Wölfe in Deutschland: Fohlen sind gefährdet. Auf Einzäunung achten!

Barnboox: Muss man als Pferdehalter Angst vor Wölfen haben, wenn man seine Pferde in Norddeutschland auf eine Koppel stellt?

Ludwig: In Deutschland gab es bislang keinen uns bekannten Fall beim dem ein Wolf ein Pferd getötet oder verletzt hat. Erfahrungen aus anderen Wolfsgebieten in Europa zeigen, dass Übergriffe von Wölfen auf Pferde sehr selten sind. Auch Übergriffe auf Rinder, im Vergleich zu Übergriffen auf Schafe und Ziegen, sind selten. Sie sind aber nicht ausgeschlossen. Erwachsene Pferde und Rinder in Freilandhaltung sind meist recht wehrhaft. Dies gilt für Pferde noch stärker als für Rinder.
Fohlen und junge Rinder sind eher gefährdet. Allerdings werden Fohlen und Kälber in der Regel durch die erwachsenen Tiere geschützt. Übergriffe auf Jungtiere können vor allem dann geschehen, wenn sich diese aus der Koppel entfernen und somit nicht mehr den Schutz der Herde genießen

Barnboox: Was kann man tun, um die Jungtiere zu schützen?

Ludwig: Wir empfehlen, Fohlen, Kälber und Jungrinder nicht alleine, sondern zusammen mit erwachsenen Tieren auf der Weide zu halten. Außerdem sollte die Einzäunung so beschaffen sein, dass die Tiere innerhalb der Koppel bleiben. Dies ist schon allein aus Gründen der Hütesicherheit anzuraten. Hierfür sind stromführende Zäune, z.B. Litzenzäune bestehend aus mehreren Litzen, gut geeignet. Um zu verhindern, dass Wölfe unter dem Zaun durchschlüpfen sollte der Abstand zwischen den untersten drei Litzen bzw. der untersten Litze und dem Boden maximal 20 cm betragen. Ab der vierten Litze kann der Abstand zwischen den Litzen auf maximal 30 cm erhöht werden.

Barnboox: Zuweilen werden Esel eingesetzt, um Schafherden vor Wölfen zu verteidigen. Funktioniert das auch bei einer Pferdeherde?
 

Ludwig: Der Einsatz von Eseln zum Schutz von Nutztieren ist fraglich und umstritten. Es gibt mehrere Studien, die immer wieder zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Es ist bekannt, dass Esel eine Antisympathie gegenüber Hundeartigen haben und bei Gefahr Alarm schlagen. Ob dies in jedem Fall, also bei jedem Wolfsangriff, auch der Fall ist, ist allerdings fragwürdig. In manchen Fällen kann ein Esel zusätzlichen Schutz bieten, muss allerdings nicht. Stromführende Zäune sollten allerdings auch in diesen Fällen eingesetzt werden. 

Barnboox: Gibt es Jahreszeiten, zu denen die Wölfe aktiver sind als sonst?

Ludwig: Der Spätsommer und Herbst ist erfahrungsgemäß die Jahreszeit in der die meisten Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere stattfinden. Ende September sind die Wolfswelpen mit ca. 6 Monaten aus der Entfernung von der Größe kaum noch von ihren Eltern zu unterscheiden. Um den mit dem raschen Wachstum verbundenen Nahrungsbedarf der Welpen zu decken, müssen die Elterntiere im Spätsommer / Herbst besonders viel Nahrung herbei schaffen. Ab Herbst werden sie auf den Jagdausflügen teilweise schon von den Welpen begleitet. Auch wenn die Hauptbeute nach wie vor Schalenwild ist, werden die Wölfe auf ihren ausgedehnten Streifzügen unzureichend geschützte Nutztiere, vor allem Schafe und Ziegen, als Beute nicht verschmähen. Diese stellen für den Wolf im Vergleich zu wildlebenden Huftieren eine besonders leichte Beute dar.

Barnboox: Was können Sie über die Verbreitung des Wolfes in Deutschland sagen?

Ludwig: Nach derzeitigem Kenntnisstand gibt es in Deutschland ca. 35 Wolfsrudel bzw. -paare und zwei sesshafte Einzelwölfe. Bei zwei Wolfsterritorien in Sachsen ist allerdings aktuell noch die Frage ob diese überhaupt noch existieren. Erst am Ende des laufenden Monitoringjahres (Ende April) kann man dies mit Gewissheit sagen. Dann wurden alle Daten im Rahmen des Wolfsmonitorings ausgewertet.

Barnboox: Vielen Dank für das Gespräch!

 

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