Achtung Reitvereine: Kein Versicherungsschutz für reitende Vorstandsmitglieder

Vor einiger Zeit musste sich das Landgericht Münster mit einem Fall auseinandersetzen, dessen Urteil für Reitvereine generell von Bedeutung ist. (Az: 6 O 558/06). Dabei ging es um eine Reiterin, die im Verein eine Funktion als Mitglied des geschäftsführenden Vorstands innehatte, also laut Satzung berechtigt war, den Verein gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Eines Tages ritt sie ein vereinseigenes Pferd, das während des Ritts scheute und die Reiterin abwarf. Diese wurde dabei nicht unerheblich verletzt.

Deshalb forderte die Sozialversicherungsträgerin der Frau später vom Reitverein die aufgewandten Heilbehandlungskosten zurück und berief sich dabei auf die Tierhalterhaftung und auf die kraft Gesetz übergegangenen Ansprüche der Verletzten. Das Landgericht Münster gab der Klage statt und verurteilte den Verein zur Zahlung.

Haftung auch bei Verschulden

Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für Reitvereine allgemein. Denn sie macht klar, dass der Verein auch den Mitgliedern seines geschäftsführenden Vorstands gegenüber aus Tierhalterhaftung haftet. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Gefährdungshaftung, bei der es nicht darauf ankommt, ob der Geschädigte zugleich „Organ“ des Schädigers ist, um den Haftungstatbestand zu erfüllen. Die Tierhalterhaftung ist außerdem verschuldensunabhängig. Das heißt: Es kommt nicht darauf an, ob der Verein an dem Unfall schuld war. Selbst wenn das Vorstandsmitglied selbst in schadenstiftender Weise (z. B. Reitfehler) mitgewirkt hat, muss der Verein haften.

Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn das Verhalten des Vorstandsmitglieds alleinursächlich für den Unfall ist und die Tierhalterhaftung dahinter zurücktreten würde.
 Also zum Beispiel dann, wenn 
das Vorstandmitglied bewusst scharf um eine Ecke galoppiert, um die unliebsame Stallkollegin umzurennen und dabei selbst vom Pferd fällt. Das war hier aber nicht der Fall.

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Der Verein versuchte sich dadurch zu entlasten, dass es sich bei dem Reitpferd um ein Tier gehandelt hätte, das für die Erwerbstätigkeit des Vereins bestimmt war. In derartigen Fällen ergibt sich nämlich aus dem Gesetz ein Haftungsprivileg für den Tierhalter, das zum Haftungsausschluss führt. Das Gericht befand aber, dass die vom Verein gehaltenen Pferde, die dieser seinen Mitgliedern zu Reitzwecken zur Verfügung stellt, ausschließlich der sportlichen Betätigung dienen und zu sportlichen Zwecken gehalten werden. Anders verhält sich die Sachlage, wenn es sich dabei um Schulpferde handelt, die gewinnbringend genutzt werden.

Verein hatte keinen Versicherungsschutz!

Die besondere Problematik des Falles – und deshalb handelt es sich dabei um eine Haftungsfalle für Vereine – liegt darin, dass aufgrund der allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) keine Versicherung für die anfallenden Kosten eintreten musste. Denn „Haftpflichtansprüche von gesetzlichen Vertretern juristischer Personen des Privatrechts sowie nicht rechtsfähiger Vereine“ bleiben vertragsgemäß von der Versicherung ausgeschlossen. Für den vorliegenden Fall hatte der Verein also keinen Versicherungsschutz seiner Tierhalterhaftpflichtversicherung.

Reitvereinen ist deshalb anzuraten, vereinseigene Pferde, die lediglich zu sportlichen Zwecken gehalten werden und nicht der Gewinnerzielungsabsicht dienen, nur von Personen reiten zu lassen, die nicht dem (geschäftsführenden) Vorstand angehören. Ist dies unmöglich, so sollte man sich mit seinem Versicherer in Verbindung setzen und einzelvertraglich eine Klausel aushandeln, derzufolge der Verein auch dann (Haftpflicht-) Versicherungsschutz genießt, wenn dessen vertretungsberechtigte Personen die vereinseigenen Pferde reiten.

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