Fit durch Zirkuslektionen: Sinn, Hintergrund und Basiswissen

Pferd KomplimentUrsprung der Zirkuslektionen kann man im indischen Pferdetanz finden, eine Jahrtausende alte Kunst, die entwickelt wurde um Kriegspferde fit, wendig und geistig rege zu erhalten. Der traditionelle Pferdetanz kennt Lektionen, die dem Spanischen Schritt und der Pesade sehr ähnlich sind. Auch die gelaufene Courbette ist hier zu finden. Im europäischen Raum gibt es erste Hinweise auf die heute unter dem Begriff „Zirkuslektionen“ zusammengefassten Übungen im Buch „Über die Reitkunst“ von Xenophon, welches über 2000 Jahre alt ist. Hier wird auch das „Erheben des Pferdes auf die Hinterhand“, also das Steigen, beschrieben. In der Kavallerie wurde den Pferden außerdem beigebracht, sich auf Kommando unter allen Widrigkeiten flach hinzulegen, sodass Pferd und Reiter dem Feind kein allzu leichtes Ziel mehr boten.

Der Niedergang der Zirkuslektionen

Als jedoch die moderne Reitlehre nach dem Zweiten Weltkrieg verfasst wurde, fielen diese ganzen Übungen dem Streichstift zum Opfer. Das Einzige, was blieb, ist die Piaffe, welche die Basis des Pferdetanzes und aller Schulen über der Erde darstellt. Alles „Weiterführende“ in Richtung Zirkuslektionen wurde herausgenommen.

Im Zirkus jedoch wurden die alten Lektionen erhalten, „showgerecht“ etwas modifiziert und dann dem begeisterten Publikum als „Zirkuslektionen“ wieder vorgeführt. So verdanken wir es den großen Zirkusfamilien Europas, dass diese Übungen und Lektionen bis in die heutige Zeit erhalten geblieben sind.

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Doch wozu brauchen wir das heute?

Die klassischen Zirkuslektionen können dem modernen Sport- und Freizeitpferd von großem Nutzen sein. Die vielfältigen und komplexen Bewegungsmuster vieler Lektionen – beispielsweise der Spanische Schritt – ermöglichen es dem Pferd, seinen Körper auf völlig neue Weise kennen zu lernen. In der modernen Reitlehre wird leider das Thema Koordinationstraining sehr oft vernachlässigt. Jedoch sind gut ausgebildete koordinative Fähigkeiten der Schlüssel zu jeglicher Reitkunst, sei dies nun Klassisch, Western, Dressur, Springen, Barock oder was auch immer.

Auch nicht zu unterschätzen ist der Nutzen vieler klassischer Zirkuslektionen, was den gezielten Muskelaufbau betrifft. So können beispielsweise Lektionen wie die tiefe Levade und auch das Knien die Bauchmuskulatur effektiv im Maximalkrafttraining formen, was auch für Reiningreiter in Sachen Sliding Stop sicherlich ebenso interessant ist wie für den Dressurreiter in der Piaffe.
Ein Aufwölben des Rückens kann durch das Plie geübt werden, welches die komplette „obere Verspannung“ in statisch aktiver Weise dehnt.

Ängstliche Pferde werden selbstbewusster

Doch neben den körperlichen Aspekten gibt es auch wichtige mentale Aspekte, die die Zirkuslektionen mit sich bringen. So werden schüchterne, ängstliche Pferde beispielsweise durch Lektionen wie den Spanischen Schritt oder die Jambette selbstbewusster, während man dominante Pferde auf ganz entspannte Weise mit Lektionen wie dem Knien und dem Kompliment gewaltfrei wieder in ihre Schranken weisen kann.
Das Ablegen und Flachliegen ist ebenfalls ein großer Vertrauensbeweis und gleichzeitig Vertrauensförderer zwischen Pferd und Mensch – vorausgesetzt es wird richtig und pferdegerecht einstudiert.

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