Der Pferderennsport besitzt oft ein elitäres Image. Man denke an die berühmten Rennen wie Ascot in Großbritannien oder Chantilly in Frankreich, die alljährlich gehobene Gesellschaft ebenso wie wettbegeisterte Normalbürger auf den Plan ruft, um elegante Vollblüter und ihre Reiter um die begehrten Trophäen galoppieren zu sehen. Gleichzeitig rufen Pferderennen jedoch stets auch Protestanten auf den Plan, die den Sport grober Tierquälerei bezichtigen, besonders, da es immer wieder zu schweren Unfällen kommt infolge derer ein Pferd eingeschläfert werden muss.
Besonders hoch im Verruf steht das britische „Grand National“ mit bekanntlich sehr schwierigen Parcours und Hindernissen, bei dem zwischen 2000 und 2013 allein über 40 Pferde zu Tode kamen, meist infolge schwerer Stürze. Das alljährliche Galopprennen im kalifornischen Santa Anita wurde 2019 auf unbestimmte Zeit eingestellt, nachdem in weniger als einem Jahr 27 Pferde verstarben. Allen voran hatte die Tierschutzorganisation PETA das Ende der 84 Jahre alten Rennstrecke gefordert, wo alljährlich der berühmte „Breeder’s Cup“ ausgetragen wird.
Gegen die Beschwerden der Tierschützer stehen natürlich die Aussagen der Veranstalter, die betonen, dass Sicherheit und Schutz der Pferde oberste Priorität besitzen. Im Fall des „Grand National“ kooperieren sie inzwischen mit der Gesellschaft zur „Verhütung von Grausamkeit an Tieren“, um die Sicherheitsrichtlinien zu verschärfen, unter anderem das verwendete Material und die Höhe der Hindernisse zu korrigieren, ebenso wie Zulassungsbeschränkungen zu verschärfen.
Der Tierschutz gewinnt überall auf der Welt zunehmend an Bedeutung und der Einfluss von Tierschützern kann kaum noch ignoriert werden, ganz gleich, wie lukrativ ein Sport oder eine Touristenattraktion auch sein mag. Sei es der Elefantentourismus in Thailand, den die Regierung aus wirtschaftlichen Gründen vehement verteidigt, oder der Schutz von Eseln in Ostafrika, die trotz sinkender Population für die Verwendung in traditioneller chinesischer Medizin brutal geschlachtet werden – der Respekt für das Leben von Tieren steht oftmals in direktem Kontrast zu finanziellen Interessen. Der deutsche Circus Krone geriet jüngst erneut in Verruf, als bekannt wurde, dass er Elefanten zurück in die Manege bringen wird.
Das „Grand National“ lockt jedes Jahr zahllose Briten zum Wetteinsatz auf der Rennbahn wie auch über Buchmacher und Online-Wetten. 2015 wurden rund 200 Millionen Euro eingesetzt. Der Kritik nachzugeben und das nationale Sportereignis einfach abzusagen hätte deshalb natürlich erhebliche Folgen auf die Wirtschaft, zudem das Rennen nicht nur Briten, sondern auch viele Pferdesportfans aus dem Ausland herbeilockt. Auch in den USA ist der Sport eine gigantische Einnahmequelle – der Effekt auf das Bruttosozialprodukt in Indiana, Austragungsort diverser Pferderennen, betrugt 2013 bereits knapp 500 Millionen Dollar.
Striktere Sicherheitsrichtlinien scheinen deshalb die einzige Lösung zu sein und beziehen sich nicht nur auf die Rennstrecken und Hindernisse. Auch die Gesundheit der Pferde sowie Regulierung von deren Medikamenten zur Leistungssteigerung muss in diesem Zusammenhang überdacht werden. Trainer verabreichen den Rennpferden oftmals Drogen, die die Tiere nicht nur leichter und damit schneller machen, sondern auch deren Schmerzreaktionen einschränken und gefährliche Nebenwirkung wie Lungenblutungen nach sich ziehen können. Die Regulierung und Überwachung von Pferde-Doping ist schwer, wird jedoch einen wesentlichen Aspekt bilden, um den Pferderennsport sicherer und humaner zu machen.