Das ABC des Pferdekaufs: Von Ankaufsuntersuchung bis Zuchtpferde

Green With Zippo 09A wie Ankaufsuntersuchung
Noch vor fünfzehn Jahren hatte der Käufer eines Pferds kaum rechtliche Möglichkeiten, wenn er ein mangelhaftes Pferd erworben hatte. Deshalb war er darauf angewiesen, durch eine Ankaufsuntersuchung sicherzustellen, dass das Pferd keine gravierenden Mängel aufwies. Der Verkäufer ist nach der heute gültigen Rechtlage nicht nur verpflichtet, ein mangelfreies Pferd zu liefern. Er haftet auch umfangreich bis hin zum Schadensersatz für jeden Mangel des Pferdes. Sind ihm negative Eigenschaften oder Krankheiten bekannt, so sollte er sie zur Vermeidung von Haftungsfolgen in den Kaufvertrag mit aufnehmen. Tut er das nicht, so haftet er für diese Mängel und die daraus folgenden weitergehenden Schäden. Sinnvoller ist es da schon, als Verkäufer eine „Verkaufsuntersuchung“ in Auftrag zu geben, um sich über den Zustand des Pferdes Gewissheit zu verschaffen und versteckte Mängel zu erkennen. Auf diese Weise kann man später zumindest nachweisen, welche gesundheitlichen Eigenschaften das Pferd zum Zeitpunkt des Kaufes hatte und welche Mängel auch für den Fachmann nicht erkennbar waren.

B wie Beweislastumkehr
Grundsätzlich muss der Käufer eines Pferdes den Nachweis zu erbringen, dass der Mangel des Pferdes bereits zum Gefahrenübergang (meist Übergabe des Pferdes) vorhanden war. Das gilt aber nur beim Verkauf von privat an privat. Um dem privaten Käufer gegenüber einem Händler mehr Rechte einzuräumen, wurde die Beweislastumkehr eingeführt. Heißt: Zeigt sich ein Mangel innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrenübergang, so muss stattdessen der Händler beweisen, dass das Pferd beim Verkauf mangelfrei war.

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C wie Chaos
Ein juristisches Chaos richtet an, wer immer wieder bei einem Händler ein Pferd zurückgibt und dafür – oft gegen Aufpreis – ein anderes nimmt. Da ein Tausch rechtlich wie ein Kauf gehandhabt wird, wird so jedes Mal ein Kaufvertrag aufgehoben und ein neuer abgeschlossen. Am Ende kann die Sache auch vor Gericht für den Käufer unbefriedigend ausgehen, wenn nicht jeder einzelne Vorgang exakt schriftlich fixiert worden ist. Auf dieses Chaos bauen viele Händler.

D wie Doping
Rund 15 Prozent aller Pferde sind zum Zeitpunkt des Kaufes gedopt. Diese Auskunft erhielt Eduard Graf von Westphalen von einem Kölner Labor, das Doping-Screenings durchführt. Wer Doping ausschließen möchte, kann ein ca. 200 Euro teures Screening durchführen lassen. Dieses Verfahren macht es möglich, innerhalb von einem Tag ein zutreffendes Ergebnis zu bekommen. Dazu muss lediglich ein Tierarzt Blut abzapfen und via DHL ins Labor schicken. Ist die A-Probe negativ, so wird die B-Probe nach acht Tagen zerstört. Wer nicht so viel Geld investieren möchte, sollte zumindest den Verkäufer eine Doping-Erklärung unterschreiben lassen, in der dieser an Eides statt versichert, dem Pferd keine oder nur die aufgeführten Substanzen verabreicht zu haben. Vorsorglich kann auch eine Blutabnahme mit Verwahrung, also ohne sofortige Untersuchung, veranlasst werden.

E wie Entgangener Gewinn
Muss ein Pferdehändler wegen eines mangelhaften Pferdes auch Schadenersatz zahlen, so haftet er darüber hinaus auch für den womöglichen „Entgangenen Gewinn“. Dieser könnte zum Beispiel darin liegen, dass der privater Käufer das entsprechende Pferd ausgebildet hat und für viel Geld an einen Turnierreiter weiterverkaufen wollte. Bevor er das Pferd aber dem Turnierreiter übergeben konnte, starb es an den Folgen des Mangels, der bereits beim Kauf mit dem Pferdehändler vorlag. In einem solchen Fall haftet der Pferdehändler nicht nur auf die Erstattung des Kaufpreises, sondern auch auf den entgangenen Gewinn in voller Höhe. Dies entfällt, wenn der Händler nachweisen kann, dass er das mangelhafte Pferd ohne eigenes Verschulden verkauft hat.

F wie Fohlen
Ein Fohlen gilt bis zum Beginn seiner Ausbildung als „neu hergestellte Sache“. Dabei kommt der gesetzlichen Wertung, Tiere nicht als Sachen anzusehen, keine qualitative Bedeutung zu. Ältere Pferde hingegen werden als „gebrauchte Sache“ gewertet. Für den Pferdekauf bedeutet das: Er kann im Vertrag die gewöhnliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren auf ein Jahr reduzieren, wenn das Pferd „gebraucht“ ist. Ab welchem Zeitpunkt ein Fohlen nicht mehr „neu“, sondern „gebraucht“ ist, ist allerdings umstritten. In einem Urteil von 2006 bezeichnete der Bundesgerichtshof ein sechs Monate altes Fohlen als „keine gebrauchte Sache“, also: „neu“.

G wie Gewährleistungsfrist
Wird im Kaufvertrag nichts anderes vereinbart, so haftet der Verkäufer zwei Jahre lang für Mängel am verkauften Pferd. Da ein ausgewachsenes Pferd jedoch als „gebrauchte Sache“ gilt, ist es möglich, bei einem gewerblichen Kauf die Gewährleistungsfrist zu verringern. Das muss jedoch im Vertrag vermerkt werden. Grundsätzlich beginnt die Gewährleistungsfrist jeweils mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem das Pferd beim Käufer abgeliefert worden ist. Die zwischen dem Ablieferungsdatum und dem Jahresende liegende Zeitspanne bleibt bei der Berechnung der Verjährungsfrist unberücksichtigt, so dass im Einzelfall die Gewährleistungsfrist des Pferdeverkäufers bis zu 35 Monate und einige Tage lang laufen kann.

H wie Handschlag
Auch das gilt weiterhin als vollständiger Vertrag. Allerdings haftet in diesem Fall der Verkäufer in vollem Maße zwei Jahre lang für ein mangelfreies Pferd, es sei denn, er hat mündlich unter Anwesenheit von Zeugen einen Haftungsausschluss vereinbart. Ein Händler, der auf diese Art Pferde verkauft, hat gegenüber dem Käufer also einen erheblichen Nachteil.

I wie International
Das hier beschriebene Recht gilt nicht nur deutschlandweit sondern auf Grund einer Richtlinie aus Brüssel nahezu identisch in ganz Europa. Daher ist es auch sehr unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber in naher Zukunft irgendwelche nationalen Sonderregelungen einführt.

J wie Justiz
Viele Streitfragen lassen sich nur per Anwalt vor Gericht klären. Auch entscheiden in ähnlichen Streitfällen nicht alle Gerichte immer gleich. Es ist daher ratsam, sich rechtzeitig vor dem Kauf eines teuren Sportpferdes eine Rechtsschutzversicherung zuzulegen. Geht es um weniger Geld kann es unter Umständen, Zeit, Geld und Nerven sparen, sich außergerichtlich untereinander zu einigen.

K wie Kommission
Lässt sich ein Pferdehändler nicht als Besitzer in die Papiere des Pferdes eintragen, so ergibt sich aus den Papieren der Eindruck, dass es sich bei dem Kauf um ein Geschäft zwischen Privatleuten handelt. Der Pferdehändler tritt dann lediglich als vertreter auf und der Kaufvertrag selbst kommt zwischen dem privaten Vorbesitzer und dem privaten Käufer zustande. In diesem Fall besteht kein Zweifel, dass die Haftung des privaten Verkäufers für Mängel des Pferdes vertraglich ausgeschlossen werden kann. Diese Konstruktion ist so lange unproblematisch, wie der Händler lediglich die übliche Provision von 10 Prozent für sich beansprucht. Rechtlich schwierig wird es allerdings, wenn der Pferdehändler zusätzlich „Ausbildungsvergütungen“ in unangemessener Höhe aufschlägt. Landet ein solcher Fall vor Gericht, so besteht die Möglichkeit, dass der Kauf als „Umgehungsgeschäft“ gewertet wird. In einem solchen Fall würde der Pferdehändler in vollem Umfang für den Pferdemangel haften.

L wie Leistung
Die Leistung, die ein Pferd unter dem Sattel verbringt, hängt sehr vom Reiter ab. Angebliche oder tatsächliche Rittigkeitsprobleme brachten deshalb schon so manche Vertragspartner vor Gericht. Am besten kann der Verkäufer die Rittigkeit seines Pferdes durch nachweisliche Erfolge beweisen. Handelt es sich um ein Freizeitpferd, so empfiehlt Eduard Graf von Westphalen die Durchführung eines „Fremdreitertests“ mit Protokoll. Der neutrale Fremdreiter dokumentiert seine Erfahrungen mit dem Pferd schriftlich. Dieser Bericht wird dann an den Kaufvertrag angehängt.

M wie Minderung des Kaufpreises
Stellt ein Pferdekäufer bei dem gekauften Pferd einen Mangel fest, so kann er vom Verkäufer eine Minderung des Kaufpreises verlangen. Dabei wird der Kaufpreis um einen bestimmten Betrag reduziert, der in einem angemessenen Verhältnis zu dem Mangel des Pferdes steht. Wie hoch dieser Betrag sein sollte, kann man durch Schätzung unabhängiger Gutachter ermitteln. Die Kosten des Sachverständigen kann sich der Käufer vom Verkäufer rückerstatten lassen, es sei denn, der Verkäufer kann beweisen, dass ihn keine Schuld an der Lieferung eines mangelhaften Pferdes trifft.

N wie Noten
Wird eine An- oder Verkaufsuntersuchung durchgeführt, so vergibt der Tierarzt auf die Röntgenbilder Noten von I bis IV, die so genannten „Röntgenklassen“. Der Münchener Fachtierarzt für Pferde, Dr. Michael Zeitelhack, sagt: „Es gibt kaum ein Pferd mit Klasse eins.“ In Reiterkreisen hat sich aber mittlerweile etabliert, dass Pferde mit der Wertnote drei praktisch unverkäuflich sind. Dr. Zeitelhack rät, ein eingehendes Aufklärungsgespräch mit dem Tierarzt vor Ort zu führen, denn in vielen Fällen sei auch eine Note zwei bis drei absolut unproblematisch – eben immer abhängig vom Einsatzzeck des Pferdes.

O wie Oberlandesgericht
Die Oberlandesgerichte verhandeln Urteile des Landgerichts. Amtsgerichte sind kaum noch mit Pferdesachen betraut. Häufig werden dabei generelle Fragen geklärt, wegen denen der ursprüngliche Prozess nach Meinung des Klägers verloren wurde, wie „Gilt eine 4-jährige rohe Stute als neu hergestellte Sache“?

P wie Privat
Jeder private Pferdeverkäufer läuft Gefahr, vor dem Gesetz als Unternehmer zu gelten. Ein Unternehmer ist eine Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Das bedeutet aber im Klartext: Wer selbstständig und planmäßig auf eine gewisse Dauer entgeltliche Leistungen erbringt, ist kein Privatmann mehr, sondern ein Unternehmer. Dabei geht es nicht um den erzielten Gewinn. Entscheidend ist, dass über eine längere Dauer Pferde verkauft werden. Betroffen ist also unter Umständen auch ein Hobbyzüchter, der über mehrere Jahre seine Nachzucht verkauft, selbst wenn er dabei Verlust macht.Dabei kann bereits der erste Verkauf zur Unternehmereigenschaft führen.

R wie Rechte
Hat das gekaufte Pferd einen Mangel, so hat der Käufer folgende Rechte: Nacherfüllung, Minderung, Rücktritt und Schadenersatz. Bei der Nacherfüllung muss der Verkäufer den Mangel beseitigen. Das funktioniert allerdings in den wenigsten Fällen (etwa bei fehlender Wurmkur oder Impfung). In allen anderen Fällen (etwa bei gesundheitlichen Problemen) darf der Käufer eine Minderung des Kaufpreises fordern. Der genaue Betrag sollte bei teuren Pferden von einem Sachverständigen festgelegt werden. Bei erheblichen Mängeln kann der Käufer vom Kauf zurücktreten. Ist ihm durch den Mangel des Pferdes ein Schaden entstanden, so haftet der Verkäufer zusätzlich mit Schadenersatz.

S wie Sportpferde
Vier A-Platzierungen sind toll. Aber wie viele Jahre hat das Pferd gebraucht um diese zu erreichen? Und wie oft wurde es in der Zwischenzeit ausgeklingelt? Bei der FN kann man Ergebnislisten der letzten fünf Jahre anfordern, die die Turnierkarriere des ausgewählten Pferdes dokumentieren. Eduard Graf von Westphalen kennt einen Fall, in dem ein 15-jähriges Pferd „reif für S-Dressur“ angeboten wurde. Das Tier konnte drei S-Lektionen, hatte eine A-Platzierung und war 211 mal auf Turnieren genannt worden.

T wie Tierarzt
Ein guter Tipp für alle Pferdekäufer: Prinzipiell unterliegen Tierarzt und Hufschmied des Verkäufers einer Schweigepflicht. Der Verkäufer kann jedoch beide davon entbinden. Lassen Sie sich daher vor jedem Pferdekauf von Privat vom Tierarzt die gesamte Krankheitsgeschichte des Pferdes erzählen. Das sagt oft mehr als tausend Untersuchungen.

U wie Übereignungstatbestand
Ein Pferd gilt dann als „übereignet“, wenn der neue Besitzer den vollen Kaufpreis bezahlt und dafür eine Quittung erhalten hat. Allein die Aushändigung der Papiere, des Equidenpasses oder der Besitzurkunde, reicht nicht aus, um als Eigentümer zu gelten. Auch nicht dann, wenn man sich in den entsprechenden Papieren als Besitzer hat eintragen lassen.

V wie Verbrauchsgüterkauf
Von einem Verbrauchsgüterkauf ist immer dann auszugehen, wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache kauft. Also dann, wenn ein Privatmann von einem Händler ein Pferd kauft.

W wie Wissentlich
Wenn der Käufer wissentlich ein mangelhaftes Pferd kauft, sind seine Rechte wegen dieses Mangels ausgeschlossen. Das gilt auch dann, wenn ein Vertreter des Käufers, beispielsweise ein befreundeter Reitlehrer Kenntnis von dem Sachmangel hatte.

Z wie Zugesicherte Eigenschaften
Der Begriff der zugesicherten Eigenschaften ist nicht mehr Bestandteil des Kaufrechts. Denn die Mangelhaftigkeit des Pferdes bedeutet ja bereits das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft. Das bedeutet: Der Käufer muss lediglich das Vorliegen eines Mangels zum Zeitpunkt der Ablieferung des Pferdes beweisen, gegebenenfalls unter Ausnutzung der Beweislastumkehr.

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