auch über das rassetypisch belastbare Nervenkostüm verfügen.

Pleasure: In einer Pleasure-Prüfung, in welcher die Gangarten des Pferdes bewertet werden, sind es elegante, feine Pferde die miteinander konkurrieren. Mit dem verbreiteten Bild des Quarters als muskulösem Kraftpaket haben diese eher an Englische Vollblüter erinnernden Pferde wenig gemein. Pferde dieser Zuchtrichtung eignen sich nicht nur für die Disziplin Pleasure, sondern auch für andere Prüfungen wie Trail (Geschicklichkeitsprüfung über Hindernisse), Western Horsemanship (hier wird der Reiter bei der Vorstellung bestimmter Reitfiguren bewertet), Western Riding (Prüfung mit Schwerpunkt Galoppwechsel) oder Hunterprüfungen (Gangartenprüfung im englischen Sattel nach dem Vorbild der ursprünglichen Hunter Reiterei in England).

Reining: Bei der Turnierdisziplin Reining sind relativ kleine, kompakte und ungemein muskulöse Pferde zu bewundern, die mit katzenhafter Geschmeidigkeit und unglaublichem Beschleunigungsvermögen einzeln ihre Prüfung absolvieren. Reining ist für viele Fans die Königsdisziplin des Westernreitsports, sie wird auch als Western-Dressur bezeichnet – obwohl sie mit klassischen Dressuraufgaben kaum etwas gemein hat.

Cutting/Cowhorse: Hier zeigen die Quarter Horses Ihren berühmten Cow-Sense. Beim Cutting ist es die Aufgabe des Pferdes, ein ganz bestimmtes Rind aus der Herde zu lösen und über eine vorgegebene Zeit getrennt zu halten. Sobald das Rind von der Herde getrennt wurde, übernimmt das Pferd selbständig die Aufgabe, es an der Rückkehr zu hindern, der Reiter darf keine Zügelhilfen mehr geben. Die enge Verknüpfung von Cutting mit Reining wird in der „Working Cowhorse“ noch unterstrichen. Hier zeigen Pferd und Reiter zunächst eine kleinere Reining-Aufgabe, um danach am Rind eine Abfolge vorgegebener Übungen zu vollführen – trotz blitzschneller Reaktionen und rasanter Manöver immer kontrolliert.

 

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