Sattelkauf: Überprüfung der Passform vor dem Reiten

Bei Englischsätteln und bei allen Sätteln die über Kissen als Auflageflächen verfügen, ist die Überprüfung der Passform recht einfach. Zunächst legt man den Sattel ohne Unterlage auf das Pferd. Er sollte in genau der Position zum Liegen kommen, in die er auch beim Reiten rutscht. Nun beachten Sie folgende Punkte: Die vorderen Enden der Auflageflächen dürfen nicht so weit nach vorne ragen, weil sonst die Bewegungsfreiheit der Schulter eingeschränkt wird. Bei einem normalen Englischsattel müssen mindestens drei Zentimeter Spielraum hinter der Schulter sein.

Die Schulter ist auch der Punkt auf dem Pferderücken, der die Lage des Sattels definiert. Hat ein Pferd eine schräge Schulter, liegt der Sattel eben weiter hinten auf dem Pferderücken. Wenn gleichzeitig ein Weidebauch den Gurt nach vorne schiebt, kann dieser nicht mehr senkrecht laufen.

Auf die Trachten achten!

Die hinteren Enden der Kissen, die sogenannten Trachten, dürfen nicht zu weit hinten auf dem Pferderücken liegen (nicht hinter dem 18. Brustwirbel!). Durch die Belastung der gelenkigen Verbindung zwischen Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule wird das Pferd sonst daran gehindert, den Rücken aufzuwölben. Der Reiter darf nie auf dem Hinterzwiesel (Cantle) oder zu dicht an dieses gepresst sitzen. Bei zu klein bemessenen Sitzen oder Stuhlsitz des Reiters ist diese Gefahr besonders groß.
Sättel, deren Trachten sehr weich gepolstert und flexibel sind, entschärfen die Problematik etwas. Es ist demzufolge von Bedeutung, dass bei der Beurteilung eines Sattels seine Konstruktion und die individuelle Lage auf dem Rücken des Pferdes berücksichtigt wird.

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Auch der seitliche Winkel der Kissen muss dem Pferderücken entsprechen. Vorne, im Bereich des Ortes, kann dies durch Fühlen mit den Fingerspitzen recht gut überprüft werden. Wenn man sich hinter das Pferd stellt, kann man den Winkel der Trachten gut sehen. Bei manchen Sattel-Pferd-Kombinationen kann man leicht mit einer Hand von vorne zwischen Sattel und Widerrist hineinlangen und mit dem abgespreizten Daumen und kleinen Finger der Hand von hinten nach vorne unter den Kissen durchfahren. So erhält man eine gute Aussagefähigkeit über die Auflage der Kissen in diesem Bereich.

Der Sattel darf Wirbelsäule und Widerrist auch unter Belastung nicht berühren. Dies überprüft man am besten, indem man den Sattel mit dem maximal vorkommenden Reitergewicht vorne stark wippend belastet. Ein zwischen Widerrist und Sattel eingelegter Finger darf auch dann nicht geklemmt werden. Achtung: weich gepolsterte Sättel können während des Reitens weiter nach unten rutschen. Da mit Wolle gepolsterte Sättel sich in der Einreitphase verändern (die Kissen werden flacher) muss diese Kontrolle ab und zu wiederholt werden. Bei den neueren Füllungen aus feinnetzigem Kunststoffmaterial tritt das Problem seltener auf.

Der Wirbelsäulenkanal muss frei sein

Pferde, deren Widerrist hoch und weit in den Rücken hineinragt, stellen sich für die manuelle Überprüfung etwas schwieriger dar. Hier muss vor allem auf einen ausreichend breiten Tunnel geachtet werden, der den breiten Dornfortsätzen Platz bietet. Dabei sollte der Abstand der Kissen zueinander mindestens vier bis sechs Zentimeter betragen, um den Wirbelsäulenkanal freizuhalten. Große Pferde mit einer breiteren Wirbelsäule brauchen entsprechend mehr Abstand der Kissen zueinander, als zierliche kleine Pferde.

Als Nächstes überprüfen Sie, ob die Form der Auflageflächen der Form des Pferderückens entspricht. Die Biegung der Kissen, vom Sattler auch Schwung genannt, muss stimmen. Ist der Sattel gerader als der Pferderücken, sprechen wir von einer Brückenlage. Hat der Sattel mehr Schwung als die Sattellage, liegt der Sattel nur in der Mitte auf.
Für diesen Punkt der Passformkontrolle ist es wichtig, dass das Pferd gerade auf allen vier Gliedmaßen steht und Kopf, Hals und Rücken so hält, wie unter dem Reiter normalerweise auch.

Bei einem Sattel mit Kissen als Auflageflächen wird der Schwung folgendermaßen überprüft: Man drückt den Sattel (der ohne Sattelunterlage auf der richtigen Stelle des Pferderückens liegt) mit einer Hand nach unten. Mit den Fingerspitzen der anderen Hand fährt man unter der Kante des Kissens von vorne nach hinten. Jetzt kann man recht gut spüren, ob der Druck zwischen Kissen und Pferderücken von vorne bis hinten gleich ist. Diesen Test sollte man auf beiden Seiten durchführen. Sättel mit unerwünschter Brückenlage liegen fest und sicher auf dem Pferderücken, da sie sich hinter der Schulter festklemmen. Sättel mit zu viel Schwung wippen auf dem Pferd.

Pferde mit wenig ausgeprägter Rückenmuskulatur zeigen häufig Rückenprobleme, wenn der Baum an seinem hinteren Ende auf die Wirbelsäule drückt. Diese Kontrolle kann mit dem Reitergewicht, nach hinten verlagert und wippend ausgeführt werden.

Der Schwerpunkt des Reiters im Sattel ergibt sich aus dem Winkel, in dem der Sattel zum Pferderücken liegt. Bei Englisch-Sportsätteln soll der tiefste Punkt in der Mitte des Sattels liegen. Wenn der Schwerpunkt des Reiters durch die Bauart des Sattels zu weit vorne liegt, hat er das Gefühl, ständig bergab zu reiten. Zudem erhöht sich der Druck unter dem vorderen Teil der Auflagefläche. Liegt der Schwerpunkt zu weit hinten, ist es umgekehrt.

Westernsättel sind komplizierter

Bei Westernsätteln oder Sätteln, deren Auflagefläche wie ein Westensattel konstruiert ist, ist die manuelle Überprüfung schwieriger. Grundsätzlich gilt das für die Passformkontrolle des Englischsattels gesagte auch für den Westernsattel. Einige Besonderheiten sind jedoch zu beachten.
Die Passform des Westernsattels wird durch den Baum definiert. Die darunter liegenden großflächigen Skirts helfen zwar sehr gut, das Gewicht auf einer größeren Fläche zu verteilen und dadurch den Druck zu vermindern. Sie erschweren es aber auch, die Passform des Sattels wie bei einem Sattel mit Kissen zu kontrollieren.
Zur Kontrolle der Passform legen wir den Sattel ohne Pad auf den Pferderücken. Der Westernsattel ist so konstruiert, dass die vorderen Spitzen der Auflageflächen bis auf die Schulter ragen. Dafür sollen sie so geformt sein, dass das Pferd sich mit der Schulter gut unter dem Sattel bewegen kann. An jedem Westernsattel befindet sich seitlich am Fuß der Fork eine kleine Metallschraube. Sie soll ca. zwei Finger breit hinter der Schulter liegen.

Genügend Bewegungsfreiheit ist in der Regel auch dann gewährleistet, wenn man bei nicht gegurtetem Sattel mit der Hand ohne Probleme zwischen Sattel und Schulter durchfahren kann. Der Sattel darf allerdings auch nicht so weit sein, dass er in der Bewegung nach vorne kippt und dadurch die Schulter belastet.
Wenn man bei einem mit Pad gesatteltem Pferd und aufsitzendem Reiter eine Hand zwischen Schulter und Pad führt, darf hier zwar ein gewisser Druck spürbar sein. Dieser sollte aber, auch in der Bewegung, keinesfalls Schmerzen auslösen.

Den Schwung des Westernsattels kontrolliert man am besten, indem man den Sattel mit der einen Hand am Cantle und der anderen Hand an der Fork anfasst und auf dem Pferderücken zu wippen versucht. Liegt der Sattel sicher und fest und lässt sich überhaupt nicht bewegen, kann man meist von einer Brückenlage ausgehen. Der Westernsattel muss sich ein wenig auf dem Pferderücken bewegen lassen. Wenn er deutliche Wippbewegungen ausführt, ist der Schwung jedoch zu groß.

Es ist normal, dass ein gegurteter Westernsattel, wenn er nicht durch das Reitergewicht belastet ist, hinten etwas hochsteht. Unter dem Reiter darf sich der Sattel hinten nicht in den Rücken bohren oder eng aufliegen. Auch muss zwischen dem hinteren Ende der Skirts und den Hüfthöckern des Pferdes immer eine Handbreit Platz bleiben, um die Bewegungsfreiheit in der Biegung nicht beeinträchtigen.

Fühlende Hände

Bei Pferden mit wenig Widerrist kann man auch bei Westernsätteln oft von vorne unter den Sattel greifen und mit der Spitze von Daumen und kleinem Finger von hinten nach vorne durchziehend die Auflage des Sattels überprüfen.

Die Winkel der Auflageflächen sollte man durch Fühlen mit der Hand und optische Kontrolle so gut wie möglich überprüfen. Optimal ist, wenn der Sattel das Pferd schön umschließt.

Den Winkel des Sattels auf dem Pferderücken überprüft man beim Westernsattel durch manuelles Verwinkeln des Sattels auf dem Pferd. Optisch liegt der Schwerpunkt des Reiters beim Westernsattel weiter hinten als beim Englischsattel. Mit dem Computermessgerät lässt sich jedoch nachweisen, dass der Reiter an derselben Stelle im Schwerpunkt des Sattels sitzt, wie beim Englischsattel. Die Frage des Schwerpunktes und die Länge des Sattels ist gerade bei kleinen kurzen Pferden oft ein Problem.

Bei Pferden mit einer runden Sattellage lässt ein dickes Pad den Sattel in aller Regel nur höher liegen. Bei Pferden mit spitz zulaufender Schulter kann ein dickes Pad die Passform des Sattels verändern. Man sollte deshalb die Passformkontrollen des Westernsattels mit Pad wiederholen.

Die Widerristfreiheit des Westernsattels wird analog zum Englischsattel überprüft. Hierbei sieht man, wie ein dickes Westernpad bei schmalen Pferden die Passform verändern kann. Entscheidend ist natürlich die Passform mit dem normalerweise gerittenen Pad. Da das Pad die Aufgabe der Stoßdämpfung und Druckminderung hat, darf es auch im Sommer nicht dünner sein.
Noch besser ist der Westernsattel mit einer zusätzlichen Navajodecke auf dem Pad unterlegt, weil dadurch die Reibung noch um ein weiteres minimiert wird.

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