Pferd und Hund im Reitstall: Wer haftet bei Unfällen und Schäden?

in Metzingen entstandenWer haftet, wenn Hund und Pferd auf einer Koppel aufeinandertreffen und es dabei zu einem Schaden kommt?

2010 hatte das OLG Rostock einen Fall zu entscheiden, in dem ein auf eine Koppel gelaufener Dalmatiner ein Freizeitpferd derart erschreckt hatte, dass sich dieses beim Versuch, das Gatter zu überspringen, schwer verletzte. Das OLG urteilte, dass der Hundehalter dennoch nicht den gesamten Schaden zu ersetzen habe, da bei einem solchen Unfall wegen der bei hobbymäßig gehaltenen Tieren verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung (§ 833 S.1 BGB) nicht nur die vom unberechenbaren Verhalten des Hundes ausgehende sog. Tiergefahr eine Rolle spiele, sondern eben grundsätzlich auch das „typisch tierische“ Scheuen und in Panik geraten des Fluchttieres Pferd als Mitverschuldensanteil (i.d.R. 50%!) haftungsmindernd anzurechnen sei. Der Fall verdeutlicht, dass in Fällen, in denen Tiere aufeinander treffen, ein erhebliches Risiko dafür besteht, dass jeder der Halter auf seiner Tiergefahr und damit zumindest einer Quote sitzen bleibt. Ein Zurückdrängen des Verschuldensanteils des Pferdebesitzers (bis) auf null (dies mag unbillig erscheinen) käme in einem vergleichbaren Fall daher wohl letztlich nur dann in Betracht, wenn das nachweislich völlig passive Pferd förmlich angegriffen wurde und sich unmittelbar dabei verletzte. Was im Ausgangsfall das Bestehen einer Anleinpflicht für die Frage der Haftungsquoten konkret geändert hätte, ist durchaus fraglich. Meines Erachtens hätte dies mit Blick auf die Gerichtspraxis wohl höchstens zu einer Minderung der Pferdehalterquote (z.B. 30:70) geführt. Fazit: es bleibt dabei: erst Tierhalterhaftpflicht abschließen und dann mit Tieren raus!

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Wer haftet, wenn der Hund eines Einstellers im Reitstall ausgelegten Rattenköder frisst?

Sei es wegen der Verletzung einer Schutz- bzw. Nebenpflicht aus dem Einstellervertrag oder aus dem Gesichtspunkt der Verletzung einer sog. Verkehrssicherungspflicht, der Reitstallbetreiber wird grundsätzlich bei sorgfaltswidriger Wahl des Ortes bzw. Art des Köders sowie bei unzureichender Kontrolle oder Kennzeichnung für einen am Eigentum des Einstellers (vgl. Hund = § 90a S.3 BGB) entstehenden Schaden einzustehen haben (§ 823 I BGB). Vorbehaltlich des in der Praxis eher untypischen Falles, dass Hunde verboten oder strikt anzuleinen sind und dies auch nachweislich Stallpraxis ist, oder, dass eine entsprechende Haftung zwischen Pensionsbetrieb und Einsteller wirksam ausgeschlossen oder begrenzt wurde, hat daher der Stallbetreiber etwaig entstehende Tierarztkosten oder schlimmstenfalls den Wert des Hundes zu ersetzen. Fraglich ist jedoch, ob nicht auch hier dem Hundebesitzer die Tiergefahr seines Hundes oder gar ein aktives Mitverschulden in Form einer Quote entgegenzuhalten ist. Im Ergebnis dürfte dies wohl immer dann relevant werden, wenn der Stallbetreiber tatsächlich hinreichend deutlich auf den Köder bzw. ein Hundeverbot oder zumindest die entsprechende Beaufsichtigungspflicht hingewiesen hat. Ebenso dürfte es zugunsten des Stallbetreibers zu berücksichtigen sein, wenn dieser den Köder an einem Ort ausgelegt hat, an dem schlicht nicht mit Hunden zu rechnen oder eine noch intensivere Kontrolle des Köders nicht zumutbar war. Fazit: Rattenköder im Stall birgt stets ein erhebliches Haftungsrisiko!

Wer haftet, wenn der Reitstallbetreiber den Hund eines Einstellers mit dem Traktor anfährt?

Grundsätzlich hat derjenige, der zumindest fahrlässig das Eigentum eines anderen widerrechtlich verletzt, diesem den entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 823 I BGB). Dies bedeutet, dass auch der Reitstallbetreiber, der einen im Eigentum eines Einstellers stehenden Hund anfährt, diesem die ggf. anfallenden Tierarztkosten zu ersetzen hat. Natürlich auch hier vorausgesetzt, es ist nicht ausnahmsweise wirksam die Haftung ausgeschlossen und dem Stallbetreiber ist überhaupt ein objektiv pflichtwidriges und subjektiv vorwerfbares Verhalten anzulasten. Musste er nämlich etwa wegen eines vertraglich vereinbarten Hundeverbots oder einer generellen Anleinpflicht auf dem Hof gar nicht mit freilaufenden Tieren rechnen oder fuhr er bereits sehr sorgsam und der Hund rannte ihm unvorhersehbar und damit letztlich unvermeidbar vor den Traktor, so muss eine Haftung richtigerweise bereits dem Grunde nach ausscheiden. Gehen wir von dem Fall aus, dass der Stallbetreiber grundsätzlich mit Hunden auf seinem Hof rechnen musste, so dürfte dennoch auch hier, sei es wegen Realisierung der spezifischen Tiergefahr des Hundes oder einem aktiven Mitverschulden des ggf. seine Anlein- oder Aufsichtspflicht verletzenden Hundehalters (§ 254 II BGB) haftungsmildernd zu berücksichtigen sein, dass der Unfall eben gerade auf einem Privatgrundstück passiert, auf dem bestimmungsgemäß Fahrzeuge bewegt werden. Es ist dem Hundehalter daher – unjuristisch gesprochen als „eigenes Risiko“ – zumindest anteilig zuzurechnen, dass dieser seinen Hund unbeaufsichtigt frei laufen lässt. Die Beantwortung der Frage, ob und ggf. mit welcher Quote ein Gericht eine Haftung des Stallbetreibers feststellen würde, dürfte im Ergebnis wesentlich  von den Faktoren „Sorgfalt beim Traktorfahren“, „Hundeverbot bzw. Anleinpflicht, ja oder nein?“ sowie ggf. „Vorhersehbarkeit des Auftauchens eines Hundes am konkreten Ort des Unfalls“ abhängen. Fazit: da der Stallbetreiber regelmäßig mit Hunden und der Hundebesitzer im Umkehrschluss typischerweise mit einem fahrenden Traktor auf dem Hof zu rechnen hat, wird auch in diesem Fall – nicht zuletzt wegen der üblichen Beweisproblematik – eine Haftungsverteilung im Verhältnis 100:0 oder 0:100 die seltene Ausnahme bleiben.

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