Ausrüstung Reiten: Welcher Zügel für welchen Zweck?

Der Galopp über das Stoppelfeld war wunderbar. Laue Sommerluft blies Winfried Becker ins Gesicht, die Grillen zirpten und seine Stute griff weit aus. Das gute Gefühl endete genau in dem Moment, als es „ratsch“ machte. Von einer Sekunde auf die andere war der Zügel gerissen. Beckers Stute reagierte mit Kopfschlagen und einem verstörten Sprung zur Seite. Gerade noch rechtzeitig konnte ihr Reiter sie am Ende des Feldes mit der verbliebenen Zügelhälfte auf eine Volte lenken und stoppen.

Was passiert war: Das Gurtband des mehrere Jahre alten Zügels hatte sich im Laufe der Zeit gedehnt und war an mehreren Stellen ausgefranst. „Ich hatte das zwar gesehen, hätte aber trotzdem nie gedacht, dass es so bald reißt“, sagt Becker. Bei einem Zügel aus Gurtband gilt deshalb: Prüfen Sie regelmäßig die Qualität und tauschen ihn aus, sobald fransige Stellen erkennbar sind.

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Die unterschiedlichen Zügel-Varianten

Gurtband-Zügel sind, in Kombination mit Lederteilen, die am häufigsten benutzten Zügel. Die Lederteile sind an den besonders beanspruchten Stellen angebracht, wie etwa vorne am Gebiss, wo der Speichel des Pferdes den Gurt zu sehr strapazieren würde. Im Abstand von 10 bis 15 cm sind außerdem Lederstege aufgesetzt. Diese sollen, besonders bei Nässe, ein Durchrutschen des Zügels durch die Reiterhände verhindern. Der Vorteil des Gurt-Zügels liegt in dessen geringem Gewicht. Klassische Reiter, die mit steter Anlehnung und Kontakt zum Gebiss reiten, benötigen dafür einen leichten Zügel, der nicht „schlackert“. Auch bei jungen, ungestümen Pferden gibt er dem Reiter durch die Stege zusätzliche Sicherheit. Gurt-Leder-Kombinationen sind daher sozusagen Universalzügel. Die Pflege ist etwas aufwändiger, weil zwei unterschiedliche Materialien bearbeitet werden müssen: Das Gurtband sollte grundsätzlich nur mit einer Bürste abgeschrubbt werden. Die Lederteile hingegen benötigen von Zeit zu Zeit Sattelseife und Lederfett. Achtung: Benutzen Sie kein Öl! Es macht die Zügel rutschig und dehnbar.

Reine Lederzügel werden gern von sehr fortgeschrittenen Reitern zum feinen Dressurreiten benutzt. Das Naturmaterial Leder legt sich etwas geschmeidiger an den Hals des Pferdes an und behält auch während des Nachgebens eine gewisse Spannung. Dadurch kann das Dressurpferd dem Zügel besser folgen als einem Gurtzügel. Der Nachteil des reinen Lederzügels liegt darin, dass er bei Regen und schweißnassen Händen rutschig wird. Deshalb gibt es ihn auch in geflochtenen Varianten oder mit zusätzlich aufgenähten Griffstoppern. Vom Pflegeaufwand her ist Leder leicht zu handhaben – Sattelseife und Lederfett bringen die Zügel schnell zum Glänzen. Auch hier gilt: Niemals mit Lederöl arbeiten! Kontrollieren Sie unbedingt auch hochwertige Ausrüstungsgegenstände regelmäßig auf ihre Qualität. Oft dehnt sich das Naturmaterial mit der Zeit aus und gibt erst dann den Blick auf Schwachstellen frei.

Für schwierige Pferde: Gummizügel

Eine weitere Möglichkeit, Kontakt zum Pferdemaul aufzunehmen, sind Gummizügel. Diese gibt es in zwei Varianten: Der klassische Gummizügel ist zu dreiviertel mit einem Gummimantel überzogen. Das macht ihn zwar besonders griffig, aber auch etwas plumper in der Hand. Aus diesem Grund wurden so genannte gummierte Zügel entwickelt. Dabei handelt es sich um Gurtzügel, die mit Gummifäden durchwoben sind. Sie haben immer noch einen starken Anti-Rutsch-Effekt, liegen aber feiner in der Hand. Gummi- oder gummierte Zügel werden meist bei schwierigen Pferden eingesetzt, die noch Probleme mit der Anlehnung haben oder dem Reiter gern die Zügel aus der Hand ziehen. Außerdem dämpft die leicht elastische Ausführung eine unerfahrene Reiterhand. Gesäubert werden Gummizügel nur mit Wasser. Beachten Sie bei gummierten Varianten auf jeden Fall die Pflegeanleitung des Herstellers.

Andere Materialien im Westernreiten

Im Westernreiten werden andere Materialien eingesetzt. Denn im Gegensatz zur klassischen Reiterei wird hier nicht mit steter Verbindung zum Maul geritten. Ein loser Zügel muss grundsätzlich schwer sein, damit er nicht zu schwingen beginnt und seine Eigenbewegungen auf das Pferdemaul überträgt. Gerade bei der Umstellung des jungen Westernpferds auf das einhändige Reiten werden besonders schwere und breite Zügel aus Leder oder Nylon eingesetzt. Die am häufigsten benutzten Westernzügel sind offene Zügel, die Split Reins. Es gibt jedoch auch geschlossene Varianten wie das Romal und die Mecate. Viele Freizeitreiter benutzen mittlerweile Westernzügel, wenn sie lange Strecken am hingegebenen Zügel durchs Gelände laufen. Die Pflege entspricht der von klassischen Lederzügeln.

Die unterschiedlichen Verschlüsse

  • Schnallenverschluss: Einfacher, klassischer Universalverschluss. Der Dorn muss in geschlossenem Zustand nach oben zeigen.
  • Hakenverschluss: Vorwiegend bei hochwertigen Zügeln aus optischen Gründen eingesetzt. Haken weist in geschlossenem Zustand nach innen.
  • Karabinerhaken: Für schnelles Umschnallen des Gebisses. Wird gerne bei Island- und Westernpferden eingesetzt.
  • Warendorfer Schlaufe: Hat nur einen Ring am Ende. Der Zügel muss zur Befestigung geteilt und um das Gebiss geführt werden. Soll besonders ruhig im Gebiss stehen.
  • Quick Release: Verzichtet aus optischen Gründen auf Schnallen. Neuartiges System zum schnellen, unkomplizierten Verschnallen

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