Pferdestärke (PS) Bedeutung: Worum geht´s?

115396_web_r_by_joerg-klemme-hamburg_pixelio-deIm Jahr 1788 gab der schottische Ingenieur James Watt den „Pferdestärken“ ihren Namen. Watt war auf der Suche nach einer anschaulichen Maßeinheit für die Leistung seiner Dampfmaschinen und berechnete diese anhand der Zugleistung von Pferden. Unser heutiges Kilowatt entspricht 1,359621617 PS und eine Pferdestärke entspricht 0,73549875 kW (75 kg x 1 m/s x 9,80665 m/s2). Die Bezeichnung „Watt“ ist erst 1978 in Anlehnung an James Watt entstanden.

Erläutert für Nichtmathematiker: Ein PS rechnet sich dann, wenn ein Pferd ein 75 Kilogramm schweres Gewicht pro Sekunde einen Meter nach oben über eine Umlenkung zieht. Die Formel wirkt deshalb so kompliziert, weil das Schwerkraftfeld der Erde mit einer Erdbeschleunigung von 9,80665 m/s2 mit in die Berechnung einbezogen werden muss.

Manche Pferde haben 20 PS

Um dies noch deutlicher zu beschreiben, wird die Leistung eines schweren Zugpferdes angenommen, das mit Schrittgeschwindigkeit von 5,4 km/h einen Karren mit einem Gesamtgewicht von 500 Kilogramm eine zehnprozentige Steigung hochziehen muss. Ein leichtes Zugpferd mit einem Körpergewicht von 750 Kilogramm benötigt noch 1,5 weitere PS, um die Bewegung des eigenen Gewichts zu vollbringen.
Die Dauerleistung eines erwachsenen, durchschnittlich großen Menschen wird mit 0,14 PS (100 Watt) angenommen, wobei nach entsprechendem optimiertem Training durchaus 440 Watt über eine Stunde und 6 Sekunden lang 910 Watt (entspricht ca. 1,2 PS) erreicht werden können.

Wussten Sie, dass ein Pferd weitaus mehr vollbringen kann? Die Leistung kann je nach Rasse, dem optimalen Trainingszustand oder der jeweiligen Motivation und Anstrengung variieren und deutlich abweichen. Im Galopp z.B. bei einem Flachrennen oder im Springreiten kann es kurzfristig über 20 PS leisten, während der Tagesdurchschnitt bei etwa einem PS angesetzt werden kann.

Dass James Watt seine Maßeinheit ausgerechnet anhand der Stärke von Pferden benannte – und nicht nach der von Elefanten oder Hunden – liegt auf der Hand: Tausende von Jahre war das Pferd für den Menschen der Inbegriff von Schnelligkeit, Zugkraft und Fortbewegung. Dennoch strebte die Wissenschaft seit jeher danach, sich durch Technik und Erfindungen vom Pferd unabhängig zu machen. Die ersten Versuche mit Dampfmaschinen gab es ab dem Jahr 1543, jedoch ohne größere Erfolge. Der österreichische Automobilhersteller Gräf & Stift baute das erste Auto und ließ dies im Jahr 1900, zwei Jahre nach seiner Schöpfung, als „frontangetriebenes Fahrzeug“ patentieren.

Das war der Beginn einer Entwicklung, die echte Pferdestärken immer mehr durch technische ersetzte. Pferde mussten fortan nicht mehr vor dem Pflug schuften, brauchten keine schweren Kutschen und Fuhrwerke mehr ziehen und trugen meistens leichte Reiter ohne Eisenrüstungen. Das schwere Kaltblutpferd hatte ausgedient. Innerhalb weniger Jahrzehnte schrumpfte der Bestand der sanften Riesen so stark, dass zahlreiche Rassen vom Aussterben bedroht waren und nur durch die gezielte Zucht von Liebhabern und Tierschützern gerettet werden konnten.

Ohne Motorisierung sähen wir alt aus

Wer die Motorisierung jetzt verteufeln möchte, der sei gewarnt: Ohne unsere durchgängige Motorisierung wäre vieles nicht möglich, was heute den Pferdealltag erleichtert. Kein Transport von Heu und Stroh wäre schnell erledigt, die Lieferung des Kraftfutters vom Bauern oder vom Futtermittellieferanten würde sich über Wochen hinziehen und der Tierarzt käme oftmals zu spät und schlecht ausgerüstet zu einem Notfall.

In der Reiterwelt von heute ist die ideale Kombination das Zusammenspiel von natürlichen und technischen Pferdestärken. So können Reitlehrer, Züchter und Turnierbegeisterte nach Herzenslust durch die Welt reisen, ihrem Hobby oder Beruf frönen und den Genpool ihres Gestüts mit Samen aus fernen Ländern auffrischen. Riesige LKWs bieten oft im Frontbereich die Schlafmöglichkeiten und direkten Zugang zu den Pferden. Moderne Zugfahrzeuge kutschieren Mensch und Tier komfortabel zum Reitkurs oder in die Tierklinik.

Technik bietet uns hervorragende Möglichkeiten, aber auch die Verantwortung, stets die für Mensch und Pferd richtige Entscheidung zu treffen und den bewussten Einsatz von Maschine und Tier zu planen. Hätte James Watt geahnt, wie die Entwicklung aussehen würde, zu der er im 18. Jahrhundert den Grundstein legte – er wäre durchaus stolz darauf gewesen.

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