Verladen ist nichts, was ein Pferd von Natur aus kann“, sagt Leon Schardt, der seine Ausbildung bei dem leider früh verstorbenen Stefan Luchmann gemacht und dessen Programm er übernommen hat. „Für das Pferd ist das Verladen nicht anders, als wenn es beim Reiten ein neues Manöver oder eine neue Lektion lernen soll. Man muss da genauso herangehen, wie wenn man z. B. den Galoppwechsel, eine Piaffe oder den Spin trainiert.“
Solide Vorbereitung mit Bodenarbeit
Starten Sie das Verladetraining erst einmal ohne Pferdeanhänger. Der wichtigste Punkt ist, dem Pferd bei der Bodenarbeit zu erklären, dass es dem Druck nach vorn zu weichen hat. „Das Pferd soll auf die weisende Hand hin vorwärts gehen, dann den Druck damit verbinden. Wenn es reagiert, muss der Druck aufhören“, erklärt Leon. Wichtig dabei: Die Vorwärtsbewegung! Das Pferd sollte bei dieser Arbeit nie rückwärtsgehen. Bei triebigen oder zähen Pferden kann man das Vorwärtstreiben anfangs mit einer Flag (Plastik oder Tuch am Ende der Gerste) oder auch mit dem Ende des längeren Führstrickes unterstützen. Das Pferd damit zu berühren oder gar zu schlagen ist immer zu vermeiden!
Bei den weiteren Übungen am Boden soll das Pferd lernen, durch einen Engpass zu gehen, über Stangen oder eine Plattform bzw. Brücke. Der Engpass entspricht der späteren Öffnung des Anhängers, die Brücke der Rampe. Zuerst geht man vor und lässt das Pferd folgen.
Später kann man das Pferd schicken, ohne dass man selbst vorausgeht bzw. überhaupt hindurchgeht. Das entspricht dann auch der Situation, das Pferd neben der Anhängerklappe stehend hinaufzuschicken.
Wieviel Druck (Zug) sollte angewandt werden? So viel wie nötig, aber nie mehr als nötig. Pferde sind sensibel: „Man sollte immer bedenken, dass ein Pferd eine Fliege spürt, wenn sie sich darauf setzt“, so Leon.
Was sollte man idealerweise an Ausrüstung dafür haben? Jedes gut passende Halfter ist O.K., aber wenn jemand meint, mit einem Knotenhalfter arbeiten zu wollen, muss er bedenken, dass man ein Pferd damit niemals im Hänger anbinden sollte.
[relatedposts type=’manu‘ ids=’7831,7827,1704′]
Die ersten Schritte zum Hänger
Nachdem das Pferd so gelernt hat, dem Menschen zu vertrauen und auf Anweisung auch durch Engpässe und über am Boden liegende Objekte zu gehen, kann man den Anhänger ins Spiel bringen. Dieser sollte auf einem Reitplatz, in einer Halle oder auch auf einer trockenen Wiese platziert werden, und zwar frei, d. h. mehr oder weniger in der Mitte.
Die Bauart des Pferdeanhängers spielt für das Verladetraining keine Rolle, ob lange oder kurze Klappe/Rampe oder Türen mit Stufeneintritt. Wichtig ist aber, wenn er eine Klappe/Rampe hat, dass diese stabil aufliegt und nicht wackelt.
„Man kann dem Pferd den Hänger gern erst einmal zeigen“, meint Leon Schardt. „Dabei muss aber unbedingt darauf geachtet werden, dass das Pferd mit seiner Konzentration beim Hänger ist und nicht woanders!“
Das Pferd soll nun nicht sofort auf den Anhänger gehen, sondern sich die Rampe oder Stufe in Ruhe ansehen dürfen. Dann fordert man es auf, die ersten Tritte auf die Rampe zu machen, übt dazu leichten Zug aus, und wenn das Pferd vorwärts nachgibt, lässt man sofort wieder locker. „Das Pferd wird testen wollen, ob die Rampe sein Gewicht auch aushält. Es wird schnuppern oder vielleicht auch scharren“, erklärt Leon. Das ist in Ordnung, aber immer sollte die Konzentration bei der Arbeit, beim Hänger und beim Reiter sein, wenn nicht, bitte unterbinden.
So ziemlich alle Pferde haben Angst, dass sie nicht mehr herunter können, wenn sie auf den Anhänger gegangen sind. Deshalb geht man bewusst nach ein paar Tritten wieder von der Rampe weg. „Dann wiederholt man das Ganze, und geht jedes Mal ein wenig weiter auf die Rampe und nachher weiter in den Hänger“, erklärt Leon Schardt. „So lernen sie nach und nach: Erstens, dass es ungefährlich ist, hineinzugehen, und zweitens, dass es kein Problem ist, wieder hinauszugehen“. Er betont, dass es wichtig ist, bei der ganzen Prozedur eine ruhige und entspannte Atmosphäre beizubehalten.
Wie oft sollte man drauf und wieder runter gehen? „Dem Pferd wird schnell langweilig, deshalb sollte man es nicht allzu lange wiederholen. Dann ist es besser, man stellt es weg und macht alles am nächsten Tag nochmal“. Leon lockt das Pferd auch nicht mit Futter oder Leckerlies auf den Anhänger, obwohl darauf ein volles Heunetz hängen darf. Der Anhänger soll einfach nichts Besonderes darstellen.
Geschafft: Das erste Mal im Anhänger
Steht das Pferd zum ersten Mal komplett im Anhänger, wird es natürlich überschwänglich gelobt. Auf dem Anhänger zu stehen, sollte etwas möglichst angenehmes für das Pferd sein.
„Vor allem nicht dann schon den Hänger zumachen und losfahren!“, warnt Leon.
Wenn das Pferd wieder rückwärts hinausgehen will, sollte man es nicht daran hindern. Das darf es! Beim Rückwärtsgehen sollte der Zug auf dem Führstrick beibehalten werden. Das Pferd draußen sofort auf eine Volte führen und erst dann, wenn es nachgibt, mit den Zug aufhören.
Die erste Fahrt
Nachdem man das Ganze drei oder viermal durchexerziert hat, sollte das Pferd den Anhänger als etwas Normales ansehen. Das Schließen der Boxenstangen sollte hier zum Programm gehören, damit das Pferd den Druck durch diese Stange an der Hinterhand kennengelernt hat.
Danach steht einer ersten kleinen Fahrrunde nichts mehr im Weg, bei der man möglichst weitestgehend geradeaus fährt.
„Natürlich ist es besonders wichtig, vorsichtig zu fahren“, warnt Leon. „Man sollte so fahren, als ob man ein volles Glas Wasser auf dem Armaturenbrett stehen hätte. Wenn man sich das vorstellt, wird man den richtigen Fahrstil wählen“. Danach ist das Pferd für eine längere Fahrt zum Turnier oder zu einer anderen Reithalle bestens vorbereitet.
Keine Rasseunterschiede beim Verladen
Leon hat keine grundsätzlichen Unterschiede bei den verschiedenen Rassen bemerkt, soweit es ums Verladetraining geht. Generell sagt er, dass man sich bei den Pferden so verhalten müsse, wie bei kleinen Kindern – immer so tun, als wäre alles richtig. Man darf keine Unsicherheit zeigen, auch nicht, wenn man einen Fehler gemacht hat. Letztlich sagt er: „Nur unsere Ausdauer zählt.