Sattelkauf: Den Sattel an den Reiter anpassen

Da soll noch jemand behaupten, „Englischsättel“ sähen alle gleich aus. Die Realität belehrt uns eines Besseren. Im normalen Sattelfachandel findet man an die 20 unterschiedliche Modelle vom Dressursattel, Vielseitigkeitssattel bis hin zum Springsattel. Es gibt Sättel mit langen Blättern, mit tiefem Sitz, mit Klettpauschen und Deko-Verzierungen. Das einzige, was hier gleich ist, ist die Farbe: schwarz.
Die Unterschiede fangen schon bei der Sitzgröße an. Gängige Modelle gibt es in den Größen 15 Zoll bis 18 Zoll. Nur wenige Firmen bieten auch Übergrößen an. Das passende Maß zu finden, ist nicht immer einfach. Besonders Frauen entscheiden sich aus psychologischen Gründen gerne für eine kleinere Größe. Das ist nicht nur Selbstbetrug, sondern stört enorm beim Reiten, da das Gesäß über den Sattelkranz rutscht. Im Extremfall kann das zu chronischen Steißbeinschmerzen führen. In jedem Fall aber macht es einen guten aufrechten Sitz unmöglich und belastet den Rücken des Pferdes. Der Reiter sitzt eingeklemmt und kann die Bewegungen unter ihm nicht ausgleichen. Sein Sitz wird dadurch unruhig, korrekte Kreuz- und Gewichtshilfen sind kaum mehr möglich.

Die passende Sitzgröße ermitteln Sie am besten zusammen mit einem Fachmann. Zwischen Ihrem Po und dem Sattelkranz müssen noch mindestens vier Finger Platz haben. Grundsätzlich gilt: Lieber eine Nummer größer als kleiner kaufen. In einem großen Sattel haben Sie zwar weniger Halt, können sich aber wenigstens bewegen.

Tiefsitzer und Flachsitzer

Sehr unterschiedlich sind die einzelnen Modelle auch im Schwung. Während ein stark geschwungener den Reiter punktgenau im Sattel platziert, lässt ein flacher Sattel seinem Besitzer mehr Spielraum. Tiefsitzer gibt es häufig in Kombination mit stärker ausgeprägten Pauschen, Flachsitzer eher in schwachpauschiger Gesellschaft. Profis reiten im Spring- und Dressursport meistens mit Flachsitzern. Darin hat man mehr Bewegungsfreiheit und kann besser mit dem Pferd mitschwingen. Schwächere Reiter haben diesen Anspruch noch nicht, sondern wollen sicher und fest im Sattel sitzen.

Häufig wird jedoch kritisiert, dass durch Pauschen und Tiefsitz ein künstlicher fester Sitz erzwungen werde. Was nicht heißen muss, solche Sättel keinen anderen Zweck erfüllen als den Reiter als Anfänger abzustempeln. Hat man ein Pferd, das zum Bocken neigt, kann ein Tiefsitzer hilfreich sein. Will man hingegen über 1,40 Meter springen, dann stört die Pausche unter Umständen. Ältere Reiter fühlen sich meist ebenfalls in Flachsitzern wohler. Neben Kniepauschen gibt es auch Oberschenkelpauschen, die dem Reiter besonders starken Halt geben. Wer mit eher runden, kräftigen Oberschenkeln ausgestattet ist, entscheidet sich aber besser für Kniepauschen, da Oberschenkelpauschen ihn einengen.

Besonders bei Kindersätteln machen Klett-Pauschen Sinn. Dadurch kann der Sattel so weit verändert werden, dass ein Springsattel durchaus zum leichten Dressurreiten taugt. Außerdem passt dasselbe Modell zu verschiedenen Kindern, sowohl was deren Figur als auch ihre reiterlichen Fähigkeiten und Vorlieben angeht.

Sattelblatt muss zum Reiterbein passen!

Stiefmütterlich werden beim Sattelkauf oft die Länge des Sattelblatts und der Sattelblatt-Vorschnitt bedacht. Beide müssten eigentlich genau zur Länge des Reiterbeins passen. Häufig sieht man jedoch Reiter mit kurzen Beinen, deren Hilfen nicht beim Pferd ankommen, weil sie mehr das lange Sattelblatt als das Tier vorwärts treiben. Oder Reiter mit langen Beinen, deren Knie bei zu kleinem Vorschnitt nach vorn gerät und gegen die Pausche stößt. Solche Menschen haben auch häufig das Problem, dass sich die Schaftabschlusskante ihres Stiefels mit der unteren Kante des Sattelblatts verfängt.

Standardmäßig schrumpft mit der Sitzgröße auch das Sattelblatt. Manche Firmen bieten aber neben einer Standartgröße auch denselben Sattel mit kürzerem oder längerem Sattelblatt an – meist in 2,5-Zentimeter-Schritten. Wer gerne mit kürzeren Bügeln reitet, benötigt eher ein Modell mit kürzerem Sattelblatt und weiterem Vorschnitt. Wer lange Bügel vorzieht, sollte entsprechend einen Sattel mit längerem Blatt und wenig Vorschnitt auswählen.

Der Satteltiefpunk sollte bei gegurtetem Sattel möglichst mittig zwischen Hinterzwiesel und Vorderzwiesel liegen. Der tiefste Punkt des Sattels wird von Laien häufig mit Hilfe eines Bleistifts ermittelt, den man in die Mitte der Sitzfläche rollen lässt. Wo dann der Stift zum liegen kommt, soll sich der Tiefpunkt befinden.

Tricks bei Sitzfehlern

In machen Fällen darf der Tiefpunkt auch weiter vorn oder weiter hinten liegen. Neigt ein Reiter zum Beispiel zum Stuhlsitz, so kann ihm ein Sattel helfen, dessen Tiefpunkt weiter vorne liegt. Neigt er zum Spaltsitz, so gleicht ein nach hinten verlagerter Tiefpunkt das Problem etwas aus. Sobald der Reiter seinen Sitz verbessert hat, besteht die Möglichkeit, den Sattel an der entsprechenden Stelle aufzupolstern, um wieder einen mittigen Tiefpunkt zu gewährleisten.

Problematisch wird die Suche nach einem passenden Sattel dann, wenn Reiter und Pferd ein sehr unkonventionelles Paar bilden wie zum Beispiel großer Reiter auf kleinem Pferd. Passt man in solchen Fällen den Sattel dem Reiter an, so führt das zu Problemen mit der Rittigkeit. Ein zu ausladender Sattel gerät auf einem kurzen Rücken über die 18. Rippe des Pferdes und behindert es dadurch in der Biegung. In solchen Fällen kann selbst ein maßangefertigter Sattel nicht helfen. Der Reiter muss sich dann wohl oder übel mit einem Kompromiss für sich selbst abfinden und den Sattel auf das Pferd ausrichten – oder ein anderes reiten.

INFO:

Der kleine Unterschied

Frauen sitzen anders im Sattel als Männer. Das liegt daran, dass ihr Becken breiter gebaut ist. Im weiblichen Becken liegen die Sitzbeinhöcker weiter auseinander. Korrekt sitzt ein Reiter dann, wenn er auf dem Dreieck Schambein – Sitzbeinhöcker Platz nimmt. Dieses Dreieck hat aufgrund der anatomischen Unterschiede bei Frauen einen anderen Winkel. So entsteht im Bereich des Vorderzwiesels schnell ein wunder Punkt, wenn das Schambein an den Sattel stößt. Deshalb gibt es mittlerweile auch Sättel, die speziell auf das „Frauenleiden“ zugeschnitten sind.

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