Berühmte Pferde: Bayard, Incitatus, Sleipnir und El Morzillo

Bayard war ein Wunderpferd. Selbst wenn er vier Reiter trug, war das riesige Ross schneller als jedes andere. Und Bayard musste häufig schnell sein und vier Reiter tragen. Das herrliche Tier gehörte Renaud (auch Reinhold), dem ältesten Sohn des Herzogs Haimon (auch Aymon), eines Vasallen Karls des Großen.

Bayard und die Haimonskinder: Ein Pferd wird zum Helden

Nach langem Kampf bändigte Renaud das ungestüme Tier, welches ihm daraufhin völlig ergeben war und ihm bis zur Selbstaufgabe diente. Der König höchstpersönlich soll ihm das wilde Pferd geschenkt haben – eine Entscheidung, die er wohl bald bedauerte. Denn Renaud erschlägt den Neffen Karls, und einzig der unermüdliche Bayard ermöglicht Renaud und seinen drei Brüdern die Flucht.

Die vier „Haimonskinder“ widersetzen sich Karls Herrschergewalt immer wieder aufs Neue – und immer wieder ist es Bayard, der die Unterlegenheit und das mangelnde Kriegsgeschick der Brüder ausgleicht, den Haimonskindern die Flucht ermöglicht oder sie gar zum Sieg trägt. Alle vier gleichzeitig, denn das Wunderpferd verfügte über magische Kräfte und konnte sich je nach Bedarf in die richtige Länge strecken, so dass alle vier Brüder auf seinem Rücken Platz fanden.

Um die Haimonskinder unter Druck zu setzen, nahm Karl der Große deren Vater gefangen. Der Vasall sollte nur freikommen, wenn Bayard getötet wurde. Mit einem umgehängten Mühlstein wurde Bayard daraufhin in einen Fluss getrieben. Doch statt zu ertrinken konnte sich das edle Tier befreien und ans Ufer schwimmen. Als es daraufhin ein zweites Mal ins Wasser getrieben wurde, wendete Renaud sich von ihm ab. Aus Kummer über den Verlust von Renauds Zuneigung und Unterstützung ertränkte sich Bayard selbst.

Caligula und Incitatus: Ein Pferd wird Senator

Andere Reiter lohnten ihren Pferden den Dienst höher, allerdings nicht unbedingt sinnvoller, als es Renaud tat. Alexander der Große ließ seinen Hengst Bukeophalos in einem prunkvollen Mausoleum bestatten und gründete ihm zu Ehren die Stadt Alexandreia Bukephalos, das heutige Jhemal in Pakistan.

Der größenwahnsinnige Caligula beschränkte sich nicht auf eine prunkvolle Beerdigung: Schon zu Lebzeiten ließ er seinem Lieblingspferd „Incitatus“ einen eigenen Palast bauen – mit Repräsentationsräumen, in denen das Pferd Gäste empfangen konnte, mit eigenem Gesinde und kostbaren Möbeln. Incitatus besaß eine marmorne Tränke, ein Halsband aus Edelsteinen, einen Sattel aus Purpur und ein Zaumzeug aus Elfenbein. Bei Gelagen trank das Rennpferd Wein aus goldenen Pokalen.

Damit Incitatus sich optimal und ungestört auf seine Rennen vorbereiten konnte, ließ Caligula am Vortag der Rennen die Straßen rund um den Circus durch Soldaten absperren und verordnete absolute Ruhe. Der Kaiser war von den Verdiensten des erfolgreichen Rennpferdes so angetan, dass er bei Staatsakten „auf das Wohlergehen und das Vermögen von Incitatus“ schwören ließ und dem Pferd die Konsulwürde angedeihen lassen wollte. Bevor Incitatus einen ständigen Sitz im Senat erhielt und eine politische Laufbahn einschlagen konnte, wurde sein Herr jedoch ermordet. Was mit dem Pferd passierte, ist nicht bekannt.

Odin und Sleipnir: Ein Pferd wird zum Träger eines Gottes

Sleipnir, der „Dahingleitende“, war das Reitpferd des nordischen Gottes Odin. Seinen Namen erhielt das Pferd, weil es sich an Land, zu Wasser und in der Luft schnell und gleitend fortbewegen konnte. Weil er obendrein acht Beine hatte, konnte Sleipnir nicht nur schnell sondern auch unermüdlich laufen (er wechselte einfach ab). Der Träger des Gottes war selbst ein Halbgott und Sohn des listigen Gottes Loki, der in Gestalt einer Stute den Hengst des Riesen Hrimthurse entführte.

Sleipnir trug seinen Reiter zuverlässig überall hin, sogar bis in die Unterwelt. Einmal allerdings rutschte das Götterpferd aus, als Odin es über die Wüsten der Arktis ritt. Sleipnir fing sich, indem er seinen Fuß auf Nordisland setzte. Bis heute ist sein Hufabdruck, der fälschlicherweise als „Odins Fußabdruck“ bezeichnet wird, dort zu sehen – in Form der Ásbyrgi-Schlucht.

Hernando Cortez und El Morzillo: Ein Pferd wird zum Gott

Als Hernando Cortez bei seinen Eroberungszügen in der Neuen Welt von Mexiko aus in das Gebiet des heutigen Guatemala kam, waren die dort lebenden Indianer weit mehr von seinem schwarzen Andalusierhengst „El Morzillo“ beeindruckt, als vom Kreuz der Patres, das sie zum Christentum bekehren sollte. Das Kreuz kannten sie als Symbol ihres eigenen Regengottes – ein Pferd hatten sie nie zuvor gesehen.

Weil sich El Morzillo auf dem Marsch verletzt hatte, übergab Cortez ihn den Indianern, damit diese ihn bis zur Rückkehr des Eroberers gesund pflegten. Völlig unerfahren im Umgang mit Pferde ließen die Eingeborenen El Morzillo ihre Verehrung zuteil werden. Sie kamen von weit her, um dem Tier Fleischopfer und Blumengaben zu bringen. Trotz (oder wegen) der aufopferunsvollen Pflege starb El Morzillo.

Seine Gastgeber errichteten eine überlebensgroße Statue, die das Pferd auf den Hinterläufen sitzend und mit weggestreckten Vorderbeinen darstellte, und machten El Morzillo zum Wettergott Tziunchan. Ob sie den schwarzen Hengst bereits beim Errichten der Statue als Gottheit angesehen hatten, oder ob sie die Statue nur errichteten, um Cortez bei seiner Rückkehr (die im übrigen nie stattfand) zu beschwichtigen, ist nicht ganz klar. Überliefert ist aber, dass die Pferdegottstatue 1697 von den Franziskanerpadres Orbieta und Ruensalida als heidnisches Götzenbild zerstört wurde.

 

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